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Erloschen

Erloschen

Titel: Erloschen
Autoren: Alex Kava
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Komischerweise war er so nervös, dass Schweißperlen auf seiner Stirn standen. Sein Schlips hing schief. Das hier würde ein großes Interview, doch hatten sie beide schon aufregendere gemacht – mit Premierministern, einem Kongressabgeordneten am Abend vor seinem Rück tritt und ein paar Taliban-Anführern.
    »Ich weiß, dass du dahintergekommen bist, Sam.«
    Ihre Hände erstarrten, und es fühlte sich an, als würde ihr Herz dasselbe tun.
    »Nadira hat mir erzählt, dass du die Bänder von den Lagerhausbränden mitgenommen hast.«
    Seine Stimme war ruhig, während er weiter auf und ab ging.
    Hatte Jeffery sämtliche Jalousien heruntergelassen, oder waren sie schon bei ihrer Ankunft geschlossen gewesen? Sie versuchte, nicht in Panik zu geraten. Was machte es schon, wenn er von Wes Harper wusste? Oder hatten die beiden einen Deal? Jeffery wollte unbedingt seine eigene Sendung, und er war kurz davor, sie zu kriegen. Dieser eine große Exklusiv-Beitrag könnte entscheidend sein.
    »Wie bist du drauf gekommen?« Er lief immer weiter.
    »Du wusstest so früh von den Bränden.« Er schien nicht wütend zu sein. Nein, er war fast zu ruhig. »Ich dachte mir schon, dass dir jemand Tipps geben muss.«
    Jetzt blieb er vor ihr stehen und neigte den Kopf zur Seite, als glaubte er, sich verhört zu haben. Er hatte die Fäuste geballt. Auf einer war ein brauner Fleck.
    »Mir Tipps geben?«
    »Ich habe Wes Harper bei den Lagerhausbränden gesehen, in der Menge, nach der zweiten Explosion.«
    Er stierte sie mit eiskalten Augen an, ehe er plötzlich zu lachen anfing.
    »Das war’s, was du auf den Bändern gesehen hast?«
    »Ja, und es ist okay. Ich sage keinem, dass er dich kontaktiert hat. Allerdings wäre ich mir an deiner Stelle nicht sicher, dass er nichts sagt. Vor allem wenn er geschnappt wird.«
    Er lachte wieder und schüttelte den Kopf.
    »Sam, Sam, hättest du mich doch nur am Samstagabend nicht hängen lassen.«
    »Schon klar, du denkst, dass du mir nicht trauen kannst, aber dieses Interview …«
    »Es gibt kein Interview, Sam.«
    »Aber Harper …«
    »Es gibt keinen Harper. Der Grund, weshalb ich von den Bränden wusste, meine liebe Sam, ist der, dass ich sie gelegt habe.«

73
    Sam hatte Jeffery keine Sekunde lang verdächtigt.
    Wie hätte er solche Brände legen sollen?
    »Das ist nicht witzig, Jeffery«, sagte sie, während sie von dem lauwarmen Kaffee trank, der sie hoffentlich wacher und klarer machte. Sie fühlte sich nämlich todmüde.
    »Niemand hat mir einen Tipp gegeben, Sam.« Er lief alle Fenster ab und prüfte, ob sie geschlossen waren. »Ich bin auf eine Quotengoldader gestoßen. Warum auf irgendeine Riesenstory warten, wenn ich sie selbst machen kann?«
    Auf keinen Fall meinte er das ernst. Das Zimmer kippte merkwürdig, und Sam lehnte sich an ihr Stativ. Für einen winzigen Moment schloss sie die Augen, damit das Dre hen in ihrem Kopf verging. Es musste ein Scherz sein, ein dämlicher Streich, den er ihr spielte.
    »Big Mac wollte immer größere und größere Storys«, sagte Jeffery. »Wir interviewen Diktatoren. Nicht gut genug. Wir werden bei diesen verrückten Demos im Nahen Osten fast gekillt. Nicht gut genug. Wir kassieren Preise für unseren Afghanistan-Beitrag, und trotzdem ist es nicht gut genug.«
    Sam öffnete die Augen, nur waren ihre Lider bleischwer. Aus unerfindlichen Gründen sah sie drei Jefferys vor sich. Sie blinzelte mehrmals, was leider nichts half.
    »Otis hat mir in seinen Laberbriefen eine Menge bei gebracht. Er brachte mich auf die Idee. Ich dachte, du wärst an dem Abend mit Harper draufgekommen. Das war ein grober Patzer von mir, über chemische Reaktionen zu reden.«
    »Aber wie …« Ihre Gedanken entglitten ihr.
    »Du wusstest, dass ich an einer Highschool unterrichtet habe. Was du nicht wusstest, war, dass ich Chemielehrer war. Grundwissen. Ein Kinderspiel. Es war so unglaublich genial«, fuhr er fort. »Ich konnte sogar die Zeit bestimmen, sodass wir auf jeden Fall das Exklusivmaterial hatten. Und dann hast du, Sam, alles versaut!«
    Sie fühlte, wie sie zusammensackte. Sah das Stativ umfallen, wollte die Hände ausstrecken, um sich abzufangen, aber sie gehorchten ihr nicht.
    »Das größte Feuer von allen, und du gehst lieber mit Mama und Sohnemann zum Chinesen. Du hast mich ignoriert.« Seine Stimme klang jetzt härter, wie Stakkato-Schläge. »Eine ganze Familie ist gestorben, und ich hab den Exklusivbericht meines Lebens verpasst. Scheiße, deinetwegen musste ich
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