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Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)

Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)

Titel: Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)
Autoren: Kendra Leigh Castle
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hatte auch nicht geschadet. Bei der Erinnerung daran musste sie lächeln, obwohl die Situation außerordentlich beängstigend gewesen war. Nur Jaden würde sogar in solch einem Moment noch die Etikette beachten.
    Meine Güte, sie liebte ihn! Und das hätte sie ihm auch längst gesagt, wenn er nicht auf dem ganzen Weg nach Silver Falls so damit beschäftigt gewesen wäre, entweder Pläne für die Ausrottung sämtlicher Ptolemy zu schmieden oder das Sonnenlicht zu bestaunen. Es war ein kostbares Geschenk gewesen, miterleben zu dürfen, wie er zum ersten Mal seit Jahrhunderten die Sonne auf seiner Haut gespürt hatte.
    Das Gedicht hatte recht behalten, auch wenn sie ihm das erst wieder hatte ins Gedächtnis rufen müssen.
Tag und Nacht gehören nun ihnen.
Sie hatte von ihm das ewige Leben erhalten. Er von ihr die Fähigkeit, im hellen Sonnenlicht umherzuspazieren.
    Jetzt waren sie aufeinander angewiesen, denn beide waren sie nun offiziell abartige Wesen, selbst gemessen an den Standards der Welt der Nacht. Trotzdem hätte sie nicht glücklicher sein können.
    »Alles okay mit dir?«, fragte Lyra, nachdem sie Eric den Knebel aus dem Mund gezogen hatte. Wachsam behielt er sie im Auge, während er sich streckte und seine steifen Muskeln bewegte.
    »Ja. Ich bin mir vorgekommen wie ein Paket im Lagerraum. Immerhin ist es ruhig, und ich stecke nicht in so einem verdammten Halsband. Tagsüber war es halbwegs erträglich. Die Nächte waren …« Er sprach den Satz nicht zu Ende, schüttelte nur den Kopf. »Hast du Simon umgebracht?«
    »Ja. Das heißt, Jaden hat es getan.«
    »Gut«, erwiderte er und erhob sich. Lyra wurde bewusst, dass sie ihren Cousin eigentlich überhaupt nicht kannte. Die ganzen Jahre hatte sie ihm all die schlimmen Dinge zugetraut, die vermutlich – wenn überhaupt – nur auf Simon zutrafen und auf sonst niemanden im Rudel. Bei dem Gedanken an Simon wurde ihr schlecht, und wenn sie daran dachte, wie lange er sie hintergangen hatte, wurde ihr gleich noch schlechter. Aber sie wusste, eines Tages würde sie auch trauern können, und sei es nur um den idealistischen Träumer, der er als Kind gewesen war.
    »Ich nehme alles zurück, was ich über deinen Freund gesagt habe«, fuhr Eric fort. »Ich musste die Ptolemy nur ein paar Nächte lang ertragen. Und er, zweihundert Jahre? Da kann ich drauf verzichten.« Er schwieg und wandte den Blick ab. »Ich habe mich geirrt«, sagte er schließlich. »Ich war blind. Es war falsch zu glauben, du hättest kein Recht, hier zu sein.«
    Das war ein beeindruckendes Eingeständnis, und Lyra hatte das Gefühl, ihm etwas Entsprechendes zurückgeben zu müssen.
    »Und ich … möchte mich entschuldigen. Für all die schrecklichen Dinge, die ich über dich gesagt habe.« Er sah sie durchdringend an, als glaubte er, sie nicht richtig verstanden zu haben. Sie nickte. »Ich habe Simon den ganzen Mist, den er über dich erzählt hat, einfach abgekauft, dabei kannte ich dich so gut wie gar nicht. Da habe ich einen großen Fehler gemacht. Vielleicht könnten wir beide ganz gut miteinander auskommen. Vielleicht auch nicht, aber auf jeden Fall will ich das wiedergutmachen, Eric, wenn ich kann. Wenn du mich lässt. Schließlich sind wir miteinander verwandt. Ich würde gern den Mann kennenlernen, der mein Cousin ist, nicht einfach nur mein Rivale.«
    Sein überraschter Blick und die vorsichtige Freude, die sich auf seinem Gesicht zeigte, bestätigten ihr, dass sie das Richtige getan hatte. Er würde vielleicht nie so ganz ihr Fall sein … andererseits war er trotz seiner zur Schau getragenen Rechtschaffenheit vielleicht gar nicht so übel. Zumindest hatte sie jetzt die Möglichkeit, das herauszufinden.
    »Das würde mir gefallen«, erwiderte er. »Ich glaube, nach allem, was passiert ist … muss ich ein paar Dinge neu bewerten. Ich hoffe, du kommst zu uns zurück, Lyra.«
    Lyra musste feststellen, dass sie darauf noch keine Antwort wusste.
    »Das wird sich zeigen«, sagte sie. »Komm. Jaden ist oben und sucht nach Arsinöe.«
    »Die wird er nicht finden.« Eric ging hinter ihr die Treppe zur Küche hinauf. »Die Frau wird gut beschützt. Tagsüber war sie nie in der Stadt. Die anderen auch nicht. Simon hat schwer damit angegeben, dass er eine große Dynastie an Land gezogen hat, die dem Rudel auf die Sprünge helfen wird. Ich glaube, das Rudel war davon nicht sonderlich begeistert. Und von ihm auch nicht. Er wurde total seltsam, nachdem du … nachdem ich …«
    Lyra zog eine
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