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Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen
Autoren: Manu Ungefrohrn
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mich von dir los! Ich gebe dich und dein Herz frei!“ Mein Gesicht schwoll seltsam an, doch ich konnte meine Arme nicht mehr heben, um mit den Händen zu fühlen, was mit mir geschah. „Emrys…“
    Eine bleierne Schwärze legte sich wie ein Band um mich, erstickte mich, ließ mich erstarren und in der Unbeweglichkeit verharren. Doch dann zuckte mein Körper unwillkürlich, und mit jeder Bewegung schnürte sich das Band enger um mich, drückte in mein Fleisch und zerschnitt es in tausend Stücke, zerfetzte meinen irdischen Körper.
    Dann war Carys Olwyn endgültig tot.
    Es verging ein Zeitalter, vielleicht auch zwei.
    Hier zählte die Zeit nichts, Äonen von Jahren mochten vergangen sein, seitdem ich hier war und ausharrte.
    Es war dunkel um mich herum. Dunkel und weich.
    Die Schattenwelt hatte sich mir ganz anders vorgestellt – nicht so angenehm.
    Dieser eine Mann, den ich einmal gekannt, vielleicht auch geliebt hatte, hatte nie viel über die Schattenwelt erzählt, aber ich hatte am Anfang am eigenen Leib erfahren, dass dieser Ort unheimlich und auch qualvoll war, ich befand mich in einem Nichts aus Schwärze und Samt.
    Hier fühlte ich nichts, hier fehlte mir nichts. Es gab hier keinen Schmerz, keinen Verlust – nur mich und eine verführerische Wärme. Hier wollte ich bleiben.
    Irgendwo in meinem Hinterkopf schrillte eine Alarmglocke, als wolle sie mich darauf hinweisen, dass ich falsch lag, dass etwas nicht stimmte. Doch ich schüttelte diesen Gedanken ab und ergab mich wieder in meine wohlige Welt.
      „Carys!“ hörte ich eine Stimme.
    Eine Carys kannte ich nicht. Wer machte hier so einen Lärm? „Lass mich in Ruhe“, nuschelte ich in die Dunkelheit und verschwamm in ihr. Die Stille, die darauf einsetzte, ließ etwas in mir kribbeln, als gingen tausende von Ameisen auf Wanderschaft. Das war sehr unangenehm.
      „Carys!“ flehte eine weibliche Stimme herzerweichend.
    Ich habe kein Herz, schoss es mir durch den Kopf. Mein Herz war irgendwo verloren gegangen. Nein, ich hatte es jemandem gegeben. Doch wem? Und warum hatte ich es nicht zurückbekommen? Man verschenkt doch kein Herz…
      „Du blöde Kuh! Mach endlich die Augen auf!“ jammerte die Frau.
    Wieso sollte ich die Augen aufmachen? Sie konnte unmöglich mit mir sprechen, sie konnte nicht mich meinen! Vielleicht sollte ich einen kleinen Blick riskieren?
    Blöde Kuh… so hatte mich einmal ein Mädchen genannt. Doch das war lange her.
    Ich blinzelte und erwartete die weiche Dunkelheit um mich herum, doch es war gleißend hell und das Licht tat mir in den Augen weh.
      „He!“ protestierte ich dumpf.
      „Carys! Hilf mir!“ rief die junge Frau, doch ich konnte sie nicht sehen.
      „Wer bist du?“ fragte ich argwöhnisch. „Warum lässt du mich nicht in Ruhe? Hier gibt es keine Carys!“
    Vor mir tauchte ein Schatten auf, mehr ein Geist, ein durchscheinender Körper einer jungen, wunderschönen Frau. Sie sah traurig aus, als sie mich anblickte und den Arm nach mir ausstreckte. „Erkennst du mich denn nicht?“
    Ich schüttelte kaum merklich den Kopf. „Du musst mich verwechseln.“
    Da verblasste die Erscheinung und das Licht verwandelte sich wieder in meine geliebte Dunkelheit. Diese Stille in meinem Kopf machte mich wahnsinnig. Ich hatte das Gefühl, mein Kopf sei angefüllt mit Watte. Und da war plötzlich dieses Geräusch, das Geräusch eines tropfenden Wasserhahns. Und jeder Tropfen glitt in meinen Kopf hinein, machte die Watte immer schwerer, bis diese dumpfe Taubheit mich vor Schmerz schreien ließ. Argh!
      „Carys!“ rief eine Stimme.
    Carys? Meinte sie mich? War ich Carys? Was geschah, wenn ich der Stimme antwortete und sich herausstellte, dass ich gar nicht die gesuchte Carys war?
      „Carys, ich brauche deine Hilfe!“
    Widerwillig öffnete ich die Augen und sah wieder diese junge, schöne Frau, die wie ein Geist immer näher kam.
      „Was machst du hier?“ fragte ich sie neugierig. „Und warum rufst du nach Carys?“
    Ihr Blick war voller Sorge, voller Traurigkeit. „Ich bin zwischen den Welten gefangen und finde den Weg nicht zurück.“
    Ich schüttelte ungläubig den Kopf. „Welten?“
    Sie nickte. „Hier, wo du bist, ist die Schattenwelt. Mein Geist ist hier gefangen. Mein Herz ruht in dem Diesseits bei meiner Liebe.“
      „Und du möchtest zurück zu deiner Liebe?“ fragte ich vorsichtig.
    Tränen sammelten sich in ihren Augen. „Ja, aber ich kenne den Weg nicht.“
      „Wer ist Carys? Bist du
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