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Es bleibt natürlich unter uns

Es bleibt natürlich unter uns

Titel: Es bleibt natürlich unter uns
Autoren: Horst Biernath
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vier Wochen meinem zukünftigen Brötchengeber vorstellte... Aber Ihr Geschäft, das ist mir sofort aufgefallen..
    „Wenn Onkel Alois nur nicht so stinken würde!“ sagte sie.
    „Herr Lobmüller ist Ihr Onkel?“
    „In Aldenberg sind fast alle Männer über Sechzig meine Onkel — auf irgendeine Art...“
    „Hm, daß er stinkt, ist mir nicht aufgefallen..
    „Nun, dann lassen Sie sich mal von ihm küssen!“
    „Ich hoffe, daß ich nie in solch intime Beziehungen zu ihm treten werde“, grinste er, und Johanna Klapfenberg brach in ein helles Gelächter aus.
    „Wir sind übrigens mit unseren Inseraten so ziemlich die besten Kunden Ihres ,Anzeigers’, — und eigentlich war es mein Vater, der Herrn Böhlkes Treiben in Aldenberg ein Ende machte.“
    „Und wie geschah das?“
    „Oh, sehr einfach, — indem er Onkel Alois Lobmüller die Pistole auf die Brust setzte und ihm mit dem Entzug seiner Inserate drohte, falls er den Kerl nicht hinausfeuerte.“
    „Und ich dachte, Herr Böhlke hätte sich vorzugsweise an die Bäcker, Metzger und Wirte gehalten... Womit, um Himmels willen, wollte er denn Ihren Herrn Vater unter Druck setzen?“
    Sie zögerte ein wenig...
    „Aber eines Tages erfahren Sie die Geschichte ja doch“, sagte sie schließlich mit einem kleinen Achselzucken, „und vielleicht ist es besser, Sie hören sie von mir als von jemand anders, der womöglich seinen Senf dazutut. — Ich sagte Ihnen doch schon, daß mein Vater sehr fromm ist...“
    Lothar Lockner nickte ein wenig sparsam, als sei Frömmigkeit eine Tugend, der er mit Vorbehalten begegnete.
    „Er ist wirklich fromm!“ rief sie fast heftig, „es ist keine Heuchelei dahinter! Das kann ich wohl behaupten, denn schließlich werde ich meinen Vater wohl am besten kennen…“
    „Gewiß, gewiß...“, murmelte er beschwichtigend, „ich bin nur froh, daß er auf Sie nicht allzu stark abgefärbt zu haben scheint...“
    Sie maß ihn mit einem schiefen Blick. Und dann lachten sie beide. —
    „Jedenfalls gehört es zu Papas Wesen, daß er ab und zu ein Gelübde ablegt. Als mein Bruder Ernst an Kinderlähmung erkrankte — schon als Erwachsener — da wallfahrte Papa nach Lourdes...“
    „Und hat es geholfen?“ fragte er gespannt.
    „Es hat geholfen!“ rief sie, aber gleichzeitig hob sie die Schultern ein wenig verzagt, als wolle sie andeuten, daß über die vollständige Heilung ihres Bruders zwar kein Zweifel bestünde, daß sie aber die Entscheidung darüber, ob Lourdes oder die Kunst der Ärzte die Heilung vollbracht hätten, nicht so sicher fällen könne wie ihr Vater, der von den Ärzten wenig oder überhaupt nichts hielt.
    „Wie oft er meinetwegen nach Altötting gewallfahrt ist, weiß ich nicht“, fügte sie nach einer kleinen Weile etwas düster hinzu. Lockner wagte keine Fragen nach den Gründen dieser Wallfahrten zu stellen und ließ ihr Zeit, zu der Geschichte, die sie ihm eigentlich erzählen wollte, zurückzukommen.
    „Nun — im Kriege hat auch Aldenberg einiges abbekommen. Besonders in den letzten Tagen, als sich um Aldenberg herum noch Artillerieduelle abspielten, als die Brücken über die Ache gesprengt werden sollten, und als amerikanische Flieger den letzten Widerstand brachen. Am Markt und am Bahnhof brannten ein paar Häuser ab. Und Papa...“Sie zögerte, als würde es ihr nun doch peinlich, diese Geschichte einem wildfremden Menschen zu erzählen.
    „Also kurz und gut“, sagte er ermunternd, „Ihr Herr Vater legte mal wieder ein Gelöbnis ab, nicht wahr?“
    „Ja — er gelobte, die ziemlich baufällige Lourdes-Kapelle, deren Schindeldach völlig kaputt war und deren Außenputz in großen Stücken abfiel, renovieren zu lassen, wenn wir und unser Haus heil durch den Krieg kämen.“
    „Und Sie sind heil durchgekommen, wie ich gesehen habe.“
    „Ja, wir sind ohne Schaden davongekommen. Aber nicht als reiche Leute. Papa ist ein guter Geschäftsmann, — aber die Lager zurückzuhalten ging ihm gegen das Gewissen...“
    „Respekt...!“ murmelte er, „ich beginne an die echte Frömmigkeit Ihres Herrn Vaters zu glauben.“
    „Und deshalb konnte er an die Einlösung seines Gelübdes auch erst im letzten Jahr denken.“
    „Und hat er es eingelöst?“
    „Ja, natürlich! Eher hätte er auf seinen Abendschoppen verzichtet, als solch ein Gelöbnis zu brechen.“
    „Respekt!“ sagte Lothar Lockner zum zweitenmal. „Aber nun erklären Sie mir, bitte, was in aller Welt hat Herr Böhlke mit dieser Geschichte zu
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