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Ernten und Sterben (German Edition)

Ernten und Sterben (German Edition)

Titel: Ernten und Sterben (German Edition)
Autoren: Peter M Hetzel
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die sterblichen Überreste des bedauernswerten Opfers abtransportiert, da stand auch schon Blaumilch vor Albertine und schwenkte theatralisch die Plastiktüte mit dem vermeintlichen Tatwerkzeug vor ihrer Nase.
    »Jetzt wird’s anscheinend ja doch noch lustig«, brummte Hubertus so leise, dass nur Albertine ihn hören konnte.
    »Wem gehört dieses Meisterwerk deutscher Schmiedekunst?«, fragte Blaumilch.
    »Mir«, antwortete Albertine sofort. »Es befindet sich schon lange im Besitz der Familie und ist, nebenbei gesagt, die einzige Erinnerung an die glorreichen Zeiten meines Großvaters, der in Ostpreußen auf dem eigenen Gutshof zu jagen pflegte.« Ohne dass sie es wollte, schlich sich der blasiert-nölende Unterton des verarmten Landadels in ihre Stimme.
    »Bevor wir die Waffe auf DNA -Spuren untersuchen, können Sie mir bestimmt erklären, wer Zugang zu diesem Messer hatte«, sagte Blaumilch.
    »Dieses ›Messer‹, wie Sie es nennen, ist ein wertvoller Hirschfänger mit einer Damast-Keilklinge und selbstverständlich ein Unikat«, erläuterte Albertine.
    »Was nur leider meine Frage nicht beantwortet«, setzte Blaumilch nach.
    »Da meine Gartentruhe, übrigens auch ein Unikat aus Yellow Balau, nicht mit einem Schloss gesichert ist, dürfte sich Ihre Frage von selbst beantworten.«
    »Wir werden die Kiste mitnehmen, um sie im Labor gründlich zu untersuchen. Mich würde noch interessieren, ob Sie ein Alibi für die Tatzeit haben, gnädige Frau von Krakow.« Blaumilchs Freundlichkeit wirkte nun vollkommen aufgesetzt.
    Doch bevor Albertine antworten konnte, sagte schon Hubertus: »Wir haben die ganze Nacht zusammen in meinem Haus verbracht. Um präzise zu sein, in meinem Schlafzimmer.«
    Mit allem hatte Albertine gerechnet, nur nicht damit, dass ihre platonische Beziehung zu dem hünenhaften Nachbarn sich mit einem Mal in fleischliche Wollust verwandelte.
    »Ich möchte Sie um äußerste Diskretion bitten«, fuhr Hubertus fort, dem sein Scoop offensichtlich große Freude bereitete, »denn in einem so kleinen Ort wie dem unseren wird gern getratscht und auch verleumdet.«
    Albertine schwieg beharrlich und ließ sich ihren Unmut nicht anmerken.
    »Ihnen ist sicherlich klar, dass Sie bis auf Weiteres Klein-Büchsen nicht verlassen dürfen. Wir kopieren jetzt noch die Festplatten Ihrer Computer, um sie auszuwerten. Außerdem wird Ihnen eine Inaugenscheinnahme der Opfer nicht erspart bleiben, sollten wir keine Hinweise finden. Trotz Ihres ein wenig delikaten Alibis sind Sie derzeit unsere einzigen Verdächtigen und daher momentan auch unsere Hauptverdächtigen. Meine Kollegen werden hier vor Ort noch Befragungen durchführen. Geben Sie bitte der Presse keine Interviews und setzen Sie sich mit einem Anwalt Ihres Vertrauens in Verbindung. Es wäre das Beste, wenn Sie auf Ihrem Grundstück blieben. Wir sehen uns wieder, wenn uns erste Ergebnisse der kriminaltechnischen Untersuchung vorliegen. Einen schönen Tag noch.« Blaumilch wandte sich um und wurde von Clementine zur Haustür begleitet.
    Dahinter brach beim Erscheinen des Kommissars ein Blitzlichtgewitter los. Mit einem unverbindlichen »Kein Kommentar!« bahnte sich Blaumilch den Weg zu seinem Dienstwagen.
    Auch Egon-Erwin Wutke, Zeitungsredakteur und Fotograf in Personalunion, befand sich unter den Reportern. Eigentlich hatte er einen Termin bei seiner Chiropraktikerin, weil ihm schon seit geraumer Zeit der Rücken Schwierigkeiten machte. Ein Leiden, das unter Journalisten genauso häufig anzutreffen war wie die Fettleber. Seine Ausrüstung hatte Egon-Erwin immer griffbereit im Kofferraum. Dem Anruf seines Redaktionsleiters von der Landeszeitung war er zuvorgekommen. Nun wartete der Aufmacher der Titelseite auf die Fotos und den Text, der eine Gratwanderung zwischen Krawall-Boulevard und seriöser Berichterstattung werden sollte. »Sie machen das schon, Sie alter Bluthund!«, hatte ihn sein Redaktionsleiter wie immer in solchen Situationen ermuntert.
    Noch befand Egon-Erwin sich fast am Nullpunkt seiner Recherche. Natürlich war ihm nicht entgangen, dass sowohl von Albertine von Krakows als auch von Hubertus Müllers Grundstück jeweils ein Zinksarg getragen worden war. Schlussfolgerung numero uno : Doppelmord. Schlussfolgerung due : Die Leichen kamen beide aus dem Garten. Nun beobachtete er, wie die Haushälterin das Emaille-Schild der Praxis mit der altmodischen Bezeichnung ›Landärztin‹ mit einem Hinweis verhängte, auf dem in akkurater Handschrift zu lesen
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