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ePub: Drachenhaut (German Edition)

ePub: Drachenhaut (German Edition)

Titel: ePub: Drachenhaut (German Edition)
Autoren: Frances G. Hill
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stachen.
    Der Magush und der Astrologus waren zu einem Ergebnis gelangt, das sie im Duett flüsternd dem König mitteilten. Der Shâya lauschte und seine Miene verfinsterte sich noch weiter. »Genug«, rief er schließlich laut und sprang so unvermitteltauf, dass der Magush zurückprallte und den Astrologus mit sich nahm. Astrolabien und Bücher klirrten und polterten die Stufen hinab. »Aspantaman, geleite den Prinzen in seine Gemächer und sorge dafür, dass er von niemandem gestört wird.«
    Der Weiße Obersteunuch verneigte sich so tief, dass sein Kopf seine Knie berührte, und griff nach des Prinzen Ellbogen. Der Junge erhob sich, verneigte sich gefasst vor seines Vaters Thron und folgte seinem Erzieher. Die Hofbeamten wichen beiseite, und ihre Blicke wanderten hinter dem Prinzen her, während er mit hoch erhobenem Kopf und herausgedrückter Brust den Saal durchquerte.
    Das Flüstern und Wispern der Höflinge verstummte, als nun der Shâya erneut seine Stimme erhob. »Geht nun alle an eure Arbeit zurück«, befahl er. »Diesen Vorfall werdet ihr aus eurem Gedächtnis entfernen. Es ist nichts geschehen. Huzvak (der Magush neigte den Kopf) und Jalbhai (der Astrologus zog die Brauen zusammen und schaute wichtig drein) haben mir versichert, dass der Fluch Des Naga wirkungslos war, weil er zum falschen astrologischen Zeitpunkt und mit einer unwirksamen Geste ausgeführt wurde. Der Prinz ist wohlauf und unversehrt.«
    Die Ansprache des Shâyas verfehlte ihre Wirkung zwar ganz und gar, aber die Hofbeamten gaben sich den Anschein, seinen Worten Glauben zu schenken, sie nickten und lächelten erleichtert, murmelten Segensworte und verließen den Saal.
    Zurück blieben der König und seine engsten Berater, die stumm und bedenklich Blicke tauschten. Endlich räusperte sich Kerfegar, der Wesir, der bis dahin schweigend hinter dem Thron gestanden und alles scharf beobachtet hatte.
    »Darf ich sprechen?«, fragte er.
    Der König winkte nur auffordernd mit der Hand, zu aufgewühlt, um etwas zu sagen.
    »Wir sollten die Patin des Prinzen zurate ziehen.«
    Der Hofmagush und der Astrologus begannen gleichzeitig zu protestieren, verstummten aber eilig, als ein Blick des Shâyas sie traf.
    »Fahre fort«, bedeutete der König seinem Wesir.
    Kerfegar legte die Hände ineinander und deutete eine Verneigung an. »Die Fürstin zeigte in all den Jahren große Anteilnahme am Wohlergehen des Prinzen«, sagte er. »Sie schickt zu jedem Festtag einen Boten mit Geschenken und einer Grußbotschaft. Auch wenn sie nicht selbst erscheint ‒ was sicherlich daran liegt, dass die Peri Banu sich in anderen Sphären aufzuhalten pflegt als wir Sterblichen ‒, so hat sie sich doch immer gütig und herzlich gegen den Prinzen gezeigt. Es dürfte ihr nicht gleichgültig sein, dass der Schlangengott Amayyas mit einem Fluch ...«
    Er verschluckte den Rest des Satzes, weil der König gebieterisch die Hand hob. »Mein Sohn wurde nicht verflucht«, sagte er grollend. »Niemand verflucht ungestraft den Sohn des Faridun.«
    Der Wesir verneigte sich ergeben. »Aber«, wagte er einzuwenden, »selbst wenn dem so ist, was die Götter geben mögen ‒ was kann es schaden, die Patin des Prinzen um vorsorglichen Rat zu bitten?«
    Der König versank in Grübeln. Huzvak und Jalbhai, der Magush und der Astrologus, warfen dem Wesir böse Blicke zu.
    »Gut«, sagte Shâya Faridun schließlich und klatschte in die Hände. »Ich denke, dein Rat birgt keine Gefahr und kann möglicherweise hilfreich sein. Sende also nach der Peri Banu und lade sie vor meinen Thron.«
    Der Wesir räusperte sich angelegentlich. »Um Vergebung, Großedler«, wagte er einzuwenden, »aber die Fürstin lässt sich nicht einfach so herbeizitieren. Es ist unumgänglich, ihr eine förmlich verfasste, persönlich unterzeichnete Einladung zukommen zu lassen, die in aller Höflichkeit darum bittet ...« Er verstummte, weil das Antlitz seines Herrn sich dunkel zu verfärben begann. »Ich werde also nach ihr senden«, sagte der Wesir hastig und verneigte sich tief.
    Der junge Prinz stand derweil in seinem Schlafgemach am Fenster und blickte sehnsüchtig hinaus in den Orangenhain, der diesen Teil des Serails vom Palastgarten trennte. Die hellen Spitzen des seidenen Festzeltes waren über den Wipfeln der Bäume zu erkennen, und Amayyas glaubte, fröhlichen Lärm, Lachen und das Pfeifen, Trommeln und Fiedeln der königlichen Musiker vernehmen zu können. Und ‒ er schnupperte mit geblähten Nasenflügeln ‒
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