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Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Titel: Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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Abhilbar Ben Obeidah und Zeyd Ben Nabegat gesandt, welche Beide innige Freunde Musa’s waren und mit seinem Sohne als Freunde und Waffengenossen gelebt hatten. Als sie das unglückliche Pergament lasen, fiel die Rolle aus ihren zitternden Händen.
    »Kann eine solche Feindschaft gegen die Familie Musa’s bestehen?« riefen sie: »ist dies der Lohn für solche große und glänzende Dienste?«
    Die Ritter standen eine Zeit lang starr vor Schrecken und Bestürzung. Der Befehl war aber bestimmt, und es blieb ihnen keine Wahl. »Allah ist groß,« sagten sie, »und gebietet uns, unserm Kalifen zu gehorchen.« So schickten sie sich an, den blutigen Befehl mit der blinden Treue der Moslemen zu vollstrecken.
    Es war nothwendig, mit Vorsicht zu Werk zu gehen. Der offene und großmüthige Charakter des jungen Emirs hatte ihm die Herzen der Mehrzahl der Krieger gewonnen, und seine Pracht gefiel den Rittern, welche seine Wache ausmachten; man mußte daher fürchten, jeder Versuch gegen sein Leben würde einen blutigen Widerstand finden. Der gemeine Haufe war aber erbittert gegen ihn, weil er dessen Raubsucht gezügelt hatte, und weil sie glaubten, er sei in seinem Herzen ein Glaubensabtrünniger, der es heimlich darauf anlege, sie an die Christen zu verrathen. Während daher die beiden Ritter sorgfältige Anordnungen trafen, um jede Bewegung von Seiten der Krieger zu hindern, ließen sie die blinde Wuth des Pöbels los, indem sie den unglücklichen Befehl bekannt machten. Augenblicklich gerieth die Stadt in Gährung, und es entstand ein wilder Wetteifer, wer der Erste wäre, den Befehl des Kalifen zu vollstrecken.
    Abdalasis war zu dieser Zeit, nicht fern von Sevilla, auf dem Lande, in einem Palaste, welcher eine entzückende Aussicht auf die fruchtbare Ebene des Guadalquivir darbot. Hierher pflegte er sich aus dem wirren Tumult des Hofes zu flüchten, und hier brachte er seine Zeit in Lustwäldern und an rieselnden Bächen und in der süßen Stille der Gärten mit Exilona hin.
    Es war in der Morgenstunde, zur Zeit des Frühgebets, als der wüthende Pöbel diesen Sommerpalast erreichte. Abdalasis brachte eben in einer kleinen Moschee, welche er für das umwohnende Landvolk hatte bauen lassen, sein Morgengebet dar. Exilona war in einer Kapelle in dem Innern des Palastes, wo ihr Beichtvater, ein frommer Mönch, die Messe las. Beide wurden in ihrer Andacht überrascht und von den Pöbelschaaren herausgeschleppt. Einige Wachen, welche in dem Palaste aufgestellt waren, würden wackern Widerstand geleistet haben; allein der Anblick des schriftlichen Befehls des Kalifen entwaffnete sie.
    Die Gefangenen wurden im Triumphe nach Sevilla geführt. Alle wohlthätigen Tugenden Abdalasis’ waren vergessen, und Exilona’s Reize vermogten nicht im Geringsten, die Herzen der rohen Masse zu besänftigen. Die thierische Gier, Blut zu vergießen, welche der menschlichen Natur anzukleben scheint, war erwacht, und wehe den Opfern, wenn diese Gier durch Religionshaß angefeuert wird! Das edle Paar, mit aller Anmuth der Jugend und Schönheit geschmückt, wurde zu einem Blutgerüste auf den großen Platz zu Sevilla geschleppt und inmitten des Jubels und der Verwünschungen einer bethörten Menge enthauptet. Ihre Leichen blieben auf dem Boden liegen und würden von den Hunden zerrissen worden sein, wären sie nicht bei Nachtzeit durch irgend eine freundliche Hand weggebracht und in einem der Höfe ihres früheren Palastes ärmlich begraben worden.
    So endigten Liebe und Leben von Abdalasis und Exilona im Jahre nach der Geburt Christi siebenhundertvierzehn. Ihre Namen wurden als die von Märtyrern des christlichen Glaubens heilig gehalten; Viele aber erkennen in ihrem frühzeitigen Tode eine Lehre gegen Ehrgeiz und eitlen Ruhm, da sie die wirkliche Macht und begründete Gewalt dem glänzenden Spielwerk einer Krone geopfert hatten.
    Abdalasis’ Haupt wurde einbalsamirt, in einem Schreine verschlossen und dem grausamen Soliman nach Syrien geschickt. Der Bote, welcher es trug, holte den Kalifen auf einer Pilgerfahrt nach Mekka ein. Musa war unter den Höflingen seines Gefolges, da man ihn aus dem Gefängnisse befreit hatte. Als der Tyrann den Schrein öffnete und dessen Inhalt sah, funkelten seine Augen vor boshafter Freude.
    Er rief den unglücklichen Vater an seine Seite und sagte: »Musa, kennst du dieses Haupt?«
    Der Greis erkannte die Züge seines geliebten Sohnes, und wandte sein Antlitz erschreckt ab.
    »Ja, ich erkenne es wohl!« versetzte er,
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