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Esther Friesner

Titel: Esther Friesner
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
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gewaltiges Fest geben. Offiziell sollte damit die Befreiung des Geistes gefeiert werden, doch wußten wir allesamt nur zu gut, wessen Befreiung da tatsächlich begangen werden würde.
    Als Chefköchin hätte Velma auch die Arbeit der anderen Diener in den sieben weiteren Küchen beaufsichtigen müssen. Statt dessen blieb sie nach Binis gelassener Ankündigung in Sachen >Meister Zolllie< wie angewurzelt stehen.

    »Aber er … er … Zoltan … Meister Zoltan … wenn der praktisch die gesamte Magik von Meister Thengor bekommt und sie auch noch mit der vereint, die er schon besitzt, dann wird er doch …«
    »Der größte, mächtigste Hexer auf Orbix werden«, beendete Bini den Satz. »Ja, sogar noch mächtiger, als es Meister Thengor jemals war.«
    »Und der gefährlichste«, brummte der Fleischhacker, hob erneut sein Beil - dann stieß er plötzlich einen Schrei aus und sprang auf den Hackblock.
    Eine fette schwarze Ratte huschte über den Boden, mit einem Stück Leber zwischen den Zähnen.
    Plötzlich war die ganze Küche ein einziger Aufruhr aus schreienden Frauen und umherrasenden Männern. Der Fleischhacker stand oben auf dem Block und schwenkte das Beil, während er alles mögliche hinausschrie, so etwa: »Da ist sie! Holt sie euch! Ich bleibe hier oben, damit … damit ich sie besser sehe und euch sagen kann, wo sie hinläuft!« Der Tretmühlenhund hörte auf, im Kreis zu laufen, und fing fürchterlich an zu bellen, während er an der Leine riß, die ihn festhielt.
    Als die Tretmühle zum Stehen kam, hörten die Bratspieße auf, sich zu drehen, und das Fleisch begann anzubrennen. Velma warf mit einem Kürbis. Bini schnappte sich einen Besen und jagte hinter der Ratte her, doch die huschte unter ihren Röcken hindurch und verschwand in einem Loch auf der Seite gegenüber dem Holzstapel.
    Ich rührte mich nicht; ich zog lediglich die Schultern hoch und schloß die Augen. Ich wußte, was jetzt folgen würde.
    KLATSCH!
    »Du Hohlbirne!« Velma fuchtelte mit der Schöpfkelle nach mir, bereit, mir den nächsten Hieb zu verpassen. »Was tust du da, tagträumen vielleicht? Dafür bist du nicht hier, Rattenklopper, und tu bloß nicht so, als wüßtest du das nicht!«
    »Aber diese Ratte ist doch gar nicht aus diesem Loch gekommen, Velma, ehrlich nicht!« protestierte ich.
    KLATSCH!
    »Und woher willst du das wissen? Ich habe dich doch beobachtet!
    Ich habe doch gesehen, wie du vor dich hingedöst hast, während du ehrliche, hart arbeitende Leute belauscht hast, anstatt dich um deinen eigenen Kram zu kümmern.«
    »Aber du weißt doch selbst, daß das nicht das einzige Rattenloch in den Küchen ist.« Mein Hinterkopf tat fürchterlich weh. Velma führte eine schwere Kelle. »Ist doch nicht meine Schuld, wenn die Ratten beschließen, nicht aus dem Loch zu kommen, das ich gerade beobachte.«
    KLATSCH!
    »Aua«, machte ich. »Paß doch mal ein bißchen mit dieser Kelle auf!«
    »Hör mir gut zu, Kendar Rattenklopper, und zwar ganz sorgfältig und genau.« Velma ragte vor mir auf wie eine Ziegelmauer. Eine echt häßliche Ziegelmauer. »Hier unten gewinnst du mit deinen Ausflüchten keine Mohre! Wenn ich einem Jungen eine Aufgabe gebe, dann tut er gut daran, sie so gut er kann zu erfüllen. Ich weiß ja, daß alle Welt erzählt, daß du sofort wieder den Staub der Straße schmecken wirst, sobald Meister Thengor erst einmal tot ist, nämlich auf dem Heimweg zu deiner stinkreichen Familie, aber bis dahin gehörst du mir. Keine zwei Mohnsamen gebe ich drauf, wer dein alter Herr ist. Solange du für mich arbeitest, hast du auch Ergebnisse vorzuweisen, sonst wirst du noch um die Kelle betteln!«
    »Aber …«, fing ich an. Velma hob erneut die Kelle. »Äh, was denn für Ergebnisse genau?« fragte ich kleinlaut.
    »Wenn ich bis zur Beerdigungsfeier von Meister Thengor keine tote Ratte auf meinem Arbeitstisch vorfinde, dann tätest du besser daran, dich selbst in dieses Loch da zu verkriechen.« Mit diesen Worten stakste Velma davon, um dem Fleischhacker dabei behilflich zu sein, von seinem Fleischhauerblock zu steigen.
    Ich wandte mich wieder dem Rattenloch zu und rieb mir den wunden Schädel mit der einen Hand, während ich mit der anderen zaghaft den Rattenklopperstock festhielt. Das nächste Paar Schnurrbarthaare, das es wagen sollte, aus dem Loch hervorzukommen, würde der unglücklichsten Ratte auf ganz Orbix gehören.
    Ich versuchte mich auf meine Arbeit zu konzentrieren, aber das war ziemlich schwierig. Es ist nämlich
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