Eulen
mit, Roy.«
»Sie sollte in dem Ordner sein«, sagte er, »aber sie ist es nicht. Das heißt, das Unternehmen hat nie eine machen lassen – oder sie haben sie absichtlich verschwinden lassen.«
»Aha!« Kelly Colfax sah auf einmal so aus, als hätte sie einen Sechser im Lotto gewonnen. »Danke, Roy«, sagte sie und packte den Ordner fest mit beiden Händen, während sie rückwärts die Stufen hinunterging. »Vielen, vielen Dank.«
»Mir müssen Sie nicht danken«, sagte Roy ganz leise. »Danken Sie meinem Dad.«
Dem die Eulen offensichtlich auch am Herzen lagen.
Epilog
Während der folgenden Wochen wuchs sich die Geschichte um Mama Paula zu einem ausgewachsenen Skandal aus. Die fehlende Umweltverträglichkeitsstudie schaffte es auf die Titelseite der Gazette und erwies sich als Todesstoß für das Pfannkuchenprojekt.
Es stellte sich heraus, dass eine gründliche Studie sehr wohl angefertigt worden war und die Biologen des Unternehmens darauf hingewiesen hatten, dass drei Kanincheneulenpaare auf dem Gelände lebten. Diese Tiere standen in Florida auf der Liste der bedrohten Tiere. Abgesehen von dem Imageverlust, hätte Mama Paula ernste rechtliche Probleme bekommen, wenn diese Dinge allgemein bekannt geworden wären. Folglich verschwand die Studie aus den Akten. Der Bericht wurde später in einer Golftasche des Abgeordneten Bruce Grandy gefunden, zusammen mit einem Umschlag, in dem sich etwa viereinhalbtausend Dollar Bargeld befanden. Gekränkt wies der Abgeordnete die Unterstellung zurück, bei dem Betrag könne es sich um Bestechungsgeld gehandelt haben. Anschließend heuerte er sofort den teuersten Verteidiger der Gegend an.
Kimberly Lou Dixon kündigte derweil ihren Werbevertrag mit Mama Paula; sie könne nicht für ein Unternehmen arbeiten, das Eulenküken von Bulldozern in ihren Höhlen begraben ließe, bloß um Pfannkuchen zu verkaufen. Auf dem Höhepunkt ihrer tränenreichen Ankündigung hielt sie einen Ausweis der Gesellschaft für Vogelschutz hoch, bei der sie die lebenslange Mitgliedschaft erworben hatte. Dieser Moment wurde von verschiedenen Fernsehkameras und dem Fotografen einer Zeitschrift eingefangen, in der dann auch ein Foto erschien, das Kimberly Lou Hand in Hand mit Beatrice während der Eulendemo zeigte.
So viel Aufmerksamkeit der Medien hatte Kimberly Lou Dixon nicht einmal als Kandidatin für die Wahlen zur Miss America oder als zukünftiger Star in dem Film Mutierende Invasoren von Jupiter Sieben genossen. Roys Mutter verfolgte die plötzliche Karriere der Schauspielerin auf den Klatschseiten der Zeitungen, wo auch zu lesen war, dass sie einen Vertrag für einen Film mit einem bekannten Schauspieler unterschrieben hatte.
Im Gegensatz dazu war der Medienrummel um die Eulen für Mama Paulas Pfannkuchenhaus ein einziger Alptraum. Das Wall Street Journal, die wichtigste Finanzzeitung der USA, widmete dem Unternehmen einen alles andere als schmeichelhaften Artikel auf der ersten Seite. Sofort sank der Wert der Aktien des Unternehmens wie ein Stein im Wasser.
Nachdem Chuck E. Muckle während der Ereignisse auf dem Grundstück ausgerastet war, wurde er auf den Posten eines untergeordneten Assistenten zurückversetzt. Er kam zwar nicht ins Gefängnis wegen seines tätlichen Angriffs auf die Reporterin, aber er musste ein Seminar besuchen zum Thema Wie gehe ich mit meiner Wut um? Die anschließende Prüfung bestand er nicht. Bald darauf kündigte er und nahm eine Stelle als Kreuzfahrtdirektor in Miami an.
Am Ende blieb Mama Paula keine andere Wahl, als den Plan eines Restaurants in Coconut Cove fallen zu lassen. Es gab zu viele Probleme: die nicht endenden Schlagzeilen über das Fehlen der Umweltverträglichkeitsstudie, die peinliche Kündigung von Kimberly Lou Dixon, der Fernsehbericht über Chuck E. Muckle, der auf Kelly Colfax losgegangen war, und schließlich – und vor allem – die verdammten Eulen.
Alle waren total aus dem Häuschen wegen dieser Eulen.
Die großen Fernsehsender schickten Kamerateams zur Trace Middle School, um Schüler zu interviewen, die an der Demonstration teilgenommen hatten, und mit Lehrern zu sprechen. Roy machte sich möglichst dünn, aber von Garrett hörte er später, Miss Hennepin habe in einem Interview die Schüler, die in der Mittagspause an der Protestaktion teilgenommen hatten, sehr gelobt. Sie selbst habe sie dazu ermuntert, behauptete sie. Es amüsierte Roy immer, wenn Erwachsene logen, um sich selbst wichtig zu machen.
Eines Abends platzte seine
Weitere Kostenlose Bücher