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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer
Autoren: Stephen Baxter
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nicht wahr?«
    »Ich bin Sachse«, sagte Wuffa. »Er ist Nordmann, ein Däne. Sein Name ist Ulf. Ich bin Wuffa.«
    Das Mädchen sah ihn an. Ihre braunen Augen waren klar. »Und ich bin Sulpicia.«
    »In meiner Sprache bedeutet mein Name ›Wolf‹.« Wuffa grinste und zeigte seine Zähne.
    Kühl erwiderte sie seinen Blick. Dann beugte sie sich über ihren Vater. »Bischof Ammanius, diese beiden, Ulf und Wuffa, haben meinen Vater gerettet. Während wir weggeschaut haben. Aber sie sind Heiden. Ist das nicht ein Beweis dafür, dass alle Seelen durch Jesu Licht erlöst werden können?«
    Ammanius schaute Wuffa in die Augen. »Hast du wirklich Güte in dir, mein Junge? Und dein nordischer Freund auch?«
    Wuffa trat einen Schritt zurück und hob die Hände. »Ich bin nicht darauf aus, zu eurem toten Gott bekehrt zu werden, Bischof.«
    »Nein? Aber viele von deiner Sorte kommen zu Christus. Deshalb hat Augustin uns hierher geführt. Ihr Sachsen seid leicht zu bekehren, ihr seid so ein
trübsinniger Haufen! Eure Lieder sind eine endlose Leier des Verlusts. Du weißt es nicht, aber deine germanische Seele sehnt sich nach dem Licht der Ewigkeit, Wuffa.«
    Ulf lachte. »Die Ewigkeit kann warten.«
    »Heiden hin oder her«, sagte Sulpicia, »diese beiden haben sich heute als erheblich nützlicher erwiesen als die Söldner, die wir zu unserem Schutz angeheuert haben.«
    »Nun ja, das stimmt.« Der Bischof strich sich über die lange Nase. »Vielleicht sind sie zu gebrauchen.«
    Ulf und Wuffa wechselten einen Blick. Womöglich bot sich ihnen hier eine Gelegenheit. »Was soll das heißen?« , fragte Ulf.
    Ammanius deutete auf seine Pilgerschar. »Ist euch klar, was hier geschieht? Ich führe diese Leute zu Schiffen, die sie flussabwärts zum Hafen von Rutupiae bringen  – bei euch heißt der Ort Reptacaestir, vielleicht kennt ihr ihn. Von dort fahren sie übers Meer nach Armorica. Aber ich werde sie nicht begleiten. Mein Erzbischof hat mir einen anderen Auftrag erteilt. Ich muss in den hohen Norden dieser heruntergekommenen Insel. Dort soll ich eine Prophezeiung suchen, die angeblich viele hundert Jahre alt ist und von einer gewissen Isolde stammt …«
    Die römische Kirche versuchte, ihr britisches Gegenstück zu assimilieren. Ein Element ihrer Strategie bestand darin, alle bewahrenswerten britischen Heiligen, Reliquien und mit religiöser Bedeutung aufgeladenen Dinge zu übernehmen. Zu den Kandidaten gehörte
auch eine seltsame Prophezeiung der fernen Zukunft, die diese »Isolde« angeblich vor Jahrhunderten von sich gegeben hatte.
    »Sie wird von jemandem bewacht, den man den ›letzten Römer‹ nennt«, sagte Ammanius. Dieser Ausdruck faszinierte Wuffa. »Es wird eine lange und gefährliche Reise werden. Da brauche ich Begleiter, auf die ich mich verlassen kann. Ihr beiden habt eine heidnische Seele, und dennoch habt ihr heute aus freien Stücken das Leben eines alten Mannes gerettet, den ihr noch nie gesehen habt. Vielleicht besitzt ihr die Eigenschaften, die ich suche. Was meint ihr – wollt ihr mit mir kommen? Natürlich bezahle ich euch dafür.«
    Wuffa würde mit seinem Vater sprechen müssen. Aber Ulf grinste ihn an. Solch ein exotisches Abenteuer konnte man sich kaum entgehen lassen.
    Ammanius hob seinen Stab auf. »Wenn ihr Interesse habt, treffen wir uns in sieben Tagen in Reptacaestir.«
    Sulpicia half ihrem grummelnden Vater auf die Beine. »Welch ein Abenteuer«, sagte sie sehnsüchtig. »Ich wünschte, ich könnte euch begleiten!«
    Ulf ergriff die Gelegenheit beim Schopf. »Dann komm doch mit.«
    Das schien sie durcheinanderzubringen. »Ich kann nicht. Mein Vater …«
    »Tu etwas für dich, nicht für ihn«, sagte Ulf. »Du wirst uns schon finden.« Und er drehte sich zu Wuffa um, ohne ihr weitere Einwände zu gestatten.
    »Das wird vielleicht eine Reise werden«, meinte
Wuffa. »Banditen auf der Straße, der Bischof, der hinter unserer Seele her ist …«
    »Und die reizende Sulpicia, die dir an den Hintern fasst! Ich habe gesehen, wie sie dich angeschaut hat, Wolfsjunge.«
    Der alte Mann, Orosius, rief ihnen nach: »Wisst ihr überhaupt, wie die Stadt heißt, die eure Leute ausplündern, ihr Barbaren? Wisst ihr, wo ihr hier seid?«
    Wuffa schaute sich um. »Dies ist Lunden. Na und? Wen interessiert’s?«
    Der alte Brite, den sie gerettet hatten, schimpfte laut weiter, aber die jungen Männer gingen davon.

IV
    Am letzten Tag vor Wuffas Aufbruch nach Reptacaestir kam ein Skop , ein wandernder Dichter,
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