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Es darf auch mal Champagner sein

Es darf auch mal Champagner sein

Titel: Es darf auch mal Champagner sein
Autoren: Erma Bombeck
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hat man vergessen, was man ihnen erst sagen wollte, wenn sie alt genug dazu wären.
    Es ist kein Trost, wenn Leute wie Elizabeth Taylor zwitschern: »Ich werde weder das nahende Alter noch Falten oder Fettpölsterchen bekämpfen.« (Wenn ich solche Männer wie sie hätte, würde ich auch nichts bekämpfen!) Ich bin nur deshalb so bitter und zynisch, weil ich gerade eine Midlife-Crisis durchmache, die man als W.W.N.I.E.K. (= Waren-wir-nicht-in-einer-Klasse)-Syndrom bezeichnen sollte.
    Das W.W.N.I.E.K. beginnt am Vorabend des 40. Geburtstags und hält an, bis niemand mehr Lust hat, sich als ihr Zeitgenosse zu bekennen. Noch nie haben mich so viele rundliche Glatzköpfe angesprochen und aufgefordert, mich an die guten alten Zeiten zu erinnern! Neulich Abend blieb in einem Restaurant die Bewohnerin eines Altersheims an unserem Tisch stehen und fragte mich: »Kennen Sie mich noch? Wir waren doch zusammen im Kochkurs?«
    Erschrocken sah ich auf. Als diese Frau mit mir in den Kochkurs ging, konnte das Feuer noch nicht erfunden gewesen sein.
    »Wie war doch schnell der Name? Erna? Edna?«, fuhr sie hartnäckig fort. »Ach ja, und Sie haben geschrieben! Für die Schülerzeitung.«
    »Sie verwechseln mich mit Edna St. Vincent Millay«, sagte ich abweichend.
    »Nein, nein«, sagte sie. »Ihr Haar ist ein bisschen anders in der Farbe und Ihre Zähne sind ein bisschen anders in der Form, und Sie tragen eine Brille und haben ein bisschen zugenommen, aber ich würde Sie unter Tausenden erkennen.«
    »Woran hat sie es gemerkt?«, fragte ich meinen Mann. »Daran, dass du leuchtende Augen kriegst, wenn das Orchester ›Isn't it romantic‹ spielt.«
    Bei solchen Gelegenheiten schwört man sich, nie wieder zu einem Klassentreffen zu gehen. Neulich war ich auf meinem unwiderruflich letzten.
    Es ist einfach unfair gegenüber all diesen alternden, erschlafften, ergrauenden, altmodisch gekleideten Leutchen, die versuchen, sich zu amüsieren, dass ich noch so fantastisch aussehe.
    Da trat ich doch tatsächlich auf eine Klassenkameradin zu und fragte sie: »Was um Gottes willen hast du alles durchgemacht?«
    Und wie war es mit der armen Klara Wiehießsiedochnoch? Mit ihrem Gedächtnis ist es nicht mehr weit her, sie nannte mich den ganzen Abend über immer nur Ernie. Geschieht ihr recht, was braucht sie den ollen Charley zu heiraten. Oder war es Harley, na ja, diesen Dingsda eben. Und die arme Iris Pick, über die hätte ich weinen können. Drei Kinder kurz hintereinander. Die treiben sie natürlich auf die Palme. Zum Glück liegen zwischen meinen größere Abstände.
    Aber der fürchterlichste Schock war doch unsere ehemalige Klassensprecherin Enis. Die ist ja total weg vom Fenster. Wenn der Präsident der USA anwesend gewesen wäre, sie wäre auf ihn zugegangen und hätte gefragt: »Was machen Sie denn so zurzeit?« Ich habe ihr versprochen, ihr mein Exemplar von Peyton Place zu leihen, wenn ich es aus habe.
    Und wenn mir einer gesagt hätte, dass meine beste Freundin, Wanda Weight, fast weißhaarig sei, ich hätte es ihm nicht geglaubt. Mir fiel fast die Zweitfrisur herunter, als ich sie sah. Und man fand allgemein, dass mein einstiger Verehrer Leroy Katch geradezu vorsintflutlich aussähe. Ich konnte meine Brille in dem Chaos meiner Handtasche nicht finden, um es selber zu beurteilen, aber ich kann mir nicht denken, dass die anderen mich anschwindeln würden.
    Wie ich auf dem Heinweg zu meinem Mann sagte: »Es ist unglaublich, wenn man sich vorstellt, dass einige meiner Klassenkameradinnen schon Großeltern sind.«
    »Ich weiß«, sagte er gelassen.
    »Weißt du, was das bedeutet?«, fragte ich. »Ein paar von ihnen müssen ihre Kinder schon gekriegt haben, als sie selbst kaum mehr als Babys waren, mit...«
    »Fünfundzwanzig«, half er mir.
    »Aber mit den Lehrern ist es irgendwie komisch«, fuhr ich nachdenklich fort. »Als ich Fräulein Krawith in Pädagogik hatte, sah sie aus wie siebzig. Und heute Abend hat sie ausgesehen wie fünfzig. Warum bist du denn so schweigsam? Ist was?«
    »Mevin Moose - er hatte den ganzen Mund voll falscher Zähne. Mir ist vor Schreck fast meine Brücke rausgefallen.«
    »Ja, nicht wahr, es ist zum Weinen«, sagte ich traurig. »Die armen Teufel kämpfen gegen das Alter. Wir hätten nicht hingehen sollen. Aber ich wollte alle noch einmal Wiedersehen, ehe sie zu alt sind, um mich zu erkennen.«
    Jeder nähert sich auf seine Art den Meilensteinen seiner Biografie.
    Mein Mann schloss sich an seinem 40.
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