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Es bleibt natürlich unter uns

Es bleibt natürlich unter uns

Titel: Es bleibt natürlich unter uns
Autoren: Horst Biernath
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abschließen. Schon um Sie wiederzusehen und um Ihnen zu sagen, ob Sie gewonnen oder verloren haben.“
    „Ich will Sie nicht in Unkosten stürzen“, gab sie ziemlich kühl zurück und stellte damit den Abstand her, den er gern überbrückt hätte.
    „Kann man in Aldenberg Sport treiben?“ fragte er, um das stockende Gespräch wieder in Gang zu bringen.
    „Kegeln...“antwortete sie mit einem kleinen Lächeln.
    „Nicht mein Fall. Und sonst?“
    „Wir haben ein paar ganz anständige Tennisplätze, — aber die Spieler fehlen. Und im Winter haben Sie die Berge vom Jenner bis zum Wendelstein sozusagen vor dem Haus, falls Sie auf den Sonntag und auf die Bahn angewiesen sind. Mir ist Kitzbühl oder Cortina lieber.“
    „Das sehe ich an Ihrer Bräune.“
    Sie warf einen flüchtigen Blick auf ihre Hand.
    „Ja, das ist die Märzsonne vom Großvenediger“, sagte sie und ein kleiner Schatten flog dabei über ihr Gesicht. Wer sie wohl sein mochte? Sie sah eigentlich nicht so aus, als ob sie nichts anderes als die verwöhnte Tochter verhältnismäßig wohlhabender Eltern sei. Dabei ließ die Enge seines Lebens, in dem das Motorrad ein bisher unerfüllbarer Wunschtraum geblieben war, ihm bereits alle
    Leute, die einen Wagen besaßen, als wohlhabend und gutsituiert erscheinen.
    „Was tut denn nun eigentlich eine junge Dame den ganzen lieben langen Tag über in Aldenberg?“ fragte er nicht eben sehr geschickt. Natürlich durchschaute sie seine Absicht sofort.
    „Die junge Dame arbeitet“, antwortete sie kurz.
    „Teufel, Teufel...!“ rief er im Ton des Provinzbühnen-Bonvivant und bewegte die Finger über die Tastatur einer imaginären Schreibmaschine: „tippi tippi tippi klinglingling rumms?“ Er warf den ebenfalls imaginären Wagen mit einem Schwung der rechten Hand zurück und sah sie fragend an. In seinen Lausbubenaugen stand ein strahlendes Lächeln, dem sie nicht widerstehen konnte.
    „Auch tippi tippi klinglingling“, kicherte sie, „da Sie es anscheinend ganz genau wissen wollen. Hauptsächlich aber mache ich in ,Modes und Robes’. Mein Vater kann sich nicht entschließen, das alte scheußliche Schild über den Schaufenstern meiner Abteilung durch eine moderne Reklame zu ersetzen...“
    „Über Ihren Schaufenstern und Ihrer Abteilung...“, murmelte er verblüfft; „verzeihen Sie, aber Sie geben mir da ein Rätsel auf, dem mein Köpfchen nicht ganz gewachsen ist. Helfen Sie mir...“
    „Wir sind ein Warenhaus. — Mit Provinzzuschnitt natürlich“, fügte sie abschwächend hinzu. „Meine Großmutter mit schwarzem Ebenholzstock und silberner Schnupftabakdose thront über dem ganzen Betrieb. Sie ist Sechsundachtzig, aber ich glaube, sie überlebt uns alle. Mein Vater leitet den gesamten Einkauf und nebenbei die Abteilungen Weißwaren, Kurzwaren und Leibwäsche. Mama macht in Glas und Porzellan. Mein Bruder Emst in Haushalt, Küchenartikeln, Teppichen und Linoleum. Und ich wie gesagt..
    „... in Modes und Robes. Hut ab! Sie scheinen eine verdammt tüchtige Familie zu sein.“
    „Ziemlich tüchtig“, gab sie ohne falsche Bescheidenheit zu; „mein Großvater Joseph zog noch mit dem Bauchladen über Land imd verkaufte den Bauern Schuhbandl, Kopftücher und Schmalz1er. Die Bauernkundschaft ist uns treu geblieben. Das wirkt sich besonders auf meine Abteilung aus. Sie sind im Irrtum, wenn Sie meinen, daß ich Modellkleider von Schiaparelli und Dior verkaufe..
    „Ich finde, es genügt vollkommen, wenn Ihr Geschäft so viel einbringt, daß Sie Modellkleider tragen können.“
    „Lieber Gott!“ sagte sie mit einem kleinen Seufzer, „Modellkleider! Da kennen Sie meinen Vater aber schlecht!“ — Sie bot ihm die zweite Zigarette an und steckte sich selber eine zwischen die Lippen. „Er ist einer vom ganz alten Schlag und sehr fromm. Daß ich rauche, geht ihm noch heute schwer gegen den Strich.“
    Er hielt den Zeitpunkt für gekommen, sich vorzustellen, und nannte ihr seinen Namen. Und er ließ das Feuerzeug aufspringen und reichte ihr die Flamme hinüber. Dieses Mal funktionierte es sofort. Er schloß es fast zärtlich, denn letzten Endes hatte er diese reizende Bekanntschaft seinem ,Peutêtre’ zu verdanken.
    „Und ich heiße Johanna Klapfenberg...“
    „Ja, natürlich, jetzt besinne ich mich auf Ihren Namen. Er steht über der langen Schaufensterfront am Markt, nicht wahr? Dem Rathaus schräg gegenüber... Ich hatte nur eine halbe Stunde lang Zeit, durch die Stadt zu bummeln, als ich mich vor
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