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Es begann im Birkenhain (Heimatroman) (German Edition)

Es begann im Birkenhain (Heimatroman) (German Edition)

Titel: Es begann im Birkenhain (Heimatroman) (German Edition)
Autoren: Peter Steingruber
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unglücklich.«
    Sie starrte ihn an, als wäre sie aus einem langen Traum erwacht und würde nun plötzlich mit ihren Händen ins Leere greifen.
    »Ja, schau mich nit so an, Barbara. Eine Lieb zwischen dir und dem Jaus-Martin kann doch nix werden. Denk doch einmal an deine Verpflichtung, die du in unserem Haus hast. Ich kann doch nit, wie ich will. Du bist doch die Einzige, in die die Eltern jetzt ihre Hoffnung setzen müssen. Begreifst du denn das nit, Barbara? Willst du denn Zank, Streit und Unfrieden haben?«
    Sie schüttelte heftig den Kopf.
    »Nein, das will ich nit, Anderl. Aber ich will neben all meiner Pflicht auch ein bissel glücklich sein. Das ist nicht zuviel verlangt, verstehst du? Ich kann mir nit alles niedertrampeln lassen, bloß wegen einer G'schicht, die gar keine war. Ich werd das den Eltern begreiflich machen.«
    »Das bringst du nie fertig«, sagte Anderl. »Da ist nämlich noch etwas, was ich dir sagen muss.«
    »Noch was?«, fragte Barbara.
    »Ja, der Vater hat neulich angedeutet, dass ich wahrscheinlich in eine Anstalt gehen müsste, tätest du aus dem Haus wegheiraten. Sie hätten nie die Zeit, sich um mich zu kümmern.«
    Verbitterung sprach aus den Worten des jungen Mannes. Er senkte den Kopf. Dann griff seine Hand wieder vor und umspannte ganz fest Barbaras Handgelenk. Flehend sah er sie mit seinen hellen Augen an.
    »Ich will doch nit fort von daheim, Barbara«, flehte er. »Kannst denn du das nit begreifen? Hier ist meine Heimat. Hier kenn ich mich aus. Hier wissen die Leut, dass ich der Lahme bin. Müsste ich woandershin, nein, das könnt ich nit ertragen. Ich würde da draußen in der Fremde ersticken und eingehen wie ein Baum, den man im hohen Alter noch versetzten will.«
    Diese Nachricht traf die junge Wirtstochter mit niederschmetternder Macht. Sie hatte keine Zweifel, dass der Vater dieses Ansinnen wahr machen würde, sollte sie das Haus verlassen. Max Löwinger wollte, dass der Gasthof gemäß seiner uralten Tradition fortgeführt werden sollte. Würde Barbara aus dem Haus gehen, so wäre dies ja wohl kaum möglich. Nun begriff sie die Tragweite ihres Schicksals. Der Weg, der vor ihr lag, erschien ihr noch dorniger und enger als jemals zuvor. Ja, ihre Zukunft schien aussichtslos. Alle Hoffnung war niedergetrampelt und kaputt.
    »Barbara, denk an mich.«
    »Das tu ich«, versicherte Barbara. »Ich denk an dich, Anderl. Aber dieser Verzicht ... Nein, ich könnte es nit.«
    »Dann muss es eine Heimlichkeit bleiben, bist du alt und grau bist«, verfügte ihr Bruder. Er war nur beherrscht von seiner Angst, in ein Heim zu müssen. Sicherlich gönnte er der Schwester das Glück, aber ihm war halt - wie der Volksmund sagt - das Hemd näher als die Jacke.
    Ein paar Tage später war es wieder bitterkalt. Der gefrorene Schnee knirschte unter den Füßen und war auf den Wiesen so verharscht, dass man darübergehen konnte, ohne einzubrechen. Barbara war schon einige Male am Birkenhain gewesen. Vergeblich hatte sie dort nach Fußspuren gesucht. Vergeblich hatte sie gehofft, gewartet und gefleht.
    Martin war nicht gekommen.
    Immer tiefer sank ihr Mut. Immer trauriger und verzweifelter wurde sie.
    Sie fühlte nicht die Kälte, die durch ihre Kleider kroch und die Haut fast lähmte. Sie stand da und dachte nach. Sie war reglos wie eine Statue.
    Dann fühlte sie starke Arme um ihre Schultern. Sie fühlte den Hauch warmen Atems in ihrem Nacken. Schritte hatte sie keine gehört. Aber sie wusste, um wen es sich handelte. Aus Abertausenden hätte sie diese Berührungen herausgekannt.
    »Endlich«, flüsterte sie und drehte sich um.
    Martin nahm sie in seine Arme. Er küsste sie, als sei dies das allerletzte Mal.
    »Entschuldige, Barbara«, sagte er dann, »es geht auf die Weihnacht hin, und wir haben drüben in der Schreinerei schrecklich viel Arbeit. Außerdem ist unser Meister, der Herr Burger, nit so recht auf dem Damm. Da muss ich sehr viel für ihn erledigen. Ich hätt ja auch bei euch angerufen. Aber du weißt ja, warum ich es nit tu.«
    »Gott, sei Dank«, flüsterte Barbara innig. »Ich hab mir schon gedacht, dass du am End von mir nix mehr wissen willst.«
    »Aber nein! Wie kommst du denn darauf?«
    Da waren ihre Zweifel wieder ausgelöscht. Eng umschlungen standen sie beieinander. Sie fühlten nicht die Kälte, sondern vermeinten, auf einer blühenden Sommerwiese zu stehen. Ringsum waren nur Freude und Sonnenschein. Barbara hatte es sich ganz fest vorgenommen, heute nicht mit Martin über
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