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Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Titel: Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser
Autoren: Patricia A. McKillip
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zusammenraffte, die andere Faust ballte und zum Schlag ausholte. Da schwang sie eine Weinkaraffe hoch, die aufgehoben zu haben sie sich gar nicht erinnern konnte, und ließ sie auf den Kopf des bulligen Mannes niedersausen.
    Darauf ließ er Rood los und ging in einem Scherbenhagel weinübergossen zu Boden. Entsetzt starrte sie zu ihm hinunter. Dann sah sie Rood an, der sie aus aufgerissenen Augen anblickte.
    Die Stille, die von ihm ausging, breitete sich nun auch im Wirtshaus aus, bis nur noch hier und dort vereinzelte Privatscharmützel geschlagen wurden. Mit Überraschung sah sie, daß er völlig nüchtern war. Von überall her im Schankraum wandten sich ihr schlachttrunkene Gesichter zu. Der Wirt, der zwei Köpfe gepackt hielt, die er gerade zusammenschlagen wollte, gaffte sie offenen Mundes an, und er erinnerte sie an die toten, erstaunten Fische in den Marktständen. Sie ließ den Hals der Karaffe fallen; das Klirren klang dünn in der Stille.
    Heiße Röte stieg ihr ins Gesicht, und sie sagte zu dem starr dastehenden Rood: »Verzeih. Ich wollte nicht stören. Aber ich habe dich überall in Caithnard gesucht und ich konnte nicht zulassen, daß er dich niederschlägt, weil ich mit dir sprechen muß.«
    Zu ihrer Erleichterung kam endlich wieder Leben in ihn. Er drehte sich um, schwankte flüchtig, fing sich und sagte dann zum Wirt: »Schickt die Rechnung an meinen Vater.«
    Dann sprang er von der Veranda, hielt sich an Rendels Pferd fest und drückte sein Gesicht einen Moment lang gegen den Wallach. Nach einer Weile hob er den Kopf und zwinkerte.
    »Du bist noch hier. Ich wußte doch, daß ich nicht getrunken habe. Was, in Hels Namen, tust du hier, mitten unter den toten Fischen?«
    »Was, in Hels Namen, glaubst du wohl, das ich hier tue?« gab sie scharf zurück. All der Schmerz, die Verwirrung und die Angst, die sie empfand, brachen jetzt aus ihr hervor. »Ich brauche dich.«
    Er richtete sich auf, legte einen Arm um ihre Schulter und drückte sie fest an sich. Zu dem Kapitän, der nur stumm den Kopf schüttelte, sagte er: »Ich danke Euch. Würdet Ihr jemanden zur Schule schicken, um meine Sachen zu holen?«
    Bri Corvett hob den Kopf. »Alles, Herr?«
    »Alles. Jedes tote Wort und jeden getrockneten Weinfleck im Zimmer. Alles.«
    Er führte Rendel in ein ruhiges Gasthaus im Herzen der Stadt. Als sie einander bei einer Karaffe Wein gegenübersaßen, blieb er lange stumm und sah sie, die Hände über seinem Becher zu einem Dach zusammengelegt, nur an.
    Schließlich murmelte er leise: »Ich glaube nicht, daß er tot ist.«
    »Was glaubst du dann? Daß er einfach um seinen Verstand gebracht wurde und die Landherrschaft verloren hat? Das ist ein tröstlicher Gedanke. Ist das der Grund, weshalb du das Gasthaus dort zu Kleinholz machen wolltest?«
    Er senkte den Blick. »Nein.« Dann schob er seine Hand über den Tisch und legte sie auf ihren Arm. Ihre Finger, die das kühle Metall des Bechers umschlossen, lockerten sich und sanken herab.
    »Rood«, flüsterte sie, »das ist das Entsetzliche, das mir einfach nicht aus dem Kopf will. Während ich wartete, während wir alle warteten, sicher und wohlbehalten, und dachten, er wäre beim Erhabenen, war er mutterseelenallein mit jemandem, der seinen Geist zerpflückte, wie man eine Blume zerpflückt. Und der Erhabene tat nichts.«
    »Ich weiß. Einer der Händler brachte gestern die Nachricht zur Schule hinauf. Die Meister waren wie vom Donner gerührt. Morgon grub ein solches Natternnest von Rätseln aus und starb dann höchst ungelegen, ohne sie gelöst zu haben. Womit ihnen das ganze Problem auf die Schwelle gelegt wurde, da ja die Schule dazu da ist, das Lösbare zu lösen. Die Meister sehen sich jetzt mit ihren eigenen Lehrsätzen konfrontiert. Dieses Rätsel ist im wahrsten Sinne des Wortes tödlich, und sie begannen, sich zu fragen, wieviel ihnen genau daran liegt, die Wahrheit zu erfahren.« Er trank einen Schluck von seinem Wein und sah sie dann wieder an. »Weißt du, was geschehen ist?«
    »Was?«
    »Acht alte Großmeister und neun Meister stritten die ganze Nacht darum, wer zum Erlenstern-Berg reisen würde, um mit dem Erhabenen zu sprechen. Jeder einzelne von ihnen wollte es tun.«
    Sie berührte den zerrissenen Ärmel seines Gewandes.
    »Du bist ein Meister.«
    »Nein. Ich habe Großmeister Tel gestern gesagt, daß ich fortgehe. Danach - danach bin ich zum Strand hinuntergegangen und habe dort die ganze Nacht gesessen, ohne irgend etwas zu tun. Nicht einmal
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