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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green
Autoren: DEBORAH HALE
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bleiben, um mich von dir wieder in dein Gespinst aus Lügen verstricken zu lassen.“ Er näherte sich der Tür. „Wenn du dich weigerst, mir meine Stiefel zu geben, reite ich eben in Strümpfen.“
    Aber wie sollte er sie dazu bewegen, die Tür freizugeben, ohne sie zu berühren? Und wie sollte er aufhören, sie zu berühren, wenn er einmal damit begonnen hatte?
    Der Zorn, der wie eine Feuersbrunst in ihm tobte, hatte nicht vermocht, sein teuflisches Verlangen nach dieser Frau einzuäschern. Im Gegenteil, Zorn und Begehren feuerten einander an – zwei Seiten einer Medaille, untrennbar miteinander verbunden. Wäre er nur nie in die Nähe dieser Frau geraten!
    So zerrissen er in seinem Innern war, fühlte er sich von einer bisher unbekannten machtvollen Energie erfüllt. Er wäre vermutlich zu allem fähig in diesem Zorn, getrieben von maßloser Leidenschaft. Bebend wie ein wütender Stier stand Hawthorn vor ihr.
    Felicity ließ sich nicht einschüchtern und blieb stocksteif an der Tür stehen. „Sosehr du mich auch hassen magst, weiß ich, dass du mir nicht wehtun wirst.“
    Wie gut sie jede seiner Schwächen kannte, und wie geschickt sie damit spielte!
    „Geh mir aus dem Weg, oder ich garantiere für nichts!“
    Sie ließ sich nicht beirren. „Als ich dir sagte, ich könne keine Kinder bekommen, war ich fest davon überzeugt.“
    Warum aber duldete sie diesen unerträglichen Norbury-Flegel in ihrem Haus, wenn sie Grund zur Annahme hätte, der Kerl sei nicht der leibliche Sohn ihres Ehemanns?
    Die mahnende kleine Stimme in Hawthorns Kopf entfachte seinen Zorn nur noch mehr, denn sie bewies, welch leichtes Ziel er für die Lügen dieser bösen Zauberin war.
    Ohne weiter nachzudenken, packte er sie an den Oberarmen, hob sie hoch und stellte sie neben der Tür wieder auf die Füße. Wenn er jetzt nicht fähig wäre, sein verräterisches Verlangen noch ein paar Minuten zu bezähmen, würde er ihrer verführerischen Macht erliegen … für immer!
    Er musste stark sein, nur dann konnte er sich glücklich schätzen, ihren Krallen zu entrinnen, ohne seine angeschlagene Selbstachtung völlig einzubüßen.
    Sie war im Begriff, ihn zu verlieren!
    Wenn sie ihn jetzt gehen ließe, würde sie Hawthorn Greenwood nie wiedersehen. Zutiefst verletzt durch ihren Betrug würde er seine Liebe zu ihr für immer begraben unter einem Berg von Argwohn, Hass und Groll.
    Das hast du dir doch immer gewünscht?, zischte eine hämische Stimme in ihr. Sollte er nicht für immer aus deinem Leben und dem deines Kindes verschwinden?
    „Nein!“ Sie ließ die Stiefel fallen und klammerte sich verzweifelt an den Ärmeln seines Frackes fest, sobald er sie auf die Füße gestellt hatte.
    Wenn sie noch einen Funken ihrer Selbstachtung bewah ren wollte, durfte sie sich nicht so weit erniedrigen, ihn anzuflehen wie eine Bettlerin. Aber sie durfte auch nicht zulassen, dass ihr Kind seinen Vater verlor. Es wäre besser …
    Plötzlich wusste Felicity, was sie zu tun hatte.
    Einmal, nur ein einziges Mal, musste sie selbstlos handeln. Auch wenn sie sich selbst dadurch ins Unglück stürzte.
    „Würdest du dein Kind einer Frau wie ich es bin anvertrauen?“ Die Frage verbrannte ihr die Kehle.
    „Wie?“ Hawthorn erstarrte.
    Mit aller Willenskraft zwang sie sich, klar und ruhig zu sprechen. Wenn sie sich jetzt von ihren Gefühlen überwältigen ließe, würde sie ihn vertreiben, wahrscheinlich für immer.
    „Anscheinend habe ich größeres Vertrauen in deine Urteilsfähigkeit, als du es hast. Ich bitte dich um das Wohl unseres Kindes, mich anzuhören. Wenn du mir diese Bitte erfüllst, verspreche ich, dir das Kind nach der Niederkunft zu übergeben, damit es in deiner Obhut aufwachsen kann.“
    „Ist das wieder eine durchtriebene List von dir …?“ Er riss sich von ihr los, machte aber keine Anstalten zu gehen.
    Felicity schüttelte bedächtig den Kopf. „Das würde ich nie sagen, wenn ich es nicht aus tiefstem Herzen meinte.“
    Das Schweigen zwischen ihnen zog sich unerträglich in die Länge.
    Endlich fand Hawthorn seine Stimme wieder. „Warum?“
    „Warum ich bereit bin, dir mein Kind zu geben?“ Ein Zittern durchlief ihre zarte Gestalt. „Weil ich heute bewiesen habe, dass ich keine gute Tante bin. Wie könnte ich eine gute Mutter sein? Du aber beweist seit Jahren, dass du Mutter und Vater zugleich sein kannst.“
    Wenn sie noch länger stehen bliebe, würde sie in Ohnmacht sinken. Hawthorn würde sie vermutlich auffangen, wie in jener Nacht
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