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Eugénie Grandet (German Edition)

Eugénie Grandet (German Edition)

Titel: Eugénie Grandet (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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die Leidenschaft, die Denken und Empfinden umschließt, wenn sie das bauende Element der Gesellschaft darstellt, doch auch zugleich ihr zerstörendes Element ist. Darin gleicht das soziale Leben dem menschlichen Leben. Man kann den Völkern nur dadurch ein langes Leben geben, daß man ihre Lebenstätigkeit dämpft. Die Aufklärung oder, besser, die Erziehung durch religiöse Körperschaften ist also für die Völker das große Daseinsprinzip, das einzige Mittel, in der ganzen Gesellschaft die Summe des Bösen zu verringern und die Summe des Guten zu mehren. Das Denken, der Ursprung des Guten und Bösen, kann nur durch die Religion vorbereitet, gebändigt, gelenkt werden. Die einzige, mögliche Religion ist das Christentum. (Siehe im »Louis Lambert« den von Paris aus geschriebenen Brief, in dem der junge mystische Philosoph bei Gelegenheit von Swedenborgs Lehre auseinandersetzt, wieso es seit der Entstehung der Welt stets nur eine Religion gegeben hat.) Das Christentum hat die modernen Völker erschaffen, es wird sie auch erhalten. Daher zweifellos die Notwendigkeit des monarchischen Prinzips. Der Katholizismus und das Königtum sind Zwillingsprinzipien. Was die Grenzen angeht, in denen diese beiden Prinzipien durch Gesetze einzuschließen sind, damit sie sich nicht bis ins Absolute entwickeln können, so wird ein jeder spüren, daß ein so gedrängtes Vorwort, wie dieses es sein muß, nicht zu einem politischen Traktat werden darf. Daher kann ich mich auch nicht auf die religiösen und politischen Streitfragen des Augenblicks einlassen. Ich schreibe beim Licht zweier ewiger Wahrheiten: der Religion und der Monarchie, zweier Notwendigkeiten, die die zeitgenössischen Ereignisse verkünden und zu denen jeder verständige Schriftsteller unser Land zurückzuführen versuchen muß. Ohne ein Gegner der Wahl zu sein (sie ist ein ausgezeichnetes Prinzip der Gesetzgebung), weise ich die Wahl als einziges soziales Hilfsmittel zurück, zumal wenn sie so schlecht organisiert ist wie heute, da sie imponierende Minoritäten, an deren Gedanken und Interessen eine monarchische Regierung denken würde, überhaupt nicht vertritt. Die Wahl gibt uns, wenn sie auf alles ausgedehnt wird, die Regierung durch die Massen, die einzige, die nie verantwortlich ist und deren Tyrannei keine Grenzen kennt, denn sie nennt sich ›das Gesetz‹. Deshalb erscheint mir auch die Familie, nicht das Einzelwesen, als wahres Element der Gesellschaft. In dieser Hinsicht trete ich auf die Gefahr hin, als rückschrittlerischer Geist zu gelten, auf die Seite Bossuets und Bonalds, statt mich den modernen Neuerern anzuschließen. Da die Wahl zum einzigen Werkzeug der Gesellschaft geworden ist, so dürfte man, wenn ich selbst meine Zuflucht zu ihr nähme, daraus nicht auf den geringsten Widerspruch zwischen meinen Worten und meinen Handlungen schließen. Ein Ingenieur warnt davor, daß die und die Brücke einzustürzen droht, daß es gefährlich ist, sie zu benutzen, und er geht doch selbst hinüber, wenn sie die einzige Straße ist, auf der man in die Stadt kommt. Napoleon hatte die Wahl dem Geist unseres Landes trefflich angepaßt. Daher waren denn auch die geringsten Abgeordneten seiner Gesetzgebenden Körperschaft noch die berühmtesten Redner der Kammern unter der Restauration. Keine Kammer war so viel wert wie die Gesetzgebende Körperschaft, wenn man sie Mann für Mann verglich. Das Wahlsystem des Kaiserreichs ist also unstreitig das bessere.
    Manche werden diese Erklärung hoffärtig und ruhmredig finden. Man wird mit dem Romandichter Zank suchen, weil er Geschichtsschreiber sein will; man wird ihn zur Rede stellen über seine Politik. Ich komme hier einer Verpflichtung nach, das ist meine ganze Antwort. Das Werk, das ich unternommen habe, wird so lang wie eine Weltgeschichte, und ich war seinen noch verborgenen Sinn, seine Prinzipien und seine Moral schuldig.
    Ich muß notwendigerweise jene Vorreden streichen, die geschrieben wurden, um wesentlich vergänglichen Kritiken zu entgegnen, und ich will aus ihnen nur eine Anmerkung erhalten.
    Die Schriftsteller, die ein Ziel haben, und wäre es die Rückkehr zu den Prinzipien, die sich eben deshalb schon in der Vergangenheit finden, weil sie ewig sind, müssen stets erst das Gelände säubern. Wer nun seinen Stein für das Gebiet des Denkens herbeiträgt, wer einen Mißbrauch kennzeichnet, wer das Schlimme mit einem Merkmal versieht, damit es ausgemerzt werde, der gilt stets als ›unmoralisch‹. Der
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