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Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Titel: Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser
Autoren: Patricia A. McKillip
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wie fremd er sich dann selbst sein muß? Und er muß - er muß sich doch fragen, warum keiner von uns, die wir ihn lieben, versucht hat, ihm zu helfen.«
    Rood öffnete den Mund, doch die Antwort schien ihm auf der Zunge zu ersterben. Mit den Handballen rieb er sich die Augen.
    »Ja. Ich bin so müde. Wenn er lebt -«
    »Unser Vater wird ihn finden. Du hast gesagt, daß du Duac helfen willst.«
    »Ja. Gut. Aber - also gut.« Er ließ die Hände sinken und starrte wieder in seinen Wein. Dann schob er langsam seinen Stuhl zurück. »Wir müssen gehen; ich muß noch Bücher packen.«
    Sie folgte ihm hinaus auf die helle, lärmende Straße. Einen Moment lang war ihr, als zöge sie in einem prächtigen Wirkwerk von Farben an ihr vorbei, und sie blieb mit zusammengekniffenen Augen stehen. Rood legte eine Hand auf ihren Arm. Da sah sie, daß sie beinahe einem kleinen feierlichen Zug in den Weg getreten wäre. Eine Frau führte ihn an. Schön und hochgewachsen saß sie auf einem schwarzen Roß, das dunkle, juwelengeschmückte Haar auf dem Kopf zu einer Krone geflochten. Der leichte, weite grüne Umhang war aus einem Stoff, der wie ein Nebel um sie zu schweben schien. Sechs junge Frauen, die Rendel am Pier gesehen hatte, folgten ihr in zwei Reihen. Ihre Gewänder, die Satteldecken und die Zügel leuchteten in prächtigen, lebhaften Farben, und die Speere aus Eschenholz, die sie in den Händen trugen, waren mit Silber verziert. Eine von ihnen, die unmittelbar hinter der Morgol ritt, hatte das gleiche schwarze Haar und die gleichen klaren Gesichtszüge. Der Wache folgten acht Männer zu Fuß, die zwei mit Kupfer und Gold geschmückte Truhen trugen; nach ihnen kamen acht Schüler des Seminars, die in Rangordnung ritten: Scharlachrot, Gold, Blau und Weiß.
    Die Frau, die so gelassen durch das Menschengewimmel ritt, als befände sie sich auf freiem Feld, warf plötzlich einen Blick abwärts, als sie an dem Gasthaus vorüberkam. Unter der flüchtigen Berührung der goldenen Augen durchzuckte es Rendel - fremd und tief in ihrem Inneren - wie ein Blitz: das Erkennen einer starken Kraft.
    »Die Morgol von Herun«, flüsterte Rood neben ihr.
    Unvermittelt packte er sie beim Handgelenk und riß sie mit sich, während er so hastig hinter dem kleinen Zug herrannte, daß sie beinahe das Gleichgewicht verloren hätte.
    »Rood!« rief sie protestierend, als er sie rücksichtslos an kopfschüttelnden Gaffern vorbeizog.
    Doch er schrie selbst.
    »Tes! Tes!«
    Die zornige Rendel an der Hand holte er den rotgewandeten Gelehrten endlich ein. Tes starrte aus aufgerissenen Augen zu ihm hinunter.
    »Was hast du denn gemacht? Bist du vielleicht kopfüber in ein leeres Weinfaß gefallen?«
    »Tes, gib mir deinen Platz. Bitte.«
    Er grapschte nach den Zügeln, doch Tes riß sie ihm weg.
    »Hör auf. Willst du, daß wir aus dem Tritt kommen? Rood, bist du betrunken?«
    »Nein. Ich schwöre es. Ich bin so nüchtern wie ein Toter. Sie bringt Iffs Bücher; du kannst sie jederzeit sehen, aber ich fahre heute abend nach Hause -«
    »Du - was?«
    »Ich muß fort. Bitte!«
    »Rood«, sagte Tes hilflos, »ich würde es ja gern tun, aber ist dir klar, wie du aussiehst?«
    »Tausch mit mir. Tes. Bitte.«
    Tes seufzte. Mit einem Ruck hielt er an, so daß die Reihe der Reiter hinter ihm durcheinandergeriet, glitt von seinem Pferd und riß mit fliegenden Fingern an den Knöpfen seines Gewandes. Rood zog sich sein eigenes Gewand über den Kopf und schlüpfte in das von Tes, während die Reiter hinten spöttische Bemerkungen über seine Beteuerungen absoluter Nüchternheit machten. Er sprang auf Tes’ Pferd und streckte die Arme nach Rendel aus.
    »Rood, mein Pferd -«
    »Tes kann es hinaufreiten. Es ist der Braune da hinten am Gasthaus; auf der Satteldecke sind ihre Initialen. Komm herauf -«
    Sie stellte ihren Fuß auf den seinen, der im Steigbügel hing, und er zog sie unsanft vor sich in den Sattel, während er gleichzeitig das Pferd antrieb, um die Eskorte wieder einzuholen.
    »Danke, Tes!« schrie er zurück.
    Rendel hockte schweigend, mit zusammengebissenen Zähnen, auf der harten Kante des Sattels. Erst als Rood sich mit den Reitern, die ihm folgten, wieder in den Zug eingereiht hatte, setzte sie sich etwas bequemer und sagte: »Bist du dir eigentlich im klaren darüber, wie lächerlich das gewirkt haben muß?«
    »Und weißt du, was wir gleich zu sehen bekommen werden? Persönliche Bücher des Zauberers Iff. Die Morgol selbst hat sie geöffnet. Sie schenkt
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