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Entscheidung aus Liebe

Titel: Entscheidung aus Liebe
Autoren: Jacqueline Navin
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Nun gab es nur noch Pflichten für ihn, die nicht nur das Herzogtum, sondern vor allem seine kleinen Nichten betrafen. Und nun war er auch noch mit dieser unmöglichen Person gestraft, dieser Miss Chloe Pesserat.
    Miss Pesserat stand auf und blieb einen Augenblick stehen, um ihren Schuh anzuziehen. Während sie auf einem Fuß balancierte, bewegte sie sich wie eine der Ballerinen, die Jareth auf den Bühnen von Paris gesehen hatte. Miss Chloe, wie die Mädchen ihre neue Gouvernante nannten, besaß eine ungewöhnliche Anmut und Grazie.
    Lachend begann sie Rebeccah über das Gras zu jagen und gab vor, der zurückgekehrte und auf Rache sinnende Drache zu sein. Das kleine Mädchen spielte den Prinzen und bekämpfte das böse Ungeheuer mit einem imaginären Schwert. Sarah rannte lächelnd weg, als ihre Schwester sie vor der vermeintlichen Gefahr warnte. Trotzdem schwieg sie, wie immer.
    Jareth beobachtete Rebeccah, die in diesem Moment wie ein normales, glückliches Kind wirkte. Sie schien den Verlust ihrer Eltern ohne bleibenden Schaden überwunden zu haben. Dennoch wurde das kleine Mädchen beinahe jede Nacht von schrecklichen Albträumen geplagt. In den Stunden vor der Morgendämmerung schrie und schluchzte sie oft so laut, dass das ganze Haus davon wach wurde. Miss Chloe war die Einzige, der es gelang, Rebeccah zu beruhigen.
    Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder der jungen Frau zu, die mit ihren beiden Schützlingen herumtollte und die Röcke beinahe bis zu den Knien hochgezogen hatte.
    „Es ist ein Skandal, nicht wahr?" fragte plötzlich jemand hinter ihm.
    Jareth nickte. Er musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, wem die kultivierte Frauenstimme gehörte. Miss Chloe ließ sich mit Rebeccah auf den Boden fallen. Während die beiden lachend auf dem Gras herumrollten, traten sie Erdklumpen los. Bald waren ihre Röcke übersät mit dunklen Flecken.
    „Ungeheuerlich", sagte Jareths Mutter, die Dowager Duchess. Sie trug diesen Titel seit dem Tod ihres Mannes, des Dukes of Strathmere. Danach hatten zuerst der ältere Sohn Charles und anschließend Jareth diesen Titel geerbt.
    „Könnten wir sie nicht entlassen?" fragte Jareth. Wirklich, diese Frau benahm sich lächerlich.
    „Der Arzt sagte, das sei absolut unmöglich. Der Gesundheitszustand beider Mädchen ist viel zu zerbrechlich. Er ist der Meinung, dass sie ihre ganze Zuneigung auf ihre Miss Chloe übertragen haben. Sie könnten es nicht verkraften, sie zu verlieren, so kurz nach dem Tod ihrer ..." Die Dowager Duchess zögerte nur einen Augenblick, aber für ihren Sohn war es so erstaunlich, als sei sie in Tränen ausgebrochen. Während dieser ganzen schrecklichen Tragödie hatte sie niemals auch nur das geringste Gefühl gezeigt, nicht einmal ihre Stimme hatte gezittert.
    Er blieb ruhig stehen, ohne sich anmerken zu lassen, dass er ihr Zögern bemerkt hatte. Seine Mutter erachtete es als höchst unangemessen für einen Mann seiner Stellung, über solche Dinge zu sprechen. Als sie schließlich fortfuhr, klang ihre Stimme völlig gefasst. „Nach dem Tod ihrer Eltern könnten sie den Verlust eines weiteren geliebten Menschen nicht ertragen."
    „Hat jemand mit Miss Pesserat über ihr schlechtes Benehmen gesprochen?"
    „Das habe ich, sogar bei mehreren Gelegenheiten." Die Duchess seufzte. „Sie weigert sich, meine Anweisungen zu befolgen. Stell dir vor, diese Frau wagt es sogar, mir offen zu widersprechen! Ihrer Meinung nach brauchen die Kinder nichts als Freude in ihrem Leben. Sie behauptet, die gesellschaftlichen Gepflogenheiten müssten warten, bis die Mädchen ihren Schmerz überwunden haben."
    Jareth seufzte leise.
    „Wie ich sehe, teilst du meine Ansicht, Strathmere." Es war seltsam, wie mühelos seine Mutter ihn mit diesem Namen ansprach. Noch vor kurzem hatte ihr älterer Sohn diesen Titel getragen. Doch sein Bruder war tot, und Jareth wurde nicht mehr bei seinem Vornamen genannt. Er war nun Strathmere, sogar für seine eigene Mutter, die ihn vor einunddreißig Jahren geboren hatte. Sein ganzes Leben hatte sich verändert, unwiderruflich.
    „Ich hoffte, du könntest ein ernstes Wort mit dieser Frau sprechen", sagte seine Mutter.
    „Natürlich", murmelte er halbherzig. Im Garten setzte Miss Pesserat Rebeccah auf ihren Rücken und sprang mit ihr umher, als sei sie ein wildes Rennpferd.
    „Was für ein würdeloses Verhalten", sagte Jareths Mutter verächtlich.
    In diesem Moment blieb die junge Gouvernante unvermittelt stehen und sah zum offenen Fenster
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