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Esther Friesner

Titel: Esther Friesner
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
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Thengor erkaltet ist, ist es ja auch nicht so, als würde ich irgendwie aus dem Nähkästchen plaudern. Haha!«
    »Haha«, wiederholte ich gehorsam. Ein Teil von mir wünschte sich dabei, ich hätte doch ein bißchen besser aufgepaßt, als Paps damals versucht hatte, mich in Gebrauch und Handhabung eines Breitschwerts auszubilden. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich etwas vor mir, daß ich wirklich am liebsten in kleine, klebrige Scheiben zerhackt hätte.
    »Magik«, hauchte Tolly. Er gaffte die goldene Wolke über dem Bett von Meister Thengor an, und in seinen Augen begann die Habgier aufzuleuchten. »Das ist das Zeug, das unseren Zaubern Wirkung verleiht, die Energie in unseren Beschwörungen, die Ladung unserer Amulette und Talismane, das, was eben alles möglich macht. Ohne sie sind wir Hexer ein bloßes Nichts. Dann könnten wir mit unseren Zauberstäben herumfuchteln, bis die Einhörner nach Hause kommen -
    aber ohne ein kleines bißchen Magik wären wir nicht einmal dazu in der Lage, Schlangen zu Schlangenfraß zu verarbeiten oder Katzen zu Katzbuckeln.«

    »Katzen sind mythische Kreaturen«, rezitierte ich aus einer meiner frühesten Lektionen im Fach >Elementares Bestiarium<. Ich war verzweifelt darum bemüht, Tolly zu beweisen, daß ich doch ein kleines bißchen Bescheid wußte.
    »>Sie haben neun Leben, sie tragen Stiefel, sie rauben schlafenden Säuglingen die Atemluft, sie fallen immer auf die Füße, ihr einziger natürlicher Feind ist ihre Neugier, und außerdem existieren sie nicht wirklich.«
    Tolly verpasste mir einen stechenden Schlag gegen den Arm. »Das weiß ich doch! Ich meinte ja nur … Ach, lassen wir das. Hat ja überhaupt keinen Zweck, dir irgend etwas erklären zu wollen.« Er schob die Hand in seine Kutte und zerrte ein zerknülltes Stück Papier hervor. »Siehst du das?«
    »Junge, Junge!« Ich war beeindruckt. »Woher hast du denn ein Diplom für Dichterische Freiheit, Tolly?«
    »Och, da kommt man ziemlich leicht dran, wenn man nur ein bißchen Ehrgeiz hat.« Er sah mächtig selbstzufrieden aus, als er das Papier wieder verstaute. »So, was glaubst du: Verstehst du jetzt, was Magik ist, Rattenklopper?«
    Ich senkte den Kopf. Ich verabscheute es, wie Tolly so von oben herab zu mir sprach, aber weshalb hätte er auch anders sein sollen als die anderen? Und was hätte ich auch schon dagegen tun können?
    Seit dem ersten Tag, da ich auf Meister Thengors Akademie für Hochzauberei gekommen war, hatte ich die Erfahrung gemacht, daß es sich nie auszahlte, irgend jemandem in den elfenbeinbedeckten Wänden hier zu widersprechen.
    Wenn ich es mit den unzauberischen Dienstboten versuchte, waren sie alle größer als ich und schnell mit der Faust … äh, der Hand.
    Versuchte ich es bei den anderen Studenten, von denen ich die meisten in einem fairen Kampf durchaus hätte kleinkriegen können, so besaßen sie alle mehr magisches Talent als ich und hegten auch keinerlei Skrupel, es dazu einzusetzen, mir das Leben schwerzumachen.
    Einmal, nachdem ein älterer Schüler mich in eine Maus verwandelt hatte, begab ich mich zu Meister Thengor, um mich zu beschweren.
    Doch der alte Hexer teilte mir mit, es sei schließlich meine eigene Schuld, daß ich noch nicht mal einen einfachen Schutzzauber zustande zu bringen gelernt hatte. Und dann setzte er Rosco auf mich an. So verbrachte ich den Rest der Woche in einem Mäuseloch, bis meine Mutter den Meister Thengor in einem Brief daran erinnerte, daß niemand bereit sei, für die Ausbildung eines Nagers Geld auszugeben, woraufhin er mich wieder in menschliche Gestalt zurückverwandelte.
    Aber das hier … Was hatte Tolly noch gesagt? Daß kein Magier irgend etwas unternehmen könne, wenn er nicht über Magik verfügte?
    »Das ist aber ungerecht!« rief ich.
    »Was ist ungerecht?«
    »Magik, meine ich! Ich meine, da besuche ich nun den Unterricht und lerne Trillionen von Kauderwelschzaubern auswendig, bis ich einen Knoten in der Zunge kriege, und übe mystische Gesten und arkane Handzeichen und nekromantisches Fingerzappeln, bis ich aussehe wie ein Idiot.
    Und dabei hätte ich mich doch die ganze Zeit auf den Kopf stellen können, ohne irgend etwas zu bewirken - und zwar nur, weil ich nichts von diesem Magikzeugs habe!«
    »Kendar«, erwiderte Tolly mit einem großen, öligen Grinsen im Gesicht. »Kendar, hat man dir jemals beigebracht, ein Schwert zu führen?«
    »Natürlich hat man das! Ich bin schließlich ein Gangle!«
    Ich richtete mich auf, voller
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