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Es muss nicht immer Grappa sein

Titel: Es muss nicht immer Grappa sein
Autoren: Grafit
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Ein Hausbewohner, der den Deal vielleicht mitbekommen hat. Ein zufälliger Einbrecher. Oder der einzige Enkel.«
    »Ich?«, fragte er überrascht. »Ich hatte doch jahrelang keinen Kontakt mehr zu Oma.«
    »Das behaupten Sie. Aber ist es auch die Wahrheit?«
    »Das glaub ich jetzt nicht!« Adrian sprang auf. »Kommt die Polizei auch auf so wahnwitzige Ideen?«
    »Alles nur Theorien – sonst nichts«, beruhigte ich ihn. »Die Polizei versucht gerade, an die Briefe heranzukommen, die Ihre Oma an Galina geschrieben hat. Sie wird ihrer Freundin ja bestimmt etwas von ihrem Enkel Adrian erzählt und über die gegenseitige Beziehung geschrieben haben.«
    Adrian zuckte nicht mit der Wimper. »Da kann nichts drinstehen über mich.«
    Ich glaubte ihm. Aber einen Versuch war es wert gewesen. Ich verabschiedete mich. Er sagte nichts. Hinter mir knallte die Tür ins Schloss.
Leuchtende Fische und fliegende Laternen
    Anneliese Schmitz war in die Lektüre des Bierstädter Tageblattes vertieft, als ich zum Frühstück in ihrem Laden auftauchte.
    »Tach auch.«
    »Auch Tach. Wie isses?«
    »Muss.«
    »Frühstück wie imma?«
    Ich nickte. Gutes bleibt, dachte ich.
    Ins Bistro war eine Gruppe Männer in Arbeitsanzügen eingefallen. Die Bäckerin hatte sie mit Brötchenbergen und viel Kaffee ruhiggestellt. Massengekrümel und Gruppenschlürfen.
    Ich hockte mich an einen der beiden leeren Tische. »Wer sind denn die?«, fragte ich.
    »Polen. Sie arbeiten am Phönixsee.«
    Der Phönixsee. Ehrgeizprojekt der Stadt, dachte ich. Ein brachliegendes Stahlwerksgelände wird freigekratzt und geflutet. Mehr als Utopie. In einer Landschaft, die von Kohlestollen unterhöhlt ist, müssen nur die riesigen Grundwasserpumpen abgestellt werden. Dann kommt das Wasser von allein nach oben. Dann noch einen kleinen Bach hineinleiten – und fertig. Leider kein See zum Baden, denn die Schadstoffe, die die Schwerindustrie hinterlassen hat, verseuchen das Wasser. Die Fische, falls sie überleben, sind ungenießbar – aber sie leuchten im Wasser. Phosphor. Und die Wasservögel, die sich von ihnen ernähren, werden zu fliegenden Laternen. Bierstadts Beitrag zur Lösung des Energieproblems.
    »Irgendwann fahren wir zwei Hübschen dort mal Boot«, sagte ich. »Und unser Hauptkommissar außer Diensten darf uns rudern, damit er fit bleibt.«
    »Der Brinkhoff kommt jetzt regelmäßig her«, erzählte Frau Schmitz. »Dem fehlt was.«
    »Er tut immer so, als wär alles ganz easy.«
    »So sind die Männers doch. Nur nicht zugeben, dass man Gefühle hat. Noch Kaffee?«
    »Reicht, Frau Schmitz. Ich muss los. Grüßen Sie den alten Knaben, wenn er auftaucht.«
    »Abba imma.«

    »Kleist hat angerufen und wollte dich sprechen«, empfing mich Peter Jansen eine halbe Stunde später.
    »Was wollte er denn?«
    »Keine Ahnung. Ich hatte gerade Bewerbergespräche. Die neuen Volos müssen rekrutiert werden. Dem Nachwuchs eine Chance.«
    In meinem Zimmer angekommen, wählte ich Kleists Büronummer.
    »Frau Grappa, nett, dass Sie sich melden. Hätten Sie Lust auf eine Tasse Kaffee?«, fragte Kleist.
    Seine Freundlichkeit überraschte mich. Hatte er noch keine Zeitung gelesen?
    »Wo denn?«
    »In meinem Büro. In einer halben Stunde?«

    Kleist hatte Brinkhoffs alte Möbel rausgeworfen. Statt Holz und verschlissenem Leder dominierten Glas und Stahl. An der Wand keine Landschaftsbilder aus dem Polizeigewerkschaftskalender, sondern die signierte Lithografie eines Künstlers, der sich mit grellen Farben und wilden Strichen verausgabt hatte. Auch das zusammengesuchte Kaffeeservice aus Brinkhoffs Zeiten, bei dem kein Teil zum anderen passte, war wohl auf dem Müll gelandet. Auf dem Sideboard tummelte sich schwarz glänzendes Hartporzellan.
    »Kuschelig haben Sie es hier«, meinte ich, mich umsehend.
    »Dann kuscheln wir uns dorthin, bitte.« Er deutete, süffisant lächelnd, auf die Sitzgruppe. Eckige Sessel mit rotem Filzstoff bezogen. Es war das gleiche Rot wie in der Lithografie. In den Sitzgelegenheiten konnte man nicht versinken, dazu waren sie zu hart gepolstert.
    »Ich gehe mal ins Sekretariat, dort steht der Kaffeeautomat. Wie hätten Sie ihn gern?«
    »Milchkaffee. Mit Milch, ohne Zucker.«
    »Einen Moment, bitte.«
    Er verschwand. Zeit genug, seinen Schreibtisch zu prüfen. Kein Foto von einer Frau, keins von Kindern und auch keines vom Hund, dem besten Freund des Mannes. Die Akte Schöderlapp lag gut sichtbar da. Ich hielt mein linkes Handgelenk mit der Rechten. Hinter meinem
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