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Es ist niemals vorbei

Es ist niemals vorbei

Titel: Es ist niemals vorbei
Autoren: Kate Pepper
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Mac betrat sein altes Zimmer und hockte sich auf die Kante des Doppelbetts, das dort zur Zeit seiner ersten Ehe aufgestellt worden war. In der Ecke stand noch Bens Gitterbett. Hugh und Eileen waren hingebungsvolle Großeltern gewesen. Nichts war für sie schöner, als wenn sie die gesamte Familie um sich scharen konnten.
    Ich setzte mich zu Mac, nahm ihn in die Arme und spürte, wie seine Brust sich zittrig hob und senkte. Es gab nichts, absolut nichts, was ich hätte sagen können, um seinen Schmerz zu lindern. Stumm hielten wir uns umschlungen. Ich kannte die Wogen der Trauer nur zu genau, die über Mac zusammenschlugen.
    Schließlich beruhigte er sich. Er hob den Kopf und sah mich an. «Ich muss Rosie und Danny anrufen.»
    «Das kann ich doch machen.»
    «Nein, das muss ich tun.»
    Ich wusste, dass er kein Handy hatte, und reichte ihm meins. Zuerst rief er Rosie an. Sie war nicht nur die Älteste, sondern hatte auch einen stabileren Charakter als Danny.
    Ich hörte, wie sie aufschluchzte. Später besprachen sie ihre Anreise von Long Island nach Westchester. Sie würde mit ihrer Familie kommen, so viel bekam ich mit. Und dass Larry sich freinehmen würde. Die Kinder würden die ersten Schultage verpassen, aber das musste eben so sein. Zum Schluss vereinbarten sie, dass sich alle Familienmitglieder Zimmer in einem Hotel in der Stadt nehmen würden.
    Der Anruf bei Danny war nicht so schwierig, denn er meldete sich nicht.
    «Wahrscheinlich liegt er besinnungslos auf dem Sofa oder im Bett», sagte Mac und gab mir mein Handy zurück.
    Auf dem Weg aus dem Haus blieb Mac stehen und betrachtete die gerahmten Familienfotos unten im Flur. Eins musste in der Fotoabteilung von Sear’s aufgenommen worden sein, wahrscheinlich so um das Jahr 1979. Es zeigte Hugh und Aileen, die sich mit ihren Kindern für ein Familienfoto aufgestellt hatten. Hinter ihnen hing eine hellblaue Fototapete, auf der ein lauer Frühlingshimmel abgebildet war.
    Auf der Straße standen Grüppchen herum und sahen den Ermittlern bei der Arbeit zu. Pawtusky stand am Bürgersteig und unterhielt sich mit jemandem. Die Luft war weiter abgekühlt, aber die Grillen zirpten gnadenlos weiter. Dann und wann kam eine frische Brise auf. Ich wollte fort, wollte Mac endlich nach Hause und ins Bett schaffen, in der Hoffnung, dass wir am nächsten Morgen wach werden und feststellen würden, dass alles nur ein böser Traum war. Aber bevor wir den Wagen erreichen konnten, hielt Pawtusky uns an.
    «Wir bräuchten jemanden, der die Leichen identifiziert», sagte er zu Mac. «Außerdem würden wir gern mit Ihnen reden.»
    «Das ist mir klar.»
    «Dürfte ich Ihnen vielleicht jetzt schon eine Frage stellen?»
    Mac sah ihn abwartend an.
    «Hat Ihre Mutter Ringe getragen?»
    «Nur ihren Ehe- und Verlobungsring.»
    «Den üblichen Verlobungsring, mit einem teuren Brillanten?»
    «Hatte sie die denn nicht am Finger, als –» Mac schaffte es nicht, den Satz zu beenden. «Diese Ringe hat sie vierzig Jahre lang getragen. Nach zwanzig Jahren konnte sie sie gar nicht mehr abnehmen.»
    Pawtusky schwieg. Er musste nichts mehr sagen. Es gab nur einen Grund, diese Frage zu stellen. Die Antwort war in ihr bereits enthalten.
    «Wie haben die Täter die Ringe herunterbekommen?» Macs Kiefer spannte sich, und sein Gesicht lief rot an.
    «Tut mir leid», murmelte Pawtusky.
    «Haben Sie den Finger gefunden?»
    Pawtusky nickte. Sein Adamsapfel wanderte langsam auf und ab. «Und den Ehering. Der Brillantring hat gefehlt.»
     
    Vier Tage später begruben wir sie. In der Zwischenzeit war ich in Brooklyn gewesen, hatte ein paar Sachen gepackt und Ben und meine Mutter eingesammelt. Mac blieb in Bronxville und kümmerte sich um die Beerdigung. Wir wussten, dass die Spurensicherung so gut wie nichts ergeben hatte. Nur einen Fingerabdruck hatten sie entdeckt, der in keiner Datenbank enthalten war. Demnach handelte es sich entweder um sehr gewiefte Täter, oder sie hatten sehr viel Glück gehabt. Für mich hing dem Verbrechen etwas schrecklich Beliebiges an. Offenbar war ein Einbruch schiefgelaufen, und die Aktion hatte in einem hastig abgetrennten Finger geendet, damit die Täter wenigstens einen Brillantring versetzen konnten. Diese Vorstellung war grauenhaft und quälend. Als meine Familie umgebracht wurde, wussten wir zumindest, nach wem wir suchen mussten. Aber diesmal gab es keine Verdächtigen, nicht einmal jemanden, der auch nur ansatzweise in Frage kam. Hugh und Aileen waren vorbildliche
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