Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ernten und Sterben (German Edition)

Ernten und Sterben (German Edition)

Titel: Ernten und Sterben (German Edition)
Autoren: Peter M Hetzel
Vom Netzwerk:
wieder in einen beruhigenden Zustand der Apathie.
    »Komm mit ins Haus. Wir müssen die Polizei anrufen. Außerdem dürfte Clementine mittlerweile das Frühstück vorbereitet haben. Vielleicht hat sie wieder Eclairs mit Vanillecreme im Angebot. Das ist doch deine bevorzugte Nervennahrung. Selbst in den unappetitlichsten Situationen sollten wir uns nicht die Freude an einer guten Mahlzeit verderben lassen.«
    Clementine reagierte mit erstaunlicher Gelassenheit auf die brenzlige Situation. Sie hatte in ihren sechzig Lebensjahren schon so allerhand erlebt, und ihr beachtlicher Körperumfang wirkte wie eine Rüstung gegen die Widrigkeiten des Schicksals. Mit dem breiten weißen Ninja-Stirnband erinnerte sie an eine Sumo-Ringerin, die man in eine Kittelschürze gezwängt hatte. In dem Örtchen Klein-Büchsen hatte man ihr das zweifelhafte Etikett Mannweib angehängt. Dabei war Clementine überaus sensibel und der hilfreiche Geist im Haushalt von Albertine. Die Lachfalten in ihrem wettergegerbten Gesicht wirkten so sympathisch wie ihre große Hilfsbereitschaft, sobald es um die Belange herrenloser Tiere aller Art ging.
    Eine Kanne mit grünem Tee aus Japan dampfte im Esszimmer vor sich hin. Das sündhaft teure Pulver entfaltete sein Aroma, der Tee hatte die Farbe edler Jade. Dazu gab es ein Frühstück, das jedem Spitzenhotel zur Ehre gereicht hätte.
    Fünfzehn Minuten später klingelte es an der Haustür, und die geballte Staatsmacht übernahm das Kommando. Zu den Fahrzeugen der Polizei gesellten sich sehr bald die Kombis der Fernsehberichterstatter. Wobei die Bedeutungslosigkeit in direkt proportionalem Verhältnis zur Größe des Transportmittels stand. Deshalb richtete auch gerade das Team eines Nachrichtensenders seine Satellitenschüssel aus, während die Reporterin sich mehr um ihre Frisur als um den Anlass ihres Hierseins kümmerte. Gut für Albertine, dass ihr Grundstück von außen nicht einsehbar war, da es rundherum so kunstvoll wie umfassend zugewachsen war.
    Sie und Hubertus saßen wie ein altes Ehepaar auf der Terrasse: Jeder hielt eine Tasse in der Hand.
    »Die treten mir alles platt. Ich brauche Wochen, bis ich den Garten wieder in seinem ursprünglichen Zustand habe«, schimpfte Albertine.
    »Sofern man dich nicht einsperrt«, sagte Hubertus.
    »Dito, du Meuchelmörder«, konterte Albertine und konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.
    »Erstaunlich, dass Sie angesichts dieses Massakers noch so gute Laune haben.« Ein Mann, der sehr nach Kommissar aussah, trat heran und beendete ihre traute Zweisamkeit.
    »Und wer, bitte schön, sind nun Sie?«, fragte Albertine spitz.
    »Verzeihung, gnädige Frau. Blaumilch ist mein Name, und ich leite die Polizeiinspektion Lüneburg, Lüchow-Dannenberg und Uelzen. In diesem Fall möchte ich die Ermittlungen schon selbst führen, denn Sie wissen ja selbst … Die sind wie die Aasgeier.«
    In Albertines Gesicht rührte sich nichts, und Hubertus schien sich in Luft aufgelöst zu haben. Gleich würde er sich wie Dicki Hoppenstedt auch noch die Augen zuhalten.
    »Wenn wir mit der Tatortsicherung fertig sind, habe ich sicherlich noch einige Fragen. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie das Grundstück vorläufig nicht verlassen. Das gilt auch für Sie, Herr Müller. Ihnen ist ja wohl bewusst, dass auch die Leiche in Ihrem Beet mehr Fragen als Antworten aufwirft.«
    Hubertus zuckte zusammen, als Blaumilch ihn mit seinem profanen Familiennamen ansprach. Wenn er doch wenigstens einen Doppelnamen hätte wie dieser Fernsehmoderator, dieser Hubert Meyer-Dingsbums. Er nickte dem Polizisten zu, der dank der Brille aus den Achtzigern und der Halbglatze eine frappierende Ähnlichkeit mit Ephraim Kishon aufwies. Auch seine Physiognomie erinnerte verblüffend an den Schriftsteller. Allerdings schien dieser Doppelgänger zum Lachen in den Keller zu gehen.
    »Humorfreie Zone«, murmelte Hubertus, nachdem Blaumilch verschwunden war.
    »Nun sei mal nicht so streng mit dem Kommissar, schließlich hat er quasi einen Doppelmord aufzuklären. Bin schon gespannt, wann er die klassische Frage nach unserem Alibi stellt«, sinnierte Albertine laut und versuchte, sich zu entspannen, was ihr allerdings nur zum Teil gelang. Zuerst schoss ihr der Traum vom abgestorbenen, toten Garten wie ein Flashback durchs Kleinhirn, und dann entwickelte sie ein enormes Interesse an der Frage, welche Rolle der Eichenzweig in dieser morbiden Inszenierung spielte.
    Kaum hatte wenig später der Bestattungsunternehmer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher