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Esther Friesner

Titel: Esther Friesner
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
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vom Rat seinen eigenen silbernen Stab erhalten hat!
    Hmph! Meister Zollie, da gackert doch jedes Huhn in Aspik!«
    Ich hörte, wie einer der Fleischhacker ein abfälliges Geräusch von sich gab und sagte: »Ach, Quatsch, Velma, du bist doch nur sauer, weil er dich heute vor den ganzen Studenten bis auf die Knochen blamiert hat! Erzähl doch mal lieber, wie du vor ihm auf die Knie gefallen bist, wie du schluchzend um Gnade gewimmert hast, wie du schneller wieder hier unten warst, als Kürbisbrei durch eine Gans läuft.«
    »Mit Zoltan Bösherr spazieren gegangen, wie?« ertönte eine zweite männliche Stimme - es klang wie der Obergärtner. Ihr folgte grobes Gelächter. »Wie weit mußtest du denn dabei gehen, Bini?«
    Ich warf einen verstohlenen Blick über die Schulter, gerade noch rechtzeitig, um mitanzusehen, wie der Bursche, der das Feuer stocherte, grinsend sagte: »Das einzige Mädchen, das ich kenne, das beim Spazierengehen mit den nackten Füßen in der Luft strampelt …«
    »Das gefällt Zollie bestimmt nicht, wenn du so über mich redest«, antwortete Bini ganz knapp und leise. Plötzlich verstummten alle.
    »Wie ich schon sagte, Zollie hat mir erzählt, daß es keine alberne Erbsenzählerei geben wird, wenn Meister Thengor seine Magik weiterreicht. Sicher, vielleicht kriegt der eine oder andere von den Hexern ein kleines Stückchen ab - sozusagen aus Höflichkeit -, aber alles in allem wird Meister Thengor die ganze Ladung einem einzigen Mann allein übergeben.«
    Niemand brauchte noch ein Wort zu sagen oder irgendwelche Namen zu nennen. Es war sowieso jedem klar.
    »Aber …« Velma Chefköchins zittrige Stimme durchbrach als erste das erschrockene Schweigen. »Aber … aber weshalb?«
    Der Fleischhacker lachte unbehaglich. »Dachte, du hättest die ganzen Geschichten schon gehört. Daß Zoltan der Sohn des alten Mannes sein soll.«
    »Sicher, aber doch nicht rechtlich. Unehelich geboren, das ist er, und der alte Meister Thengor hat sich kein einziges Mal öffentlich dazu erklärt, daß er der Vater von Bösherr ist«, warf der Feuerstocherer ein.
    »Das hat überhaupt nichts zu sagen.« Der Fleischhacker ließ mit jedem zweiten Wort das Beil aufprallen. »Man muß kein Falke sein, um zu sehen, daß die beiden sich gleichen wie ein Rippchen dem anderen.«
    »Wie zwei Erbsen in einer Schote«, stimmte Velma zu.
    »Zweige vom selben Ast«, warf der Feuerstocherer ein.
    Der Mundschenk nickte. »Zwei Becher vom selben Jahrgang.«
    »Zwei Ratten aus demselben Loch«, murmelte ich und hoffte nur, daß mich niemand verstand.

    »Meister Thengor kann Zoltan doch nicht den Löwenanteil seiner Magik überlassen«, warf Velma ein. »Er hat schließlich noch Kinder, die er nicht einmal gebraucht hat.
    Manche von denen sind sogar ehelich, von seiner angetrauten Gattin, der Edelfrau Inivria.«
    »Ja, und alle viel zu faul, um das Hexerhandwerk zu lernen, oder zu sehr an anderen Dingen interessiert. Oder zu jung, um sich etwas daraus zu machen.« Der Fleischhacker hackte ein großes, blutiges Stück aus dem vor ihm liegenden Fleischberg und warf es dem Diener zu, der die Bratspieße versorgte.
    In letzter Zeit wurde sehr viel gekocht, viel mehr als gewöhnlich.
    Außer den zu Besuch weilenden Zauberern und Ärzten, die herbeigerufen worden waren, um am Sterbebett des alten Mannes Wache zu halten, hatten sich noch jede Menge andere Gäste im Palast eingefunden: Höflinge im Auftrag unseres guten Königs Steffan, die dem Tod seines obersten Hexers die Ehre erweisen sollten; berühmte Wandersänger aus einem Dutzend Königreichen, die gekommen waren, um Die Ballade vom Zauberer Thengor zu verfassen, sobald es keinen Zauberer Thengor mehr gab, der sie in Würmer hätte verwandeln können, falls ihm das, was sie über ihn sangen, nicht gefallen sollte; Gläubiger, die viel zuviel Angst vor dem alten Mann gehabt hatten, um darauf zu pochen, daß er jeden Heller zurückzahlen müsse, den er ihnen schuldete, die aber sicherlich nicht zu furchtsam sein würden, um sich weidlich aus Thengors Schatzkammer zu bedienen, sobald er erst einmal tot war. (Ich hätte wetten mögen, daß ihnen eine böse Überraschung bevorstand, falls Zoltan tatsächlich Thengors gesamte Magik bekommen und sie dazu einsetzen sollte, auch Thengors Schatz beisammenzuhalten.) Jedenfalls verlangte das Gesetz der Gastfreundschaft, daß sie alle beköstigt wurden. Sobald die Seele des alten Mannes entfleucht war, würde es im Palast des Meisters Thengor ein
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