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Entrissen

Entrissen

Titel: Entrissen
Autoren: Tania Carver
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festzustellen, dass er sich im Keller des Hauses befand, das früher einmal darüber gestanden hatte. Die Wände bestätigten seine Annahme: nackter Ziegel mit hölzernem Gebälk und ein Boden aus festgestampfter Erde. Er leuchtete in jede Ecke. Keine Spur von Marina.
    Dafür entdeckte er eine in die Wand eingelassene Tür. Sie war aus massivem Holz gefertigt, alt und schwer. Er drückte die Klinke herunter. Abgeschlossen. Er rüttelte daran. Das massive Türblatt bewegte sich keinen Zentimeter.
    »Mist...«
    Ratlos blickte er sich um. Da fiel ihm etwas ins Auge: An einer Wand befand sich eine Nische - dort war vermutlich früher der Kaminabzug gewesen. Ziegel stapelten sich an einer Seite der Öffnung, und es sah aus, als sei dahinter ein Tunnel gegraben worden.
    Phil leuchtete mit der Taschenlampe hinein. Tatsächlich. Da dies der einzige Weg war, der aus dem Raum hinausführte, würde ihm nichts anderes übrigbleiben, als sich in den engen Tunnel zu quetschen. Phil hasste enge Räume. Er fuhr nicht einmal Fahrstuhl, wenn er es vermeiden konnte.
    Trotzdem ließ er sich auf Hände und Knie nieder, die Taschenlampe zwischen den Zähnen. Noch einmal kam ihm der Gedanke, umzukehren und seinem Team Bescheid zu sagen. Sollten doch die anderen durch den Tunnel kriechen. Er versuchte vergeblich, bis ans Ende zu sehen, und lauschte auf Geräusche.
    Da hörte er einen Schrei.
    »Marina!«
    Die Entscheidung war gefallen. Phil kroch los, so schnell er konnte.
     
    In der totalen Finsternis konnte Marina ihren Angreifer nicht sehen, spürte aber, dass er direkt vor ihr stand. Sie glaubte nicht, dass die plötzliche Dunkelheit ihn daran hindern würde, sie sich zu greifen. Ihr weh zu tun. Sie benutzte die Wand hinter sich, um sich abzustützen, und kam auf die Füße. Das Adrenalin in ihrem Körper übernahm die Führung. Entweder sie handelte, oder sie ergab sich. Und das kam nicht in Frage. Nicht kampflos.
    »Verdammter Generator«, knurrte der Mann. »Scheißverdammte Stromausfälle ...«
    Jetzt oder nie. Sie nahm den Schraubenzieher mit beiden Händen und stach zu, so fest sie konnte.
    Und traf etwas. Sie stach wieder zu, noch fester.
    Der Mann heulte auf. Ob vor Wut oder Schmerz, konnte sie nicht sagen.
    Sie legte ihr ganzes Gewicht in den nächsten Hieb, rammte den Schraubenzieher so weit hinein, wie sie konnte. Dann, als es nicht mehr weiter ging, ließ sie den Griff los.
    »Miststück ...«
    Marina schloss die Augen und versuchte fieberhaft, sich den Grundriss des Kellerlabyrinths ins Gedächtnis zu rufen. Links stand der halbfertige Käfig, also wandte sie sich nach rechts und kroch geduckt, so schnell sie konnte, weg von ihm.
    »Na warte, du verdammtes Miststück ...«
    Sie konnte hören, wie er hinter ihr her durch die Dunkelheit stolperte.
    Ihr Herz fühlte sich an, als müsse es jeden Augenblick zerspringen, während sie sich in Panik an der Wand entlangtastete. Ihre Finger fanden eine Ecke. Sie tastete weiter. Da war eine Art Nische in der Wand, ein Hohlraum. Vielleicht ein alter Kamin? Egal. Der Platz war groß genug, um sich hineinquetschen zu können. Hoffentlich würde er sie hier nicht finden.
    Sie zwängte sich ein Stück hinein, doch mit ihrem Babybauch kam sie nicht weiter. Ihr Baby. Hoffentlich ging es ihm gut. Aber wenn nicht, könnte sie ohnehin nichts tun. Als Allererstes musste sie ihr eigenes Leben retten.
    Sie kauerte sich so klein zusammen, wie sie konnte, und hielt den Atem an.
    Betete zu einem Gott, an den sie schon lange nicht mehr glaubte, dass der Mann sie nicht finden möge. Betete um ihr Überleben.
     

85
     
    Phil kroch durch den Tunnel.
    Er stieß sich mit den Ellbogen ab und arbeitete sich, so schnell es ging, voran. Die Lampe war schwer zwischen den Zähnen, und langsam begann sein Kiefer zu krampfen. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als sie fallen zu lassen und sich einen Augenblick lang auszuruhen, aber er wusste, dass das unmöglich war. Der Tunnel war so eng, dass er die Lampe nicht wieder würde aufheben und in den Mund stecken können.
    Also kroch er entschlossen weiter, immer weiter. Umkehren konnte er ohnehin nicht. Es gab gerade genug Platz, um immer weiter geradeaus zu kriechen. Überall um ihn herum nichts als Stein und Erde. Hölzerne Balken stützten die Decke ab. Allzu stabil sah die Konstruktion nicht aus. Wenn er aus Unachtsamkeit gegen einen der Stützpfeiler stieß, würde ihm vermutlich die Decke auf den Kopf fallen.
    Er spürte ein Schwindelgefühl, das mit der
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