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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green
Autoren: DEBORAH HALE
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herumschwirrte. Tausend Stimmen schienen gleichzeitig auf ihn einzuschreien.
    Den wirrsten Gedanken sprach er aus. „Ein Kind?“
    „Ja.“
    „Mein Kind?“
    „Natürlich dein Kind!“
    Ihm wurden die Knie weich. Zum Glück war er dem Bett nahe genug, um sich auf die Matratze fallen zu lassen.
    Sein Kind. Wie war das möglich?
    Die Nachricht traf ihn wie ein Faustschlag ins Gesicht. Was war er nur für ein Narr gewesen? Wie konnte er sich so hinters Licht führen lassen?
    Und du hast dich gefragt, wieso sie ausgerechnet dich zum Liebhaber genommen hat?, höhnte eine schrille Stimme in seinem Kopf. Da hast du deine Antwort, du Vollidiot!
    Halb betäubt bückte er sich nach seinen Stiefeln.
    Felicity riss sie ihm aus der Hand, so wie sie ihm die Kerze aus der Hand gerissen hatte in jener Nacht, als er auf der Suche nach Ivy in ihr Haus gestürmt war.
    „Ich lasse dich nicht fort, bevor du mir die Chance gegeben hast, dir alles zu erklären, Thorn.“
    „Erklären? Was denn?“ Er presste die Worte mit einem hohlen Lachen hervor. „Ich lege keinen Wert auf eine weitere Kostprobe deiner Lügengespinste. Zeit genug hattest du ja, dir alles zurechtzulegen.“
    Alles, was ihm an Felicitys Verhalten in der vergangenen Woche rätselhaft erschienen war, ergab plötzlich Sinn, fügte sich grausam zu einer schmählichen Erkenntnis.
    „Ich wollte es dir sagen.“ Im schwindenden Tageslicht sah sie aus wie ein Unschuldsengel.
    Hawthorn verschloss sein leichtgläubiges Herz.
    „Tatsächlich? Wann denn? Am fünften Geburtstag des Kindes? Noch später? An meinem Sterbebett?“ Er hob abwehrend die Hand. „Hör auf, mich zu belügen, verdammt noch mal! Und gib mir meine Stiefel!“
    Sie stellte sich vor die Tür und barg die Stiefel hinter ihrem Rücken. „Anfangs wollte ich es dir gar nicht sagen.“
    „Aha. Das klingt wenigstens aufrichtig.“ Da sie ihm die Stiefel nicht aushändigen wollte, griff er nach seinem Frack und schlüpfte wütend in die Ärmel. „Nach diesem Wust von Lügen ist es beinahe ein Wunder, dass du fähig bist, einmal die Wahrheit zu sagen.“
    Er hasste den schneidenden Hohn in seiner Stimme, war aber unfähig, seine Empörung zu zähmen. Wenn er das Gift nicht ausspuckte, das in ihm brodelte, würde es ihn zerfressen.„Vielleicht denkst du sogar, ich sollte mich geschmeichelt fühlen, dass du mich als Deckhengst missbraucht hast.“
    Felicity blieb der Mund offen stehen.
    Es gab ihm eine hämische Genugtuung, sie mit derben Worten zu schockieren.
    „Glaubst du das wirklich?“, fragte sie bestürzt.
    „Was soll ich denn sonst glauben?“ Ein winziger Anflug von Zweifel regte sich in ihm, den er schleunigst von sich schob. „Du hast versichert, dass du keine Kinder bekommen kannst, was offenbar gelogen war. Du hast zugegeben, dass du mir deinen Zustand verheimlichen wolltest. Und ich habe nur dein Wort, dass du es mir eines Tages sagen wolltest. Aber auf dein Wort gebe ich nichts mehr.“
    Der Gedanke, dass er sich einst geschmeichelt gefühlt hatte, dass eine Frau wie sie etwas für ihn empfand, verursachte ihm Übelkeit. Sie hatte ihn nur benutzt. Nachdem er sich als Reisebegleiter aufgedrängt hatte, war er ihr zur unbequemen Last geworden, und sie hatte ihn mit hohlen Schmeicheleien und falschen Versprechungen hingehalten, bis sie ihm endgültig den Laufpass geben konnte.
    Felicity zuckte unter seinen Vorwürfen zusammen, aber sie blieb in der Tür stehen.
    „Ich weiß,ich habe dir keinen Grund gegeben, meinen Worten zu glauben, Hawthorn, aber ich flehe dich an, mich trotzdem anzuhören. Heute sehe ich ein, dass ich vieles falsch gemacht habe, aber damals wusste ich keinen anderen Ausweg. Wenn du mich anhörst, wirst du mir glauben.“
    „Verdammt noch mal!“ Hastig fuhr er sich mit den Fingern durchs Haar. „Ich habe ja auch alle übrigen honigsüßen Lügen geschluckt, die du mir aufgetischt hast, stimmt’s? Ich war ein Narr, Lady Lyte – ein einfältiger Trottel, der sich von dir an der Nase herumführen ließ … oder an einem anderen Körperteil.“
    Sein Vater musste sich ähnlich gefühlt haben, als er seine Familie an den Rand des Ruins gebracht hatte, weil er schändlichen Lügnern geglaubt hatte.
    Die Erkenntnis, dass er – wie sein Vater – seine Vernunft von seinem Herzen hatte regieren lassen, erschreckte Hawthorn bis ins Innerste. Was war nur aus ihm geworden? Was hatte er aus sich machen lassen – von Lady Lyte? Er war ein Schwächling.
    „Ich weigere mich zu
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