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Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal
Autoren: Imogen Parker
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interessiert
hätte, und daher würde es an ein Wunder grenzen...«
    »Es sei denn, du heiratest mich.«
    »O Boy, ich wußte gar nicht, daß du dir etwas
aus mir machst!« hatte sie lachend gesagt. »Sieh mal, ich weiß, wie gern du
diesen Film magst, aber...«
    »Nein, es ist mein Ernst. Und ich tu’s nicht aus
reiner Nächstenliebe...«
    »Das überrascht mich«, sagte sie sarkastisch.
Boy war schrecklich verwöhnt und selbstsüchtig, aber zumindest war er sich
darüber im klaren, und das söhnte sie mit vielem aus.
    »Verstehst du, ich glaube, mein Alter schöpft
allmählich Verdacht, was meine Neigungen angeht; und wenn ich den alten
Mistkerl auch noch so sehr hasse, möchte ich doch keinesfalls das Vermögen
verlieren, das mir schon allein dafür zusteht, daß ich mir ein Leben lang alles
mögliche von ihm gefallen lassen mußte.«
    »Und du hältst nach einem neuen Untermieter für
diese Wohnung Ausschau.« Sie bemühte sich, seinen Gedankengängen zu folgen.
    »He, das ist eine gute Idee!«
    »Wäre dein Vater denn nicht genauso entsetzt
über die Tatsache, daß du eine mittellose Engländerin heiratest?«
    »Du bist doch gar nicht mittellos.«
    »Boy, du versuchst doch nicht etwa, mich wegen
meiner Erbschaft zu heiraten?«
    »Natürlich nicht. Wir würden einen Ehevertrag
aufsetzen. Das könnte meinem Vater gefallen, und du wärest auch abgesichert.«
    »Normale Leute schließen keine vorehelichen
Eheverträge miteinander ab, oder etwa doch? Ich dachte, das sei etwas für
Filmstars und die Trumps. Boy, ist das etwa dein Ernst?«
    »Mir ist noch nie etwas so ernst gewesen. Willst
du, daß ich vor dir niederknie?«
    Sie hatte ja gesagt. Weil sie in New York
bleiben wollte. Die meisten Frauen hatten Eltern, denen die Vorstellung, daß
ihre dreiundzwanzigjährige Tochter sich auf eine Vernunftehe einließ, Sorgen
bereitet hätte. Das war einer der Vorteile, vielleicht sogar der einzige, den
es mit sich brachte, verwaist zu sein. Sie brauchte niemandem Erklärungen
abzugeben.
     
    Boy hatte ein weißes Leinenjackett über dem
gewohnten schwarzen T-Shirt und den Jeans getragen. Sie trug ein Baumwollkleid
aus den Fünfzigern, das sie ganz unten in der Fifth Avenue in einem Laden
gefunden hatte, der sich >Reminiscence< nannte. Es war mit blauen und
gelben Rosen bedruckt, hatte einen U-Boot-Ausschnitt und einen unglaublich
weiten, gerafften Rock. Von einem Mädchen, mit dem sie zusammenarbeitete,
borgte sie sich weiße Slingpumps mit einem niedrigen Absatz. Sie waren ihr eine
Spur zu groß, und sie verlor sie ständig, als sie zum Rathaus rannten, in dem
das Zeremoniell stattfand.
    An jenem Abend überreichte ihr Boy einen
Kosmetikkoffer, eine rechteckige Box mit abgeschrägten Seitenwänden, mit
taubenblauem Leder bezogen, mit eierschalenfarbener Seide gefüttert und mit
einem Tragegriff aus Perlmuttimitation. Er hätte aus einem Doris-Day-Film
stammen können. Es war das tollste Geschenk, das man ihr jemals gemacht hatte.
    »Eine Kleinigkeit, anstelle der Flitterwochen«,
sagte er und gab ihr einen Kuß auf die Wange, ehe er aus dem Haus ging, um sich
in das Nachtleben zu stürzen.
    Ganz gleich, wie seltsam ihr Arrangement der
Außenwelt auch erscheinen mochte, Gemma hatte sich bei Boy immer geborgen und
umsorgt gefühlt. Sie kam nie wirklich dahinter, warum er sie mochte und was es
mit ihr oder mit dem Matisse auf sich gehabt hatte, doch irgend etwas mußte ihn
schließlich dazu gebracht haben, sie an jenem ersten Tag anzusprechen.
Vielleicht hatte er ihr angesehen, wie sehr sie sich damals gefürchtet hatte
oder wie einsam sie gewesen war. Er hatte sie nie nach ihrer Vergangenheit
gefragt und auch nicht danach, warum sie nach New York gekommen war. Sie nahm
an, er wüßte, daß sie vor etwas davonlief, wie auch er es auf seine eigene Art
tat. In dieser Hinsicht waren sie verwandte Seelen.
    Sie fand es großartig, keine Erklärungen abgeben
zu müssen. Aus irgendwelchen Gründen hatte er beschlossen, sie zu mögen, und es
konnte nichts mit ihrem Vater, ihrer Mutter oder ihrer Schwester zu tun gehabt
haben, da er über sie alle nicht das geringste wußte. Das war ein wunderbar
befreiendes Gefühl. Sie hatte gehofft, sich in New York noch einmal von neuem
erfinden zu können, auf einem großen weißen Bogen Papier eine Skizze von sich
anfertigen und sie mit den jeweiligen Modefarben ausmalen zu können. Doch schon
nach wenigen Wochen hatte sie begriffen, daß sie vergessen hatte, ihre
Persönlichkeit zu verändern,
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