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Eure Kraft und meine Herrlichkeit - Roman

Eure Kraft und meine Herrlichkeit - Roman

Titel: Eure Kraft und meine Herrlichkeit - Roman
Autoren: Constanze Petery
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lässt vermutlich bereits jetzt die erste Partynacht Revue passieren.
    Was denkt sie?
    Erst die drei Bier, die Tobias ihr hingestellt hat wie einem Kleinkind Limonade, ging ganz schnell, und dann hat doch echt dieses wunderschöne, ältere Mädchen sie zu sich geholt, zu sich und einer Horde älterer Jungs, wunderschöner älterer Jungs.

    Oh, so will sie auch mal werden, die Kleine, und sie durfte Tequila holen, ganz feucht sind ihre Hände noch immer, der Stress, die Anspannung vor der Theke und dann dieses Glück, nicht erkannt, enttarnt zu werden, ein erwachsenes Glück, ganz anders ist dieser Abend als alle zuvor, und um sie herum sind so viele Menschen, solche Menschen kennt sie nur aus den Monatsheftchen, die sie vor ihren Eltern versteckt, nicht weil die sauer wären, wenn sie entdecken würden, was ihr kleines Mädchen da liest, sondern um die Spannung zu erhöhen, um erwachsen zu sein, wenigstens nachts im Bett mit den Heften, und jetzt hier endlich öffentlich kein Kind mehr sein zu müssen – himmlisch. Huuups, jetzt hat sie ein wenig Salz neben die Kuhle zwischen Daumen und Zeigefinger gestreut, sie beugt sich vor, fast scheint es, als wolle sie das Salz vom Boden lecken, ihre Knie geben nach, das Bild vor ihren Augen ist längst nicht mehr das, das es sein sollte, ein Nebel dringt durch die Tränendrüsen und die Poren in den Kopf, und alles ist so komisch, seltsam, surreal, einfach cool. Der Rand des vollen Glases prallt gegen ihre Lippen, hart und nass und kalt, sie hat doch glatt vergessen, ihren Mund zu öffnen, hihi, uuuh, wie ist das ungewohnt bitter, runter damit, bis zum letzten Tropfen, und die Hand wird lockerer, beinahe wäre das Glas hindurchgerutscht, das hätte das ganze Image zerstört, aber nein, sie hat das mit Bravour gemeistert, wenn das die dummen Kinder in ihrer Klasse sehen könnten … Jetzt noch die Zitrone, nicht wirklich ihr Geschmack, aber die anderen tun es ja auch, und deshalb kann es ja nur geil sein, ja, genau das ist es, das alles: geil.
    Die Süße dreht sich zu mir um, die Augen groß und glasig, die Lippen feucht glänzend, im Mundwinkel hängen noch ein paar winzige Salzkörner, sie leckt sie mit der Zunge fort, langsam, andächtig, vorsichtig, um jeden übrig gebliebenen
Tropfen aufzusammeln und tief in ihrem Gedächtnis zu verwahren, den Geschmack einer Nacht, einer perfekten Nacht mit mir. Sie ist ein klein wenig enttäuscht, ich kann es ihr ansehen, weil sie es gewohnt ist, gelobt zu werden, von Mami, Papi oder dem Lehrer, und weil der Tequila direkt auf den Blutstrom trifft, zu schnell, sie will sich doch an alles erinnern, alles aufsaugen. Und auch weil sie nicht die zwei Kerle hat, die ihre Drinks links liegenlassen, nur um sich ausgiebigst mit mir zu beschäftigen. Da kann ich nichts machen, meinst du, ich tue das aus Bosheit, Kleines? Ich werfe ihr einen Luftkuss zu, die Nacht ist noch lang. Eine schöne, perfekte Nacht.
    Ich muss nur mit dem Finger schnippen, und jemand läuft die paar Meter aus unserer Ecke, meiner Ecke, zur Theke und kommt mit einer neuen Ladung Alkohol zurück. Irgendwann wird auch für mich die Nacht, die ganze Welt, ein großer, matschiger Strom, braunes Schmelzwasser aus den Bergen. Aus dem nur hin und wieder ein Stück Treibholz auftaucht, zu kurz, um sich daran festzuklammern.
    Ich meine mich zu erinnern, dass sich an irgendeinem Punkt, spät, zu spät in dieser Nacht, die ganze Gruppe auf der Tanzfläche um mich gedrängt hat, wahrscheinlich haben sie ihre Flaschen geschwenkt, mir ihre Unterleiber entgegengereckt und sich dabei unglaublich toll gefühlt, jeder für sich überzeugt, mich ganz für sich allein zu haben, zu besitzen. Dann wieder Schwärze, ein Brunnen, gefüllt mit Alkohol. Plötzlich saß ich neben dem Kind, meiner Süßen. Die hat sich, den Kopf zwischen den Schenkeln, mal so richtig ausgekotzt. Ich habe ihr das Haar aus dem Gesicht gehalten, feines Haar, von winzigen Schweißperlen durchzogen, das Haarband war ein wenig in die Stirn gerutscht.

    Plötzlich merke ich, wie ihre Schultern anfangen zu zittern, ansonsten ist sie ganz still, steif, der Kopf hängt immer noch zwischen den Knien, ich kann nicht sehen, ob sie weint, aber ich glaube, dass ich sie schluchzen hören kann, über den Lärm der Boxen hinweg. »Tobias, wo bist du? Tobias?«, keucht sie atemlos. Ihr Freund? Er muss sie hier im Club zurückgelassen haben, der Scheißkerl, unzuverlässig wie alle Männer. Dann, die Bewegung von den Lichtern des
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