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Es ist nicht alles Gold...

Es ist nicht alles Gold...

Titel: Es ist nicht alles Gold...
Autoren: Marcia Muller
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Tür.
    Drei Steinstufen führten in den Laden
hinunter, der sich im Souterrain befand. Ich stolperte, aber Marcus schob mir
die Hand unter den Arm und hielt mich. Der vordere Verkaufsraum, im allgemeinen
schummrig wie eine Höhle, war von Scheinwerfern blendend erleuchtet.
    Ich starrte auf die Kreideskizze auf
dem Boden, nicht weit von der antiquierten Registrierkasse. Die Kreidestriche
Umrissen einen kleinen Körper. Joan Albritton war eine zierliche kleine Frau
gewesen. Sie war seitlich zu Boden gestürzt, einen Arm abgewinkelt. Der
Perserteppich hatte dunkle Hecken.
    Automatisch sah ich zu den vergitterten
kleinen Fenstern hinüber, die bei Tag schwaches Licht in den Ladenraum ließen.
    »Nein, es war kein Einbruch«, bemerkte
Marcus ungeduldig. »Weder hier noch im Hinterzimmer gibt es Spuren gewaltsamen
Eindringens. Sie muß den Täter selbst hereingelassen haben.«
    Seine Hand umfaßte noch immer meinen
Ellbogen. Ich trat von ihm weg.
    »Das Messer ist aus dieser Vitrine?«
Ich wies auf einen kleinen Glasschrank, wo Joan Albritton ihre wertvollsten
Objekte aufbewahrt hatte; Schmuck, altes Silber und alte Münzen.
    Er nickte. »Vermutlich, Sie sehen ja
den Kasten mit den Messern dort, die mit dem Beingriff — sie sehen eigentlich
mehr wie Dolche aus. Eines davon fehlt. Der Polizeiarzt sagte, Albrittons
Verletzungen könnten von einem dieser Messer herrühren.«
    Ich sah mir die Vitrine an, ohne sie zu
berühren, obwohl mir die Puderspuren sagten, daß die Spurensicherung hier schon
gewesen war. Vier zweischneidige Messer mit roh geschnitzten Beingriffen lagen
in einem mit Samt ausgeschlagenen Kasten. Der Platz für das fünfte Messer war
leer. Die Klingen waren lang und spitz. Ich schluckte krampfhaft.
    »Die Vitrine war immer abgeschlossen«,
bemerkte ich. »Den Schlüssel trug sie an einem Kettchen um ihren Hals.«
    »Heute abend nicht. Der Schlüssel
steckt.« Marcus zeigte auf die feine Goldkette, die von dem Schlüssel
herabhing. Sie war unversehrt.
    »Dann muß sie den Schrank selbst
aufgemacht haben. Wer hat sie gefunden?«
    »Ein Mann von gegenüber. Ein gewisser Cornish.
Er sagte, er hätte gewußt, daß sie länger bleiben mußte, weil sie Inventur
machte, und wollte ihr eine Tasse Kaffee anbieten. Die Tür war offen, und da
hat er sie gefunden.« Marcus wies auf die Kreidezeichnung.
    Seufzend drehte ich mich um. Der Raum
wirkte fremd im blendenden Licht, aber alles war wie sonst. Möbelstücke
überall, Sofas, Tische, Kommoden, Stühle und Sessel. Die Gänge dazwischen waren
gerade so breit, daß sich ein einzelner Mensch durchzwängen konnte. Auf Tischen
und Stühlen standen die kleineren Objekte: Vasen, Lampen, Bilder, alte Bücher.
    Ich wanderte durch die gewundenen
Gänge, spürte, wie Marcus’ Blick mir folgte, während ich scheu einige der
Gegenstände berührte, die Joan besonders ans Herz gewachsen waren: Clotilde,
eine französische Schneiderpuppe; Bruno, den ausgestopften Schäferhund; Edwin
Eisenschuh. Das waren Joan Albrittons Freunde gewesen, unverkäuflich, mit denen
sie manches Zwiegespräch geführt hatte, wenn ihr die Zeit im Laden lang
geworden war.
    Vor Edwin, der kleinen männlichen
Schaufensterpuppe, deren Füße in schweren Schuhen aus Eisen steckten, blieb ich
stehen. Edwin, hatte mir Joan einmal erklärt, sei ein ausgesprochener
Kunstliebhaber. Mit wachen Augen blickte er auf ein Ölgemälde an der Wand vor
ihm, das eine Madonna mit Kind zeigte.
    Als ich mich umdrehte, sah ich, daß
Marcus mich stirnrunzelnd beobachtete. In meinem Beruf passiert es mir oft, daß
ich die Leute verärgere, allerdings fiel mir beim besten Willen nichts ein,
womit ich mich beim Lieutenant womöglich unbeliebt gemacht hatte.
    Ich beschloß, seinen Blick einfach zu
ignorieren, und sagte nur: »Vielen Dank, daß Sie mir erlaubt haben, mich hier
umzusehen.«
    Er nickte. »Ich wäre Ihnen dankbar,
wenn Sie gleich morgen vormittag auf die Dienststelle kommen könnten, um uns
etwas über diese Straße zu erzählen. Es hat sich doch um Brandstiftungen
gehandelt, nicht wahr?«
    »Brandstiftungen und andere Arten von
Vandalismus. Zum Beispiel wurden mit Ziegelsteinen Fenster eingeworfen, oder
die ganze Straße war mit Abfällen übersät, oder es war alles von Stink- und
Rauchbombern vernebelt. Es hat mehrere größere Brände gegeben, deshalb stehen
die beiden Häuser rechts und links von hier leer. Man bat mich um Hilfe, weil
die Händler hier in der Straße glaubten, sie sollten hier
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