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Entsetzliches Gleichmaß

Entsetzliches Gleichmaß

Titel: Entsetzliches Gleichmaß
Autoren: Olivia Woods
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war sie erst kürzlich Opfer eines wilden Angriffs gewesen, bei dem ihr Herz irreparabel geschädigt worden war. Das Organ, das nun in ihrer Brust schlug, war ein biosynthetischer Ersatz, den sie aller Voraussicht nach für den Rest ihres Lebens brauchen würde.
    Bei dem Angriff war Ro Laren das Genick gebrochen worden. Genau wie Kira sollte auch Ro sich eigentlich erholen, hatte sich aber in eine Art Ermittlungswahn gesteigert. Technisch gesehen war sie zwar nicht im Dienst und nahm keinerlei Besuch entgegen, aber die Computeraktivitäten, die die Logbücher rund um die Uhr in ihrem Quartier verzeichneten, deuteten darauf hin, dass sie es keineswegs ruhig anging. Vaughn war im Laufe seines langen Lebens schon vielen sturen Personen begegnet, aber Kira und Ro spielten in einer ganz eigenen Liga.
    Er konnte es ihnen nicht verdenken. Trotz der beinahe tödlichen Verletzungen war es Taran’atars Verrat, der die beiden am meisten schmerzte. Der Verrat, aufgrund dessen Vaughn ihn mit der Besatzung der
Defiant
bis tief ins romulanische Protektorat und zu einer Welt verfolgt hatte, auf der Taran’atar sich mit Prynn als Geisel seiner neuen Herrin anschließen wollte. Vaughn widerstand dem Drang, seinen inzwischen geheilten Arm zu betasten. Er schmerzte noch immer, seit er sich bei der Konfrontation mit dem Jem’Hadar-Soldaten den Knochen gebrochen hatte.
    Die Türen der Offiziersmesse schlossen sich hinter dem Führungsstab, dennoch sagte Kira sekundenlang nichts. Als sie endlich den Mund aufmachte, sah sie Vaughn nicht an. »Verraten Sie mir, was zum Donnerwetter da draußen los war?«
    Vaughn stutzte. »Captain?«
    »Mit Taran’atar. Mit der
Defiant
. Mit Prynn.« Sie drehte sich zu ihm um und stand langsam auf. »Ich habe Ihren Bericht gelesen. Außerdem den von Ezri, den von Sam und den Ihrer Tochter. Und ich frage mich eins: In Anbetracht all der fragwürdigen Entscheidungen, die Sie getroffen haben, während ich ausgeschaltet war … Wie kommt es, Commander, dass Sie noch immer am Leben sind?«
    Ein Dutzend Antworten lagen ihm auf der Zunge. Er konnte ihr sagen, er verdanke sein Überleben seiner klugen Taktik. Er konnte behaupten, seine große Lebenserfahrung habe ihm den entscheidenden Vorteil verschafft, oder dass Taran’atar gegen das angekämpft hatte, was ihm angetan worden war. Jede dieser Antworten wäre die Wahrheit, doch keine einzige ehrlich gewesen. Und Kira ging es um Ehrlichkeit. Nichts anderes brauchte sie. Nichts anderes verdiente sie.
    »Ich hatte Glück«, antwortete er.
    »Verdammt richtig«, sagte Kira. »Sie haben sich, Ihre Besatzung und die
Defiant
in Gefahr gebracht und die gesamte Mission aufs Spiel gesetzt.«
    »Nichts für ungut, Captain, aber obwohl mir Taran’atar entkommen ist, habe ich Ensign Tenmei gerettet, wichtige Daten geborgen, eine Enklave von Kriminellen vernichtet und bin ohne einen einzigen Verlust zur Station zurückgekehrt.«
    »Und das rechtfertigt Ihre Taten? Sie haben Taran’atar auf eigene Faust gejagt! Erst, weil er Ihre Tochter entführt hatte, dann weil Sie glaubten, er hätte sie getötet. Kam Ihnen nie die Idee, die Sternenflotte zu kontaktieren, die Situation zu schildern und Unterstützung anzufordern? Ihr Verhalten war im besten Falle fragwürdig und im schlimmsten …«
    »Ich hatte das Kommando«, entgegnete Vaughn fest. »Ich tat, was ich für die richtigen und nötigen Schritte hielt, um die Krise zu überstehen. Falls Sie mit meiner Arbeitsweise unzufrieden sind …«
    »Sie haben Ihre persönlichen Gefühle Ihre Arbeit beeinflussen lassen, Commander!«
    Er hielt ihren Blick. »Haben Sie das noch nie getan, Captain?«, fragte er leise.
    Kiras Augen verengten sich. Ihre Lippen bebten. Dann wandte sie Vaughn den Rücken zu. »Verschwinden Sie.«
    »Captain …«
    »Sie sind bis auf Weiteres Ihrer Pflichten enthoben, Commander. Weggetreten.«
    Vaughn blinzelte. Mit seinen hundertzwei Lebensjahren kam es ihm oft vor, als könne ihn nichts mehr überraschen, doch diese Wendung traf ihn völlig unvorbereitet. Er wollte mit Kira reden, doch der Captain tat, als habe er ihr Vertrauen missbraucht.
    Habe ich das?
, fragte sich Vaughn.
War ich zu involviert, um die richtigen Entscheidungen zu treffen?
Er hatte das Flottenkommando erst spät unterrichtet, ja, aber das schien ihm vernünftig. Immerhin hatten sie damals noch viel zu wenig Informationen besessen, als dass er es riskieren wollte, die Situation zu verschlimmern, indem er Männern und Frauen den Kampf
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