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Esther Friesner

Titel: Esther Friesner
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
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Stolz auf meine Klein-hochmittel-Adelsherkunft. »Ich war erst fünf, als mein Paps schon mit mir zu üben anfing.«
    »Dann sag mir doch auch eins: Hat dein Vater dir etwa gleich zu Anfang ein richtiges Schwert in die Hand gedrückt?«
    »Na ja … Nein. Natürlich nicht. Ich hab’ dir doch gesagt, daß ich gerade erst fün- …«
    »Wann hast du denn ein richtiges Schwert zum Üben bekommen?«
    Das Ganze bereitete ihm eine diebische Freude, diesem Kröterich.
    »Na ja, sobald Paps wußte, daß ich es beherrschte und nicht mir selbst oder irgendwelchen unschuldigen Zuschauern Schaden zufügen würde, indem … indem … indem …«
    Verdammt!
    Tolly gluckste. »Beherrschung, ganz genau. Das ist der Schlüssel!
    Deshalb können wir jetzt auch die ganze Magik von Meister Thengor sehen, nun, da er im Sterben liegt. Die größten Hexer lassen ihre Magik unsichtbar werden.

    Schließlich geht es ja auch niemanden etwas an, wieviel du davon hast, oder? Wäre ja wohl blöd, einen mächtigeren Hexer in Versuchung zu führen, sie dir wegzunehmen.
    Obwohl ich schon von Hexern gehört habe, die groß genug sind, um zu spüren, wenn irgendwo herrenlose Magik herumfliegt; die können die mit der Wünschelrute muten.«
    »Hast du denn deine Magik auch auf diese Weise bekommen, Tolly?«
    »Ich? Nö. Das war ein Geschenk von Meister Thengor. Er gibt jedem seiner Studenten ein bißchen Grundmagik für den Anfang, sobald er meint, daß wir dazu in der Lage sind, damit umzugehen. Und wenn wir mehr davon haben wollen, müssen wir selbst etwas dafür tun.«
    »Du meinst, ein Hexer kann Magik einfach weggeben?«
    Tolly nickte. »Wie ich höre, steckt noch mehr dahinter, aber ich habe meinen Kurs >Prinzipien der Magik< erst zur Hälfte fertig.«
    Plötzlich war mir sehr unbehaglich zumute. Deshalb hatte man uns also zusammengerufen! Der Meister Thengor war im Begriff, die Magik, die er im Laufe seines Lebens angehäuft hatte, vor seinem Tod unter uns zu verteilen. So würde ich endlich bekommen, was es brauchte, um Zauber zu bewirken, Beschwörungen durchzuführen, Flüche zu verhängen und all die anderen hexerischen Dinge, die ich nach Meinung meiner Mutter meistern sollte.
    Gewiß, meine Mutter wollte das - aber ich?
    Mein Vater, der Freiherr Lucius Parkland Gangle, erzählte ständig, daß es nur eins gebe, was noch hübscher sei als eine dicke Erbschaft: ein dicker Hirsch mit einem Pfeil im Herzen. Aber ich konnte an dem Geschenk, das Meister Thengor uns vor seinem Tod machen würde, nichts Hübsches finden. Je länger ich dieselbe geballte und sichtbare Ladung Magik musterte, die da über seinem Bett schwebte, um so mehr jagte sie mir Angst ein. All diese viele Macht … und sobald ich erst etwas davon abbekommen hatte - und mochte es noch so wenig sein -, gab es keine Entschuldigungen mehr.
    Oben auf der Plattform löste sich die goldene Wolke plötzlich auf, bis sie nur ein Gespenst ihrer selbst war. Meister Thengor riß sich zusammen und lehnte sich in einer etwas aufrechteren Haltung in seine Kissen. Die Magik verschwand. »Schon gut, schon gut, genügt.
    Könnt ihr einen denn nicht mal in Frieden sterben lassen?« Er schlug nach den Heilern, bis diese sich einige Schritte vom Bett zurückzogen.

    »Nun?« fragte er die Edelfrau Inivria. »Wirst du mir jetzt endlich meine Studenten vorführen, oder muß ich dir erst wieder purpurne Schuppen anhexen?«
    »Mit deiner Erlaubnis, Gebieter.« Inivria griff vorn in ihre Seide und zog eine kleine Silberpfeife an einer passenden Kette hervor. »Also gut, alle Kuttenträger dem Rang nach in Reihe angetreten«, brüllte sie.
    Und an ihren Mann gewandt: »Ich werde die Fenster öffnen lassen, damit deine Seele ungehindert in jede beliebige Richtung davonfliegen kann, einverstanden? Wenn du stirbst. Das wird nämlich schon bald sein, weißt du, Liebling.«
    »Purpurne Schuppen«, brummte Meister Thengor.
    »Gedünstete Lampreten mit purpurnen Schuppen.« Doch er versuchte nicht, sie daran zu hindern, als sie den Dienern befahl, sämtliche farbigen Glasscheiben der getönten Kuppel über seinem Bett zu öffnen.
    Tolly entfernte sich rasch von mir, suchte seinen Platz am Anfang der Reihe auf, während wir Studenten uns ausrichteten. Und während wir uns ineinander und gegeneinander verschoben, machte man uns bis hinauf zur siebten Ebene von Meister Thengors Bett den Weg frei.
    Zoltan Bösherr stand wie immer an der Spitze.
    Ihr könnt euch schon denken, wo ich stand. Velma Chefköchin
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