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Es muss nicht immer Grappa sein

Titel: Es muss nicht immer Grappa sein
Autoren: Grafit
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schreiben? Ich stelle mich mit vollem Namen zur Verfügung und lasse mich auch fotografieren.«
    »Ich soll Ihre Krankenkasse unter Druck setzen?«, hakte ich nach.
    »Ich weiß von meiner Exfrau, dass die Presse so was machen kann.«
    »Kann schon, aber nicht will.« Ich erhob mich. »Ich kann Ihre Situation verstehen. Aber für unsere Zeitung eignet sich das Thema nicht. Wir sind ein Familienblatt. Gehen Sie zur BLÖD-Zeitung oder zum Fernsehen. Ihr Schicksal ist zweifellos bildstark. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte.«
    Oben lauerte Sarah auf mich. »Und?«
    »Er wollte ins Blatt«, sagte ich. »Um seiner Krankenkasse Beine zu machen. Aber ohne mich. Sag mal, Sarah, wäre es möglich, dass dein Mann wirklich im falschen Körper gefangen ist? So etwas soll es ja geben.«
    »Er kann sich meinetwegen als Kaninchen oder Hamster fühlen. Ich will den Typen echt nicht mehr sehen.«
    »Immerhin hast du ihn mal gemocht«, wandte ich ein. »Kannst du nicht normal mit ihm umgehen?«
    »Normal? Ist es normal, wenn sich der Kerl, mit dem man früher mal heißen Sex hatte, als falsche Blondine zum Affen macht?«
    »Nun lass ihn doch. Ich find’s ja auch zum Grinsen, aber jedem Tierchen sein Pläsierchen. Er tut doch niemandem weh.«
    »Eben«, nickte Sarah. »Zigtausend Euro, nur damit sich mein Exmann als Frau fühlen kann!«
    Ich hatte die Nase voll von der Diskussion. Es gab Wichtigeres. Zum Beispiel Kontakt mit Adrian Schöderlapp aufzunehmen. Brinkhoffs Idee, dass der Enkel das Geld geklaut haben könnte, ließ mich nicht ruhen. Aber wenn es so war, warum hatte er sich kurz nach dem Tod seiner Großmutter bei mir gemeldet und so erst auf sich aufmerksam gemacht?
Gutbürgerliches Erbrechen
    Ich setzte mich ins Auto und nahm den Weg zu Adrians Adresse. ›Heike‹ führte mich anstandslos durch die Stadt. Ich sollte weder wenden noch rechts abbiegen, wo es keine Straße gab.
    Der Jungkoch hauste im Norden. Das vierstöckige Mietshaus befand sich in einer ruhigen Straße. In diesen Stadtteil hatten Stadtplanung, Land und die Europäische Union viel Geld gesteckt. Die Mittel waren gut angewandt worden – die ehemals grau-schmutzigen Häuser waren in Pastellfarben gestrichen, die Wohnungen fast alle saniert. Sie hatten das Klo nicht mehr auf der Treppe, sondern Badezimmer und sogar etwas Grün vor dem Haus und im Innenhof.
    Die Haustür war nur angelehnt. Kein Aufzug und Adrian wohnte direkt unter dem Dach. Als ich nach etlichen Minuten und einige Flüchen im vierten Stock angelangt war, japste ich und kämpfte mit einer immensen Hitzewelle. Ich kühlte mich runter und klingelte. Nach einer Weile erkannte ich eine Gestalt hinter den milchigen Scheiben der Wohnungstür.
    »Hallo«, gähnte Adrian. Er war nur mit Boxershorts bekleidet und kam wohl gerade aus dem Bett.
    »Kann ich mal reinkommen?«, fragte ich. »Ich war gerade in der Nähe.«
    »Yep. Ist aber nicht aufgeräumt. Bin erst spät nach Haus gekommen. Hatte gestern zwei Kegelklubs in der Mache. Gutbürgerlich bis zum Erbrechen.«
    In der Wohnung war es heiß und stickig. Ein leichter Geruch von Cannabis schwebte im Raum. Zweckmäßige Einrichtung. Auf dem Tisch prangte der protzige Großbildschirm von Oma Schöderlapp. Auch das Vertiko hatte er sich geholt.
    »Den Rest hab ich auf den Sperrmüll geschmissen«, erklärte Adrian, der meine Blicke bemerkt haben musste. »Was sollte ich mit den Sachen?«
    Er ging zum Fenster, riss es weit auf und zog sich ein Hemdchen über. »Tee oder was?«
    »Wasser wär okay«, antwortete ich. »Kann auch aus der Leitung sein.«
    Er kam mit einem Glas Mineralwasser zurück. »Gibt es was Neues in Omas Fall?«
    »Nur Theorien. Silius behauptet steif und fest, dass er an Ihre Oma hundertfünfzigtausend Euro Erpressergeld bezahlt hat. Er sagt, er kann es nachweisen.«
    Der letzte Satz war zwar übertrieben, aber ich wollte Adrian ködern.
    »Wenn er gezahlt hat und das Geld in der Wohnung war, dann muss sich die Polizei natürlich fragen, wer es genommen hat. Und wenn sie denjenigen hat, dann könnte er auch der Mörder sein. Ihre Oma hat sich das Geld, das für ihr neues Leben in der Ukraine gedacht war, bestimmt nicht ohne Gegenwehr abnehmen lassen. Schwups! – hatte sie eine Plastiktüte überm Kopf.«
    Er wurde nun richtig wach. »Glauben Sie wirklich?«
    »Man muss die Leute überprüfen, die von der Kohle wussten. Galina Gubaidulina zum Beispiel. Oder Leute, die wir nicht kennen. Silius’ Bekannte. Wer kommt noch infrage?
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