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Es tut sich was im Paradies

Es tut sich was im Paradies

Titel: Es tut sich was im Paradies
Autoren: Mary Scott
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sie sich nirgendwo befand und gab es auf. Sie saß da, paffte eine Zigarette nach der anderen mit der Hingabe eines Menschen, dem Rauchen bisher als unerschwinglicher Luxus erschienen war, und beobachtete die Herden von winzigen Krabben, die über den Schlamm wimmelten. Wieder befielen sie Zweifel. Würde sie wirklich das kleine Paradies finden, das sie sich in ihrer Phantasie ausgemalt hatte? Vorläufig sah es nicht danach aus.
    Sie wußte ganz genau, was sie suchte. Nichts Idyllisches, nicht das >Eldorado<, über das James sich so mokiert hatte, nur ein anspruchsloses Landstädtchen am Meer, wo die Wogen sanft über den goldenen Sand rollten und in der Frühe und am Abend jener schwache, exotische Geruch in der Luft lag, der in ihrer Vorstellung etwas >Tropisches< hatte. Es brauchte auch nicht viele Einwohner zu haben, nur gerade so viel, daß sie ihr bescheidenes Auskommen fand, nicht Leute wie Margaret und Mark Marvell, nein, das erwartete sie gar nicht. Nette, freundliche Menschen, die hart arbeiteten und Entspannung nötig hatten, die sie gern in ihre Mitte aufnehmen würden, weil sie frischen Wind mitbrachten. Und dafür wollte sie schon sorgen, dachte Pippa mit kühnem Unternehmungsgeist, was, wie man leider befürchten muß, auf Mr. Brownings Einfluß zurückzuführen war.
    Als sie wieder einstieg und weiterzufahren begann, merkte sie, daß sie müde wurde. Der Tag war lang und anstrengend gewesen, und sie hatte viele Stunden am Steuer gesessen. Niemals hätte sie sich träumen lassen, daß sie mit Balduin eine so weite Reise unternehmen würde. Ihr ursprünglicher Plan, im Wagen zu übernachten, erschien ihr jetzt doch immer weniger verlockend, und sie beschloß, heute abend noch einmal großzügig zu sein und im ersten hübschen, kleinen Hotel zu bleiben, an dem sie vorüberkommen würde. Morgen war immer noch Zeit, zu sparen und im Auto zu kampieren.
    Um sechs Uhr erblickte sie ein großes Schild mit der Aufschrift >Hotel Wardville, 1 km<. Sie bog in den Seitenweg ein und gelangte an ein schäbiges, einstöckiges Gebäude, das auf seinen hochtrabenden Namen auch nicht den geringsten Anspruch erheben konnte. Von einem Dorf war fast überhaupt nichts zu entdecken, ein Kramladen, ein Postamt, eine Tankstelle, ein zerfallenes Gemeindehaus und dann dieser Gasthof, das war alles. Sie zögerte, stieg aber schließlich doch aus. Zumindest bedeutete es ein Bad, etwas zu essen und ein Bett für die Nacht, dachte sie.
    Doch bei näherer Betrachtung erwies sich das Ganze als alles andere als einladend. Die Eingangshalle lag dunkel und verlassen da, und durch eine offene Tür blickte sie in die qualmige, überfüllte Gaststube, in der ein schmierig aussehender Mann Biergläser über die schmutzige Theke schob. Nachdem sie einen Moment unschlüssig gewartet hatte, machte sie entschlossen wieder kehrt. Nein, dann wollte sie doch lieber im Wagen schlafen, da atmete sie wenigstens frische, saubere Luft. Sie erstand im Dorfladen eine Büchse geräucherte Zunge und ein paar Salzkekse und erfuhr dabei, daß sie den falschen Weg genommen und etwa dreißig Kilometer vorher von der Hauptstraße abgekommen sei. Aber die Richtung stimmte, versicherte ihr der Jüngling, der sie bediente, und bis zur Küste sei es nicht mehr weit.
    Sie war erst ein kurzes Stück wieder über den Wegweiser hinaus, als sich die Umgebung abermals zu verändern begann, und zwar sehr zu ihrem Vorteil. Die Sümpfe und zerklüfteten Berghänge blieben ebenso plötzlich zurück, wie sie vorhin aufgetaucht waren, und sie fuhr mitten durch fruchtbares Wiesen- und Ackerland. An den Hügeln blühten dichte Büschel von Kauris und Puriris, und aus einer grünen Schlucht unter ihr ertönte das heitere Abendlied eines Tui-Vogels. Sofort begann sie wieder froh und vergnügt zu werden. Ja, das sah wirklich vielversprechend aus.
    Nach etwa sieben Kilometern fiel die Straße plötzlich steil ab und kam unmittelbar an der Küste heraus. Das Meer! Pippa hielt an, blieb still sitzen und staunte.
    Eine zauberhafte Abendstimmung lag über der Weite, die sich vor ihr ausbreitete. Die Sonne sank am rosig-goldenen Himmel und betupfte die Schaumkronen der Wellen mit farbigem Glanz. Kein Haus war zu sehen, so weit das Auge reichte, und die Straße schien kilometerweit dem flachen Bogen des Strandes zu folgen. Darüber erhoben sich sanfte grüne Hügel, hier und da dunkler gefleckt von einheimischem Baumbestand, kein krüppeliges Unterholz, sondern richtiger Busch, wie sie ihn
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