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Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte

Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte

Titel: Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte
Autoren: Ljudmila Petruschewskaja
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Klosterbrüder zu rufen, habe sich von allen verabschiedet und befohlen, ihn gleich dort am Stein zu begraben.
    Der Frau selbst habe er nichts weiter gesagt, doch sie habe sich an sein Vermächtnis erinnert, dass sie einen Monat bei ihm bleiben solle. Sie hatte Angst, dass die beiden Räuber kommen könnten, und sie machte jede Nacht Feuer, genau einen Monat lang, und dann wurde es Sommer, es war sehr heiß, und sie hängte das Hemdchen des Kindes an die Tanne – und der Junge stellte sich auf seine Beine.
    Die ganze Stadt war wie von Sinnen – das Kind wurde von Hand zu Hand gereicht, sie ließen es nicht selbst gehen. Ganze Prozessionen zogen über den oberen Weg, sie führten Kranke mit, alle wollten sie den heiligen Trifon um etwas bitten, um einen Bräutigam, um Reichtum, um die Entlassung aus dem Gefängnis oder auch um die Gottesstrafe für einen frech gewordenen Nachbarn.
    Die Mönche aus dem Bergkloster errichteten eine Kapelle an Trifons Grab, die Leute kamen in Scharen herbei, der Bürgermeister der Stadt baute an Ort und Stelle ein Hotel für Gäste aus anderen Gegenden, der Verkauf von gesegnetem Wasser aus dem Fluss wurde aufgenommen, um die Tanne wurde ein Zaun errichtet, für den Eintritt Geld genommen, aber mit dem Kloster hatte das alles nichts zu tun. Die Mönche führten immer noch dasselbe Leben, sie aßen nichts und verteilten ihr ganzes Hab und Gut an die Armen.
    Sehr bald stellte sich heraus, dass der alte Mönch nicht allen half, nur den ehrlichen, reinen, unglücklichen, vornehmlich Witwen mit Kindern. Aber es kamen alle, die etwas brauchten, der Strom wollte nicht abreißen – und außerdem, wer ist heutzutage nicht ehrlich, rein und unglücklich? Und welche Frau ist nicht Witwe und hat ein paar Kinder zu versorgen?
    Die Zahl der Mönche ist übrigens gewachsen – erst waren es fünfzehn, inzwischen sind es siebzehn. Die beiden Neuen zeigen sich den Menschen nicht, sie beten Tag und Nacht in der Kapelle und wagen es nicht, den Weg nach unten zum Grab des Alten zu gehen, den sie ermordeten und der sie mit seinem Tod rettete.

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    Der schwarze Mantel
    Ein Mädchen stand plötzlich im Winter an einem unbekannten Ort am Ende des Weges; mehr noch, sie hatte einen fremden schwarzen Mantel an.
    Unter dem Mantel – sie schaute nach – trug sie einen Trainingsanzug.
    An den Füßen hatte sie Lederturnschuhe.
    Das Mädchen erinnerte sich nicht, wer sie war und wie sie hieß. Sie stand frierend auf einer unbekannten Chaussee, im Winter, gegen Abend.
    Ringsum war Wald, es dunkelte.
    Das Mädchen dachte, dass sie irgendwohin gehen müsse, denn der schwarze Mantel wärmte kein bisschen.
    Sie ging die Straße auf und ab.
    Im selben Augenblick tauchte ein Lastwagen hinter der Kurve auf. Das Mädchen hob die Hand, und der Lastwagen hielt. Der Fahrer öffnete die Tür. Im Fahrerhaus saß schon ein Passagier.
    Â»Wohin willst du?«
    Das Mädchen entgegnete das erstbeste, was ihr in den Sinn kam: »Und wohin wollen Sie?«
    Â»Zur Bahnstation«, antwortete grinsend der Fahrer.
    Â»Ich will auch zur Bahnstation.« (Sie erinnerte sich: Stimmt, wenn man sich im Wald verlaufen hat, muss man die nächste Station suchen.)
    Â»Steig ein«, sagte der Fahrer, immer noch grinsend. »Dann fahren wir eben zum Bahnhof.«
    Â»Ich passe nicht mehr rein«, sagte das Mädchen.
    Â»Keine Bange«, sagte der Fahrer. »Mein Kamerad ist nur Haut und Knochen.«
    Das Mädchen kletterte ins Fahrerhaus, und der Lastwagen fuhr los.
    Der zweite Mann rückte mürrisch zur Seite.
    Sein Gesicht war unter der heruntergezogenen Kapuze nicht zu sehen.
    Sie rasten über die dunkle, dunkle Straße durch Schnee, der Fahrer grinste schweigend, das Mädchen schwieg ebenfalls, sie wollte nichts fragen, damit die beiden nicht merkten, dass sie alles vergessen hatte.
    Schließlich erreichten sie einen beleuchteten Bahnsteig, das Mädchen kletterte hinaus, die Tür fiel hinter ihr zu, und der Lastwagen brauste los.
    Das Mädchen stieg die Treppe zum Bahnsteig hoch, setzte sich in den nächsten Vorortzug, der kam, und fuhr ab.
    Sie erinnerte sich, dass man eine Fahrkarte lösen musste, aber sie merkte, dass in den Manteltaschen kein Geld war, nur Streichhölzer, irgendein Zettel und ein Schlüssel.
    Sie genierte sich zu fragen, wohin der Zug fuhr, es war auch niemand da, den sie
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