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ePub: Drachenhaut (German Edition)

ePub: Drachenhaut (German Edition)

Titel: ePub: Drachenhaut (German Edition)
Autoren: Frances G. Hill
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roch es nicht gar köstlich nach gebratenem, mit Nüssen und Sesam gefülltem Lamm, gesottenen Fischlein, gebackenen Kichererbsenbällchen, köstlicher, dicker Joghurttunke, süßem Konfekt und Marzipan? Er wandte sich seufzend vom Fenster ab und warf sich auf den breiten, weichen Diwan, von wo er mit aufgestütztem Kinn trübsinnig auf den kostbaren Teppich hinunterstarrte.
    Die seidenen Vorhänge bewegten sich sacht im Wind, der just in dem Moment aufkam. Sie blähten sich stärker und wehten ins Zimmer, nahmen dem Jungen für einen Augenblick die Sicht, ein melodisches Singen lag für Sekunden in der Luft ‒ und da stand eine große, schöne Frauensperson in seinem Schlafgemach und sah ihn aus dunklen Augen liebevoll an.
    »Mein Patenkind«, sagte sie mit süßer, klingender Stimme und reichte ihm die weiße Hand. »Ich bin hier, um zu sehen, was ich für dich tun kann.«
    Der Prinz bemerkte, dass er den Mund aufgeklappt hatte und glotzte wie ein Eseltreiber. Er schloss den Mund und senkte wohlerzogen die Lider. »Du bist meine Tante, die Peri Banu?«, fragte er.
    Die Feenfürstin bejahte und setzte sich zu ihm auf den Diwan. Sie nahm seine Hand und betrachtete eingehend Finger und Handfläche, wobei sie den Kopf wiegte. »Er hat einen wohlgesponnenen Fluch über dich gelegt«, sagte sie. »Ich kann ihn nicht lösen. Das habe ich befürchtet.«
    Der Prinz sah sie bittend an. »Mein Vater wollte zur Feier meines Geburtstages morgen mit mir in die Wüste auf die Drachenjagd gehen«, sagte er. »Ich habe mich so sehr darauf gefreut, meinen ersten Drachen zu erlegen. Sag, Tante, ich kann doch mit der Jagdgesellschaft reiten?«
    Die Peri Banu erwiderte seinen Blick. »So jung du bist, liebst du es schon, zu jagen und zu töten?«
    Amayyas richtete sich stolz auf. »Ich bin ein guter Jäger, mein Vater ist stolz auf mich. Drachenjagd ist die hohe Kunst, die einem zukünftigen Herrscher wohl ansteht.«
    »Du gleichst wahrlich deinem Vater«, sagte die Peri Banu lächelnd. »Er ist ein grausamer und harter König. Willst du es ihm gleichtun?«
    Der Prinz hielt ihrem Blick stand. »Ein guter Herrscher muss Härte zeigen«, erwiderte er. »Das Volk soll sich darauf verlassen können, dass es mit fester und sicherer Hand regiert wird.«
    »Und Grausamkeit?«, fragte die Peri Banu. Sie sah fasziniert aus. »Gehört auch sie zu den Qualitäten eines guten Herrschers?«
    Der Junge schwieg und dachte nach. »Ja«, sagte er endlich. »Die Feinde des Königs müssen wissen, dass er ihnen mit Kraft, Entschiedenheit und Härte entgegenzutreten weiß. Das mögen Schwächere dann Grausamkeit nennen.«
    Die Feenfürstin spitzte die Lippen. »Du wirst ein großer König. Oder, besser gesagt, du würdest es werden, wenn der Fluch von dir genommen wäre.« Sie legte die Hand an die Wange und neigte nachdenklich den Kopf. »Dein junger Erzieher, Aspantaman. Ist auch er der Meinung, dass Härte das wichtigste Merkmal eines guten Königs sein sollte?«
    Der junge Prinz lachte verächtlich auf. »Aspantaman. Er ist doch kein richtiger Mann, Tante!«
    Sie lächelte und tätschelte ihm den Kopf. Er drehte sich unwillig weg. »Wie fühlst du dich jetzt?«, fragte die Fee.
    »Ich fühle mich ganz so wie immer.«
    Die Peri Banu sah ihn unverwandt an. »Kannst du mir den Wortlaut des Fluches sagen?«
    Der Junge runzelte die Stirn und wiederholte stockend, aber ohne Verdrehungen und Auslassungen die Worte Des Naga.
    Die Peri Banu entließ ihn nicht aus ihrem Blick. Ihre Augen waren so schwarz wie die tiefe Nacht, und kleine Silberfunken tanzten darin. »Darum spürst du die Wirkung des Fluches noch nicht«, sagte sie, als der Junge endete. »Es ist der Mond, der den Zauber in Gang setzt. Heute ist die Nacht des Dunkelmondes, morgen wird die schmale Sichel der Jungfrau am Himmel zu sehen sein. Und je mehr der Mond sich rundet, desto stärker wirst du die Wirkung des Fluches verspüren. Mein Patenkind, Sohn meiner allerliebsten Freundin, du wirst Kraft, Mut und Standhaftigkeit brauchen.« Sie berührte mit ihren kühlen Fingern dieStirn und Schläfe des Jungen. »Es gibt nichts, was ich für dich tun könnte, zumindest nicht im Augenblick.«
    Der Prinz regte sich unbehaglich unter der Berührung. »Was hat er damit gemeint, dass die Dunkle Nacht den Fluch von mir nimmt? Dass ich erst sterben muss, ehe der Fluch weicht?«
    Die Peri Banu kniff mit unbehaglicher Miene die Lippen zusammen. Sie setzte zu einer Antwort an, schüttelte dann den Kopf. Der
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