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Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Titel: Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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asturischen Gebirge geflüchtet hatten, gab seinem Argwohn neue Nahrung und flößte ihm Furcht vor einer gefährlichen Verschwörung gegen seine Macht ein. Seine Besorgnisse hatten ihren Höhepunkt erreicht, als er sich eines arabischen Weisen, Namens Yuza, erinnerte, welcher mit ihm aus Afrika gekommen war. Dieser Sohn der Weisheit war von verwitterter Gestalt und sah aus, als hätte er die gewöhnlichen Gränzen des sterblichen Lebens längst überschritten. In dem Verlaufe seiner Studien und Reisen in dem Morgenlande hatte er die Kenntnisse und Erfahrungen von Jahrhunderten gesammelt, sich mit der Sternkunde und, wie man erzählt, auch mit der Zauberei bekannt gemacht und besaß die wunderbare Gabe der Wahrsagung.
    An diesen Ausleger der Mysterien wandte sich Alahor, um zu erfahren, ob irgend ein geheimer Verrath seiner Sicherheit Gefahr drohe.
    Der Sternkundige lauschte mit hoher Aufmerksamkeit und finstrer Stirne auf alle die Besorgnisse und Befürchtungen des Emirs; dann schloß er sich ein, um seine Bücher zu Rath zu ziehen und mit jenen übernatürlichen Mächten in Verkehr zu treten, welche seiner Weisheit dienstbar waren. Zu der bestimmten Stunde besuchte der Emir ihn in seiner Zelle. Sie war mit dem Dufte von Wohlgerüchen erfüllt; auf dem Boden waren Vierecke und Kreise und mannichfache Figuren gezeichnet, und der Sterndeuter war in eine Pergament-Rolle vertieft, welche mit kabbalistischen Zeichen bedeckt war. Er empfing Alahor mit einer düstern, finstern Miene, und deutete ihm an, er habe schreckliche Vorzeichen am Himmel entdeckt und seltsame Träume und geheimnißvolle Gesichte gehabt.
    »O Emir.« sagte er, »sei auf deiner Hut! Der Verrath umgibt dich und lauscht auf deinen Wegen. Dein Leben ist in Gefahr. Hüte dich vor dem Grafen Julian und den Seinigen.«
    »Genug!« sprach der Emir; »sie sollen alle sterben – Aeltern und Kinder – Alle sollen sterben!«
    Er sandte sofort eine Aufforderung an den Grafen Julian, zu Cordova vor ihm zu erscheinen. Der Bote fand ihn in Gram über den neulichen Tod seiner Tochter versenkt. Der Graf entschuldigte sich, wegen des Unglücks, das ihn getroffen, nicht persönlich dem Befehle nachkommen zu können, schickte aber mehrere seiner Anhänger. Sein Zaudern und der Umstand, daß er seine Familie jenseits der Meerenge gesandt hatte, galten in dem argwöhnischen Gemüthe des Emirs für die vollsten Beweise der Schuld. Er zweifelte keinen Augenblick mehr, daß Graf Julian in die neuerlichen Aufstände verwickelt sei und daß er seine Familie vor einem Versuche, durch die Gewalt der Waffen die moslemitische Herrschaft zu stürzen, entfernt habe. In seiner Wuth ließ er Siseburt und Evan, die Neffen des Bischofs Oppas und des frühern Königs Witiza Söhne, ermorden, da er sie im Verdacht hatte, an dem Verrathe Theil zu haben. So büßten sie ihre Verrätherei an ihrem Vaterlande während der unglücklichen Schlacht von Guadalate.
    Alahor eilte nun nach Cartagena, um sich des Grafen Julian zu bemächtigen. Seine Bewegungen waren so rasch, daß der Graf nur noch Zeit hatte, mit fünfzehn Rittern zu entkommen, mit welchen er in der starken Veste Marcuello, in den Gebirgen Aragoniens, Zuflucht suchte. Der Emir welcher wüthend war, daß ihm seine Beute entging, schiffte sich zu Cartagena ein und eilte über die Meerenge nach Ceuta, um die Gräfin Frandina und ihren Sohn zu seinen Gefangenen zu machen.
    Die alte Chronik, aus welcher wir diesen Theil unserer Erzählung entlehnt haben, entwirft ein düsteres Gemälde von der Gräfin in der starken Veste, in welche sie sich geflüchtet hatte – ein Gemälde, das durch übernatürliche Schrecken noch erhöht wurde. Der verständige Leser mag nun die letztern, nach dem Maase seines Glaubens und Urtheils, zugestehen oder nicht, dessen dürfte er stets eingedenk sein, daß in düstern und begebnißreichen Zeiten, welche, wie die in Frage stehenden das Geschick von Nationen, den Sturz von Königreichen und die Verbrechen von Herrschern und Mächtigen in sich schließen, die Hand des Schicksals zuweilen oft auf eine wundersame Weise sichtbar wird und durch Winke und Zeichen, welche weit außer dem gewöhnlichen Verlaufe der Dinge sind, die Weisheit der weltlich Weisen zunichte macht. Nach dieser Andeutung nehmen wir keinen Anstand, dem ehrwürdigen Chronikenschreiber in seiner Erzählung zu folgen.
    Es begab sich also, daß die Gräfin Frandina spät in der Nacht in ihrem Gemache in der Veste von Ceuta, die auf einem hohen,
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