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Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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die ihn einmal glauben ließ, sich durch einen niedrigen Stollen zu bewegen, während sich das Echo ihrer Schritte Augenblicke später wieder irgendwo in der Unendlichkeit verlor oder plötzlich von einer nicht existierenden Wand genau vor ihnen zurückgeworfen wurde. Schließlich gab er auf.
    Das Geräusch des Flusses wurde nun ständig lauter und steigerte sich schließlich zu einem gewaltigen Brüllen und Tosen, das nach und nach alle anderen Laute übertönte und eine Unterhaltung unmöglich werden ließ. Es wurde kalt, sehr kalt, und nach einer Weile ritten sie durch einen eisigen, feinen Sprühregen, der sie in wenigen Augenblicken bis auf die Haut durchnäßte. Der Fluß konnte nicht mehr weit sein.
    Trotzdem schien es Skar, als wären Stunden vergangen, ehe die Dunkelheit endlich wich und vor ihnen der rötliche, flackernde Schein brennender Teerfackeln auftauchte.
    »Wir sind da«, sagte Seshar. Er hielt an, stieg aus dem Sattel und führte sein Pferd die letzten Meter am Zügel. Skar sah jetzt, daß sie die ganze Zeit durch einen hohen, gewölbten Tunnel geritten waren. Der Boden war sonderbar eben und wirkte an vielen Stellen wie poliert, und entlang der Wände waren… seltsame Dinge. Der trübe Schein der Fackeln reichte nicht weit genug in den Stollen hinein, um Einzelheiten erkennen zu können, aber es schien ihm, als entzöge sich das, was immer dort an den Felswänden war, auf geheimnisvolle Weise seinen Blicken. Es war jedenfalls kein Stein. Nichts, was er kannte.
    Er wandte sich schaudernd ab und beeilte sich, hinter Seshar und Del den Tunnel zu verlassen. Vielleicht war es manchmal besser, nicht alles zu wissen.
    Vor ihnen lag der Fluß. Das Licht reichte nicht aus, um sein gegenüberliegendes Ufer erkennen zu können, aber er mußte gewaltig sein. Der Fels unter seinen Füßen bebte, und das Wasser schoß mit so ungeheurer Geschwindigkeit vorüber, daß Skar keine einzelnen Wellen ausmachen konnte, sondern nur eine fließende, glitzernde Masse: Ein formloses schwarzes Ding schoß vorüber und verschwand in der Dunkelheit, ehe er erkennen konnte, was es war.
    Del berührte ihn an der Schulter und deutete auf das Floß, das wenige Schritte flußabwärts auf dem Wasser schaukelte. »Dieser Irre glaubt doch wohl nicht, daß ich nur einen Fuß auf dieses Ding setze!« brüllte er über das Tosen der Wellen hinweg.
    »Du wirst es müssen!« schrie Skar zurück. »Ich glaube kaum, daß du den Rückweg allein finden würdest!« Aber ihm war selbst nicht sehr wohl bei dem Gedanken, sich dem Fluß anzuvertrauen. Das Floß sah stabil aus — ein mehr als zehn Meter langes Rechteck aus drei Lagen sorgfältig übereinandergeschichteter Baumstämme —, aber die gewaltige Strömung würde es trotzdem wie ein Spielzeug hin und her werfen und am geringsten Hindernis zerbersten lassen. Er überlegte einen Moment, wie es Seshar wohl gelungen sein mochte, das Fahrzeug hier herunterzubringen, und schob den Gedanken dann mit einem Achselzucken beiseite. Nach allen Rätseln und Geheimnissen, auf die sie bisher gestoßen waren, interessierte ihn diese Frage kaum noch.
    Er warf Del einen aufmunternden Blick zu und ging mit raschen Schritten auf das Floß zu. Das Heck des Fahrzeuges war mit Kisten und bauchigen, hölzernen Fässern beladen, die sorgsam mit Stricken und ledernen Riemen vertäut waren, und als er näher kam, erkannte er eine Anzahl schwerer Eisenringe, die offensichtlich zum Befestigen weiteren Frachgutes dienten.
    Er blieb stehen und sah sich neugierig um. Das Floß lag in einer winzigen Bucht, so daß es nicht von der vollen Wucht der Strömung getroffen werden konnte. An der Wand neben ihm hingen zwei eiserne Fackelständer. Der Fels darüber war schwarz von Ruß. Offensichtlich wurde die Stelle nicht das erstemal als natürlicher Hafen benutzt. Der Stein zu seinen Füßen hatte einen schleimigen, leicht klebrigen Überzug.
    Seshar hatte mittlerweile zusammen mit seinem Pferd das Floß betreten und wartete nun voll sichtlicher Ungeduld, daß sie ihm folgten. Er winkte und sagte irgend etwas, aber seine Worte gingen im Toben und Brüllen des Flusses unter.

Die Strömung trug sie in phantastischer Geschwindigkeit nach Westen. Skar wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war, seit sie die Haltetaue gelöst und sich dem Fluß anvertraut hatten, aber es mußten Stunden sein. Die beiden Fackeln, die sie mitgenommen hatten, waren schon nach kurzem erloschen, und das gewaltige Dröhnen und Brausen des Flusses
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