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Entrissen

Entrissen

Titel: Entrissen
Autoren: Tania Carver
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wiederfand, war etwas ganz anderes. Ein Alptraum.
    Die Gestalt erblickte sie und lächelte.
    Claire sah die Klinge im Licht der Flurlampe aufblitzen. Blut tropfte von ihr auf den Holzfußboden. Sie versuchte wegzulaufen, aber ihre Beine versagten ihr den Dienst. Sie wollte schreien, aber sie konnte es nicht. Das Handy entglitt ihren Fingern. Sie stand einfach nur da, unfähig, sich zu rühren.
    Mit einem Satz war die Gestalt bei ihr.
    Ein Faustschlag, und alles wurde schwarz.
    ii Claire öffnete die Augen und versuchte sich aufzusetzen. Vergeblich. Sie konnte sich nicht bewegen. Arme, Hände, Rücken - alles war wie gelähmt. Die Augen fielen ihr wieder zu. Selbst ihre Lider fühlten sich schwer an. So schrecklich schwer ... Es gelang ihr, sie auseinanderzuzwingen, aber sie offen zu halten kostete enorme Anstrengung.
    Unfähig, den Kopf nach rechts oder links zu drehen, konnte sie nur nach oben starren. Sie erkannte die Decke ihres Schlafzimmers. Das Licht der Deckenlampe blendete sie. Claire blinzelte, aber sobald ihre Lider einmal zugefallen waren, wollten sie sich einfach nicht wieder öffnen. Sie wusste instinktiv, dass das nicht gut war, also riss sie die Augen mühsam wieder auf, trotz des gleißenden Lichts.
    Sie versuchte zu begreifen, was los war. An der Wand bewegte sich ein Schatten, riesig und drohend wie ein Ungeheuer aus einem alten Horrorfilm. Da die Person sich außerhalb ihres Blickfelds befand, konnte sie nicht sehen, womit sie beschäftigt war.
    Plötzlich fiel Claire wieder ein, was geschehen war. Die Gestalt im Flur, der Angriff. Und Julie.
Julie ...
    Sie öffnete den Mund, versuchte zu schreien. Kein Laut kam heraus. Eine Welle der Panik überrollte sie. Sie schien gelähmt zu sein. Man musste ihr Drogen verabreicht haben. Sie spürte, wie ihre Lider sich unaufhaltsam wieder senkten. Zwang sie erneut auf. Es war ein Kampf, der schwerste ihres Lebens, aber sie durfte nicht zulassen, dass sie sich schlossen. Sie wusste, wenn das passierte, dann war sie tot.
    Wieder versuchte sie, ihre Lippen zu bewegen, einen Laut von sich zu geben, um Hilfe zu rufen. Doch wie sehr sie sich auch bemühte - ihr ganzer Kopf schien von ihren gellenden Schreien widerzuhallen -, alles, was über ihre Lippen kam, war ein Winseln wie von einem Welpen.
    Sie sah, wie der Schatten sich auf sie zubewegte.
    Nein, nicht... lass mich, bleib weg von mir, fass mich nicht an, fass mich nicht an ...
    Es nützte nichts. Davon tat ihr nur der Kopf weh und ihre Ohren dröhnten.
    Wieder spürte Claire, wie es ihre Augenlider nach unten zog. Verzweifelt kämpfte sie, um sie offen zu halten. Es wurde mit jedem Mal schwieriger. Genau wie das Atmen. Mit jedem vergifteten Atemzug, den sie nahm, ließen ihre Lungen mehr nach. Panik und Furcht trugen dazu bei, dass ihr wild pochendes Herz die lähmende Droge schneller durch ihren Körper pumpte. Sie wusste, dass ihr nicht mehr viel Zeit blieb.
    Jemand muss mir helfen ... bitte ... die Tür aufbrechen, Hilfe...
    Die schattenhafte Gestalt tauchte über ihr auf und verdeckte das Licht der Lampe. Zu Claires Angst und Panik kam zusätzlich noch Verwirrung. Wer war das? Warum tat er ihr das an?
    Dann sah sie das Messer. Und begriff.
    Nein. Nicht mein Baby ... bitte, nicht mein Baby ...
    Die Gestalt beugte sich über sie. Ein Lichtreflex blitzte über die rasiermesserscharfe Klinge.
    Nein ... Hilfe, lieber Gott, so hilf mir doch jemand ...
    Setzte den ersten Schnitt.
    Claire spürte nichts. Sah bloß den grotesk verzerrten Schatten des Eindringlings an der Decke und wie sein Arm sich hin und her bewegte.
    Bitte nicht... bitte, so hilf mir doch jemand, Hilfe, nein ...
    Schließlich richtete sich die Gestalt auf. Sie lächelte und hielt etwas Rotes, Blutiges in den Händen.
    Nein ...
    Ein weiteres Lächeln, und das rote, blutige Etwas verschwand aus Claires Gesichtsfeld. Sie konnte nicht schreien, sich nicht rühren. Sie konnte nicht einmal weinen.
    Der Schatten bewegte sich in Richtung Tür, dann war er verschwunden. Claire war allein. Sie schrie und kreischte lautlos. Sie versuchte, die Arme zu heben, die Beine zu bewegen -vergeblich. Die Anstrengung war zu groß. Selbst das Luftholen wurde allmählich zur Qual.
    Sie spürte, wie ihre Atemzüge flacher wurden. Ihre Lider sich erneut senkten. Sie hörte, wie das Blut langsamer durch ihre Adern gepumpt wurde, immer langsamer ...
    Ein letztes Mal versuchte Claire, dagegen anzukämpfen, aber es war sinnlos. Ihr Körper gab auf. Und sie hatte nicht die
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