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ePub: Drachenhaut (German Edition)

ePub: Drachenhaut (German Edition)

Titel: ePub: Drachenhaut (German Edition)
Autoren: Frances G. Hill
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Leben war, und damit war für sie alles in Ordnung. Sie hatte ein Kind, für das sie sorgen und um das sie sich kümmern konnte, und das war alles, was sie wollte.Lilya zuckte die Achseln und fühlte eine unerklärliche Erleichterung. Nun konnte sie zurückkehren, und nichts war für sie in diesem Haus mehr ungesagt oder ungetan.
    Nichts.
    Außer ...
    Kurz entschlossen kehrte sie um und stieg die Treppe hinauf. Sie erklomm die Stufen, bis die Treppe endete, und öffnete die Tür zum obersten Geschoss. Hier waren die Gemächer und die Arbeitszimmer des Begs, und falls er im Haus weilte (worauf das Teleskop auf dem Dach schließen ließ), dann würde sie ihn um diese Tageszeit hier antreffen.
    Sie durchquerte den kahlen Gang, der zu Kobads Arbeitszimmer führte, und klopfte an die Tür. Nach einer Weile ertönte von drinnen eine ungeduldige Antwort.
    Lilya schob die Tür auf und trat ein. Kobad stand mit dem Rücken zu ihr an dem langen Holztisch. Er stützte sich mit beiden Händen auf die Platte und blickte auf ein großes Buch nieder.
    Lilya stieß den angehaltenen Atem aus. »Kobad«, sagte sie.
    »Was denn? Ihr wisst doch, dass ihr mich nicht stören sollt«, rief der Beg ungehalten aus. Er schob mit einer Handbewegung das Buch beiseite und drehte sich um. Er erstarrte, seine Augen weiteten sich und er griff Halt suchend nach dem Tisch. »Wer bist du?«, sagte er heiser. »Ein Daeva?«
    Lilya trat näher und sah ihn dabei fest an. »Ich bin es, das weißt du ganz genau«, erwiderte sie. »Ich bin gekommen, um ein letztes Mal mit dir zu sprechen.«
    Er leckte sich fahrig über die Lippen. Sein Blick flackerte überihre Gestalt und von ihr weg, als wagte er es nicht, sie genauer anzusehen. »Warum?«, fragte er.
    Das war eine gute Frage, die Lilya sich im gleichen Augenblick auch stellte. Was hatte sie getrieben, hier herauf zu kommen und ihren falschen Großvater zu besuchen?
    »Ich will eine Antwort«, sagte sie zu ihrer eigenen Überraschung. »Du hast mich benutzt und versucht, mich zu töten, Kobad. Ich will wissen, ob du auch meine Eltern getötet hast.« Sie erkannte ihre eigene Stimme nicht, so kalt und erbarmungslos klang sie.
    Der Beg wich unwillkürlich zurück, wurde aber von dem Tisch aufgehalten. »Du bist ein Geist«, sagte er.
    Lilya machte einen Schritt auf ihn zu und gab ihm in aller Ruhe eine schallende Ohrfeige. »Nein«, erwiderte sie.
    Er hob die Hand an die Wange. »Dann bist du eine Fälschung. Eine Betrügerin. Ich sehe die alberne Bemalung, aber darunter verbirgt sich nichts. Meine geliebte, tote Enkelin hatte Male auf der Haut, das arme Kind.«
    Lilya spürte, wie heißer Zorn in ihr aufwallte. Sie bleckte die Zähne zu einem humorlosen Grinsen. Der Beg wurde blass.
    »Deine geliebte, tote Enkelin«, äffte sie ihn nach. »Kobad, du bist ein gewissenloser Mörder. Aber ich lasse dich dein schmutziges Leben weiterleben, wenn du mir die Wahrheit sagst: Hast du auch meine Eltern auf dem Gewissen?«
    Der Beg schien sich langsam zu fassen. Er verschränkte die Arme und zog die Brauen hoch. »Was bildest du dir ein, du Bettelkind!«, sagte er schroff.
    Lilya legte den Kopf in den Nacken und lachte. »Du alter Narr«, erwiderte sie nicht minder scharf. »Du bist es, der sicheinbildet, er könne mich weiter behandeln, wie er mich mein ganzes Leben lang behandelt hat. Ich bin kein unwissendes, hilfloses Kind mehr, Kobad. Ich bin ein ...« Sie stockte. Der Beg stand vor ihr, in der Haltung und mit der Miene höchster Arroganz und Herablassung, und sein Blick und seine Geste waren starr wie die eines steinernen Bildnisses.
    Lilya seufzte. »Also gut«, sagte sie. »Was hast du mir jetzt wieder Kluges zu sagen?«
    »Ich war zu schnell«, erwiderte Der Naga. »Eigentlich wollte ich das Ende deines Satzes noch hören.«
    Lilya drehte sich zu ihm um. Er hockte auf einer Truhe, hatte die Arme verschränkt und sah sie mit amüsierter, neugieriger Miene an. »Großvater«, sagte sie geduldig. »Du mischst dich auf unverzeihliche Art und Weise ständig in mein Leben ein. Kannst du das nicht bleiben lassen?«
    Sein Blick flackerte kurz. Er schien sich über ihre Anrede zu freuen. »Liebes Kind«, gab er zurück, »noch scheinst du ein wenig unentschlossen zu sein, was dein Leben betrifft. Du hast den ersten Schritt ja schon getan. Vielleicht kann ich dir für den endgültigen Sprung Hilfestellung leisten.«
    »Nein«, sagte Lilya energisch. »Ich denke, ich komme sehr gut alleine zurecht. Aber ‒ danke für
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