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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger
Autoren: Henry Rider Haggard
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ein Schein der Götter, voll auf Gudruda, die ein wenig abseits stand und ihn vom Fuß der Goldenen Fälle aus beobachtete.
    »Siehst du«, sagte Asmund zu Groa, die an seiner Seite war, »die Götter errichten ihre Bifröst-Brücke zwischen diesen beiden. Wer soll sie jetzt noch voneinander fernhalten?«
    »Deute dieses Omen so«, gab sie zurück: »Sie werden vereint sein, aber nicht hier. Dort drüben ist eine Brücke der Geisterwelt, und siehe, die Wasser des Todes schäumen und fallen zwischen ihnen.«
    Auch Erik sah das Omen und hielt es für ein gutes, und alle Furcht verließ sein Herz. Überall um ihn herum donnerten die Wasser, aber er träumte, inmitten des Getöses eine Stimme rufen zu hören:
    »Sei guter Hoffnung, Erik Hellauge; denn du sollst leben, um mächtigere Taten als diese zu vollbringen, und zur Belohnung wirst du Gudruda gewinnen.«
    So wartete er nicht länger, sondern faßte das Seil, zog mit aller Kraft daran und sprang dann zu dem Wasserbogen hinaus. Das Wasser prallte gegen ihn, und er flog davon wie ein Stein aus einer Schleuder; wieder stürzte er auf das Wasser, und wieder wurde er davongeschleudert, so daß sein Gürtel riß. Erik fühlte, wie er nachgab, und er klammerte sich heftig am Seil fest. Und siehe da, mit dem Innenschwung fiel er auf den Wolfsfang, wo nie zuvor ein Mann gestanden hatte und nie wieder ein Mann stehen wird. Erik blieb einen kurzen Moment auf dem Fels liegen, bis er wieder zu Atem gekommen war; er lauschte dem Tosen des Wassers. Dann erhob er sich auf Hände und Knie und kroch zu der Felsspitze, da er kaum stehen konnte, weil der Stein noch unter dem Stoß seines Sturzes zitterte; und als die Leute unten sahen, daß er nicht tot war, hoben sie laut ihre Stimmen, und der Lärm ihrer Rufe drang durch das Rauschen des Wassers zu ihm herüber.
    Nun lag zwölf Klafter unter ihm die Oberfläche des Sees; aber wegen der Gischtwolken konnte er sie nicht sehen. Dennoch mußte er springen, und zwar schnell, denn er fing an zu frieren. So erhob sich Erik plötzlich zu seiner vollen Größe, und mit einem lauten Schrei und einem mächtigen Satz sprang er von der Spitze des Wolfsfangs weit in die Luft, über die niederstürzenden Fluten hinaus, und flog mit dem Kopf voran dem Abgrund entgegen. Während seines Sturzes hielten die Männer, die ihm zusahen, den Atem an, und so gewaltig war der Ort und so tief der Sprung, daß Erik durch die Gischt nur wie ein großer weißer Stein auszumachen war, der zum Antlitz des Wasserbogens niederstürzte.
    Er war verschwunden. Die Zuschauer eilten zum Fuße des Sees, denn dort mußte er, wenn überhaupt, wieder aus den Tiefen auftauchen. Swanhild konnte nicht mehr hinsehen, sondern sank zu Boden. Gudrudas Gesicht war vor Zweifel und Qual steinern. Ospakar sah es, verstand die Bedeutung, und dachte bei sich: »Nun gewähre mir Odin, daß dieser Jüngling nicht mehr auftaucht, denn die Maid liebt ihn innigst, und er ist zu sehr ein Mann, um einfach beiseite getan zu werden.«
    Erik fiel in den See. Er sank tief ein, und tiefer und tiefer – denn das Wasser, das von so weit oben stürzt, muß fast den Grund des Bodens erreichen, bevor es wieder aufsteigen kann, und er mit ihm. Nun berührte er den Grund, aber nur sehr sanft, und fing langsam an, wieder aufzusteigen, und dabei wurde er von der Strömung getragen. Aber es dauerte noch lange, bevor er atmen konnte, und es kam ihm vor, als würden ihm die Lungen platzen. Doch er kämpfte sich hinauf und machte dabei mächtige Schwimmstöße mit den Beinen.
    »Erik, lebe wohl«, sagte Asmund, »er wird jetzt nicht mehr auftauchen.«
    Doch noch während er sprach, deutete Gudruda auf etwas, das weiß und golden unter der Oberfläche der Strömung aufleuchtete, und siehe da, es erhob sich Eriks helles Haar aus dem Wasser, und er holte tief Luft, schüttelte den Kopf wie ein Seehund und strebte, wenn auch nur langsam, den Untiefen am Fuße des Teiches entgegen. Nun fanden seine Füße Halt, doch er wurde von der heftigen Strömung umgerissen und schnitt sich an einem Stein die Stirn auf, und diese Narbe trug er bis zu seinem Tod. Wieder erhob er sich, und mit einem Satz erklomm er ohne Hilfe das Ufer und fiel auf den Schnee.
    Nun versammelten sich die Leute schweigend und erstaunt um ihn, denn noch nie hatten sie eine solch große Tat gesehen. Und schließlich öffnete Erik die Augen und schaute auf, und Gudrudas Blick traf den seinen, und es lag etwas darin, das ihn froh und glücklich machte,
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