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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green
Autoren: DEBORAH HALE
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vor der verhängnisvollen Reise nach Gretna. Eine ähnliche Mischung aus Mitleid und Verlangen würde seine Vernunft überwältigen, und er würde sein Einverständnis geben zu dem, worum sie ihn bat, ohne davon überzeugt zu sein.
    Sosehr sie sich nach seinem Halt sehnte, sie durfte sich nicht gehen lassen.
    Auf schwachen Beinen, mit zittrigen Knien, erreichte sie das Bett. „Wenn du immer noch gehen willst, ich halte dich nicht länger auf.“
    Sie setzte sich auf den Bettrand und zog die Decke um sich. Aber weder die Decke noch das Feuer im Kamin würden sie vor der Kälte schützen – dieser schrecklichen Kälte –, wenn Hawthorn sie verließe.
    Es war dunkel geworden, nur die Glut im Kamin spendete ein wenig Licht, und Felicity konnte sehen, wie er sich nach seinen Stiefeln bückte.
    Als er sich wieder aufrichtete und zur Tür ging, biss sie sich auf die Lippen, um seinen Namen nicht zu rufen.
    Vielleicht hörte etwas in ihm ihr stummes Flehen, denn er drehte sich um, lehnte sich gegen die Tür und glitt langsam zu Boden.
    „Gut. Ich hör dir zu.“ Seine Worte klangen wie ein müdes Seufzen. „Ich nehme dich beim Wort wegen des Kindes. Vergiss das nicht.“
    Nun, da er ihr endlich die Möglichkeit einräumte, alles zu erklären, fand sie nur mühsam einen Anfang.
    „Bei all deinen Zweifeln an mir, musst du mir eines glauben: Ich habe dich nicht zum Liebhaber genommen, um ein Kind von dir zu bekommen. Als ich dir an jenem Abend, an dem St. Just uns einander vorstellte, versicherte, dass ich niemals Kinder bekommen könne, war ich fest davon überzeugt, die Wahrheit zu sprechen. Nur deshalb bot ich dir eine Liebschaft an, weil ich mir sicher war, ebenso ungebunden und frei zu sein wie ein Mann.“
    „Ich entsinne mich.“
    Genau wie Felicity. Wenn sie die Zeit zurückdrehen könnte zu jenem Abend im Ballsaal des Kurhauses in Bath, würde sie Hawthorn Greenwood noch einmal zum Liebhaber nehmen? Hätte sie sich damals für ihn entschieden, mit dem Wissen, das sie heute hatte? Oder hätte sie sich damit zufriedengegeben, mit ihm einen Walzer zu tanzen, sich von ihm verabschiedet und sich alles, was hinterher geschehen war, erspart?
    Die Antwort, die aus den Tiefen ihres Herzens aufstieg, überraschte und ängstigte sie. Hatte sie sich während dieser ereignisreichen, verrückten Reise nach Gretna so sehr verändert?
    „Als ich erkannte, dass ich guter Hoffnung bin, war ich ebenso verblüfft wie du vor ein paar Minuten. Ich habe mich wohl hundertmal gefragt, wie dies möglich sei, bis ich die Wahrheit erahnte – die Frauen, mit denen mein verstorbener Ehemann mich betrog, hatten ihn ihrerseits hintergangen.“
    Ein unverständlich geknurrter Fluch von der Tür her verriet ihr, dass auch Hawthorn von dieser Möglichkeit überrascht war.
    „Ich verstehe selbst nicht, wieso mir dieser Verdacht nie gekommen war, da keines von Percys angeblich gezeugten Kindern Ähnlichkeit mit ihm hatte – außer in seiner Fantasie.“
    „Arme Lady Lyte“, murmelte er und schnalzte leise mit der Zunge. „All die Jahre als kinderlose Ehefrau, und dann wird dein Leben als lustige Witwe auch noch durch eine unerwünschte Niederkunft verdorben.“
    Eine hitzige Entgegnung lag ihr auf der Zunge, doch Felicity sah ein, dass seine Bitterkeit nur das Maß seiner tiefen Verletzung spiegelte.
    „So habe ich nie gedacht. Ich war außer mir vor Glück und unendlich dankbar für dieses Gottesgeschenk. Ich glaube, von diesem Moment an begann ich mich in dich zu verlieben.“
    „Pah!“ Sein Hohn schmerzte sie, aber sie hatte nichts anderes verdient. „Eine höchst merkwürdige Art, Dankbarkeit und Zuneigung zu zeigen, muss ich sagen. Wenn ich an deine reizenden Zeilen denke, beispielsweise, mit denen du mir den Laufpass gegeben hast. Oder an deine Drohung, mich aus dem Haus werfen zu lassen, als ich meine Schwester bei dir suchte.“
    „Ich weiß, ich habe dich abscheulich behandelt. Das war unverzeihlich von mir. Aber was hätte ich tun sollen, Hawthorn? Wie hättest du reagiert, wenn ich dir damals schon von dem Kind erzählt hätte?“
    „Ich hätte dir einen Heiratsantrag gemacht, was sonst?“
    „Ja, was sonst.“ Es war ein schwacher Trost zu wissen, dass sie wenigstens in diesem Punkt recht behielt. „Und du hättest dich die ganze Zeit gefragt, ob ich dich wegen meiner Kinderlosigkeit belogen habe, um dich an mich zu binden.“
    „Niemals!“
    „Niemals?“ Ihre herausfordernde Frage war nur ein Flüstern.
    Nach einer
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