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Entfuhrt

Entfuhrt

Titel: Entfuhrt
Autoren: Koppel Hans
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Schülerjahrbuch zu sich heran und betrachtete das Klassenfoto erneut. Auf dem Bild waren sie noch so klein. Doch trotzdem wollte er sie zur Rechenschaft ziehen, und zwar jeden Einzelnen, für alles, was sie ihm angetan hatten. In Jörgens Augen gab es keine Verjährung. Obwohl es etlichen noch viel schlechter ergangen war.
    Calle stellte zwei gefüllte Biergläser auf den Tisch und setzte sich wieder.
    »Das lässt dir keine Ruhe. Warum?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Hast du nichts Wichtigeres zu tun?«
    Jörgen zuckte mit den Achseln.
    »Das ist es nicht, es ist eher …«
    »Was?«
    »Ich weiß nicht. Ich wüsste nur einfach gerne, was aus allen geworden ist.«
    »Weil du es am weitesten gebracht hast?«, meinte Calle.
    »Das ist es nicht.«
    Jörgen klang beleidigt. Calle sah ihn skeptisch an.
    »Vielleicht«, räumte Jörgen schließlich ein. »Ist das so abwegig? Schau mich an.«

    Er klopfte mit dem Zeigefinger auf das Schülerjahrbuch.
    »Mich gibt es dort nicht.«
    Calle betrachtete seinen Freund lange und eingehend. Er lächelte nicht.
    »Was?«, sagte Jörgen.
    »Ich finde das beklemmend.«
    »Was?«
    »Was du vorhast«, meinte Calle. »Schau lieber mich an. Unverheiratet, kinderlos, Journalist für die Regenbogenpresse. Ich schreibe freundliche Interviews mit abgehalfterten Fernsehstars und abgedrehten Leuten aus der Provinz, schreibe mitreißende Erzählungen über Frauen, Siebenundzwanzigjährige, die mitten im Leben stehen, die dann von Zweiundsiebzigjährigen gelesen werden. Ich habe keinen Ehrgeiz und keine Perspektive. Der einzige Luxus in meinem Leben ist Eis in der Frühlingssonne, ein Bier in der Kneipe und gelegentlich ein spontaner Kinobesuch unter der Woche, wenn ich in Laune bin.«
    »Dann kannst du also nicht klagen«, meinte Jörgen.

9. KAPITEL
    Breaking in violence
     
    Fast alle Frauen, die zur Prostitution gezwungen werden, bezeugen, dass sie von ihrem Zuhälter einleitend misshandelt und vergewaltigt wurden. Damit wird ein deutliches Machtverhältnis etabliert. Der Täter untergräbt so effektiv den anfänglichen Widerstand des Opfers. Jeder, der Gewalt ausgesetzt war oder dem Gewalt angedroht wurde, kennt die weitreichenden psychischen Konsequenzen. Gewalt ist die deutlichste Sprache der Macht.
     
    Die Frau löste die Handschelle, mit der Ylvas linke Hand am Bettgestell festgekettet war. Ylva massierte sich das Handgelenk und zog die Beine an.
    Der Mann und die Frau flankierten das Bett. Ylva wusste nicht, wen sie anschauen sollte.
    »Bitte«, sagte sie. »Wir müssen …«
    Die Frau sah sie interessiert an.
    »Was müssen wir?«
    »Reden«, sagte Ylva und wandte sich flehend um.
    Der Mann hatte die Hand in der Hose. Was tat er?

    Ylva sah die Frau an, die sie anlächelte.
    »Natürlich kann man reden. Du kannst reden, und wir können zuhören. Stimmt, das wäre eine Möglichkeit.«
    Der Mann knetete an sich herum, verschaffte sich eine Erektion.
    »Reich mir deine Hände«, sagte die Frau zu Ylva.
    Der Mann knöpfte die Hose auf und zog sie aus. Dann zog er seine Unterhose aus. Unter dem Hemd zeichnete sich sein erigierter Penis ab.
    »Die Hände«, wiederholte die Frau.
    Ylva sprang aus dem Bett und lief zu der verschlossenen Tür. Der Mann hatte sie rasch eingeholt. Er packte ihren Arm, riss sie herum und schlug ihr erneut mit der flachen Hand ins Gesicht. Dann drehte er ihren Arm hinter den Rücken und trieb sie vor sich her zum Bett.
    Ylva wehrte sich und schrie, aber das schien die Entschlossenheit des Paares nur zu erhöhen. Die Frau zog Ylvas Jeans bis unter die Knie herunter. Der Mann stieß sie vornüber aufs Bett. Dann ging die Frau um das Bett herum und zog Ylvas Kopf an den Haaren hoch.
    »Ich habe nichts gemacht«, flehte Ylva.
    »Nein«, sagte die Frau, »das hast du nicht.«
    In diesem Augenblick spürte Ylva, wie der Mann brutal in sie eindrang.
    Ihr traten vor Schmerzen die Tränen in die Augen, und alles verschwamm. Trotzdem sah sie deutlich, dass die Frau sie anlächelte.

    »Wann kommt Mama?«
    »Ich weiß nicht, meine Kleine. Sie ist vielleicht noch mit ihren Kollegen ausgegangen.«
    »Schon wieder?«
    »Das war nicht sicher.«
    »Sie ist immer unterwegs.«
    »Nein, meine Kleine, das stimmt nicht.«
    »Doch, immer, die ganze Zeit«, sagte Sanna und hopste Richtung Fernseher und Wohnzimmer.
    Sie blieb in der Tür stehen und drehte sich um.
    »Was gibt es zu essen?«
    »Spaghetti mit Hackfleischsoße.«
    »Rote?«
    »Ja, rote.«
    Aus unerklärlichen Gründen mochte
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