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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und Ansehen in einer Welt wie Enwor galten, erniedrigen. Sie hatte etwas anderes getan, etwas, das schlimmer war. Sie hatte ihn verkrüppelt, ihm den Glauben an das letzte Ideal, das ihm das Leben gelassen hatte, genommen, hatte ihn dazu gebracht, das Ungeheuer, das in ihm schlummerte, gegen den einzigen Menschen zu hetzen, der ihm jemals wirklich etwas bedeutet hatte.
    »Ich glaube nicht, daß du meinen Preis bezahlen kannst«, sagte er schließlich. »Wir Satai sind teuer, weißt du?«
    »Dann schließen wir einen Handel — du bringst mich zu ihr, und ich helfe dir, Del zu befreien.«
    Skar schüttelte den Kopf. »Es geht nicht mehr darum, Gowenna«, sagte er sanft. »Vertrauen. Das Wort heißt Vertrauen.« Gowenna ließ den brennenden Zweig sinken. Die Flamme erlosch mit leisem Zischen, und für einen Moment wurde es still, ganz still, als hätte selbst der unermüdlich tobende Sturm für einen Augenblick innegehalten. Die Dunkelheit schien sich um sie herum zu verdichten; ein Mantel aus Schweigen und Schwärze, der sie zu ersticken drohte. Skar spürte, daß seine Worte sie getroffen, schmerzhaft getroffen hatten, härter und vielleicht brutaler als die Schläge, die er ihr versetzt hatte. Sie hatte all das, was er mit diesen fünf Worten ausgedrückt hatte, bereits selbst begriffen. Sie hatte zwei Tage Zeit gehabt, zu überlegen, und was immer er zu ihr sagen würde — sie war intelligent genug, es schon im voraus zu wissen. Er hatte nur das Messer in der Wunde herumgedreht. »Gut«, murmelte sie nach einer Weile. »Was willst du wissen?« Skar schüttelte erneut den Kopf. »Eine Menge, Gowenna, aber nicht auf diesem Weg. Ich will dir nicht weh tun, aber —«
    »Du brauchst keine Rücksicht auf mich zu nehmen, Satai«, unterbrach ihn Gowenna. Ihre Stimme klang plötzlich verändert: ruhiger, noch immer schrill und mühsam, aber auch gleichzeitig von einer Entschlossenheit erfüllt, die ihn aufhorchen ließ. »Ich weiß, was du sagen willst. Ich habe dich belogen und getäuscht, so wie es Vela mit mir getan hat, und ich habe so wenig Recht, Vertrauen von dir zu verlangen, wie sie es umgekehrt von mir hätte. Ich kann dich nur bitten. Frage mich, und ich werde dir antworten.«
    »Du begreifst noch immer nicht, Gowenna«, erwiderte Skar.
    »Was du mir anbietest, ist kein Vertrauen. Du vertraust mir, solange du es mußt, nicht? Im Moment brauchst du mich, vielleicht auch nur mein Schwert.«
    Gowenna sog scharf die Luft ein und setzte dazu an, etwas zu erwidern, aber Skar sprach schnell und mit erhobener Stimme weiter: »Ich weiß nichts von dir, Gowenna, gar nichts. Ich weiß nicht, wer du bist und wo du herkommst, ich weiß nichts über deine beiden Begleiter, ich weiß nichts über Vela. Ich weiß nicht einmal, was dieser verdammte Stein in Wirklichkeit ist.«
    »Aber ich bin bereit, dir diese Fragen zu beantworten!«
    »Jetzt, ja. Jetzt, wo du mich brauchst. Aber das ist es nicht, was ich wollte. Du hast mich nicht verstanden, Gowenna. Der Preis eines Satai ist hoch, doch er ist nicht unbedingt in Gold zu messen. Was ich verlange, ist Ehrlichkeit.«
    »Und wie hoch«, fragte Gowenna nach einer Weile, »ist der Preis einer
Errish,
Skar?«
    Skar war für einen Moment verwirrt. »Wie ... meinst du das?«
    »So wie ich es sage, Satai. Wie hoch ist der Preis einer
Errish?
Du hast mich einmal als schwertschwingende Amazone bezeichnet, und ich habe dich in dem Glauben gelassen, wirklich nicht mehr zu sein, aber das stimmt nicht.«
    »Du —«
    »Ich habe niemals die Ehrenweihe aus der Hand der Großen Mutter empfangen, wenn es das ist, was du wissen willst«, fuhr Gowenna fort. »Aber das macht keinen Unterschied. Nicht wirklich. Ich weiß alles, was auch Vela weiß, alles, was eine
Errish
weiß, und vielleicht mehr. Wie würdest du einen Mann bezeichnen, der zehn Jahre an deiner Seite geritten ist und dem du alles beigebracht hast, was du weißt, Skar? Wie würdest du«, fügte sie hinzu, als sie Skars Zögern bemerkte,
»Del
bezeichnen, wäre er, wie er ist, ohne jemals der Kaste der Satai beigetreten zu sein? Er wäre noch immer Satai.«
    »Nun«, sagte Skar unsicher, »äußerlich sicher nicht, aber —«
    »Ich rede nicht von
Äußerlichkeiten,
Skar«, fiel ihm Gowenna ins Wort. »Sieh mich an. Sieh dir mein Gesicht an. Es ist zerstört, und es wird nie wieder so werden, wie es war. Bin ich deshalb weniger Frau als zuvor?«
    Skar schwieg betroffen. Die Art, in der Gowenna sprach, war unfair, aber vielleicht
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