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Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Titel: Entfernte Verwandte: Kriminalroman
Autoren: Matti Rönkä
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Teilhaberin. Sie hatte als Firmennamen »Pflegeheim Schwalbe« oder »Pflegefirma Pelkonen–Takala« vorgeschlagen, wollte ihren Nachnamen aus alphabetischen Gründen an den Anfang stellen. Daraufhin hatte Marja gesagt, im Namen müsse ein lateinisches oder wenigstens lateinisch klingendes Wort vorkommen, und Takala-Pelkonen klinge viel dynamischer, Harley-Davidson halte sich ja auch nicht ans Alphabet. Oksanas Einwände waren allmählich immer leiser geworden. Sie widmete sich mit Feuereifer dem neuen Unternehmen, hatte allerdings versprochen, weiterhin halbtags für mich zu arbeiten. Doch ich stellte mich darauf ein, dass die eigene Firma sie bald voll auslasten würde.
    Marja verhandelte bereits mit der Stadt Espoo über eine Wohneinheit mit sechs Plätzen, in der alte Leute, die nichtmehr allein zurechtkamen, rund um die Uhr betreut werden sollten. In der Praxis handelte es sich bei dieser Einheit um ein Reihenhaus, dessen Wohnungen die Firma VK -Bau gerade zu kleinen Einzimmer-Apartments und gemeinsamen Sanitär- und Aufenthaltsräumen umbaute.
    Für die Betreuung von sechs kränkelnden Alten genügte eine Person, kalkulierte Marja. Tagsüber konnte man noch eine zweite Frau beschäftigen, zum Kochen und Putzen, aber auch da plante Marja bereits Einsparungen, wollte den Mahlzeitendienst outsourcen oder zentralisieren, sobald mehrere Einheiten entstanden waren. Für die Gewerbeberechtigung musste eine ausgebildete Krankenschwester beschäftigt werden, die man zum Stundentarif von einer Personalvermietung bekommen konnte. Zum Blutdruckmessen und Händchenhalten brauche sie keine teuren Karbolmäuse einzustellen, meinte Marja.
    Es erschreckte mich ein wenig, wie schnell sie unternehmerische Qualitäten entwickelt hatte. Ich hatte ihr erklärt, neben dem Umsatz sei es auch wichtig, dass die Firma Ausgaben habe. Man dürfe nicht zu viel Gewinn ausweisen, besser sei es, den Überschuss zu investieren oder zu verstecken, indem man auf den Namen der Firma beispielsweise einen Motorschlitten oder eine Ferienwohnung kaufte, selbst wenn sie niemand benutzte. Marja hatte meine fiktiven Exempel gründlich verinnerlicht. Sie hatte ihren Wagen sofort auf die Firma überschrieben und auf den Namen des Pflegedienstes Computer gekauft, und wir waren gerade dabei, den Mietvertrag für mein Büro in Hakaniemi auf die Firma Restum zu übertragen. Meine eigenen Firmen würden restlos in die neue Halle umziehen.
    Ich gab Marja durch ein Zeichen zu verstehen, dass ich nach draußen gehen wolle. Sie hatte das Handy am Ohr, sah mich anund spitzte rasch die Lippen wie zum Kuss. Dann setzte sie ihr Gespräch fort, ließ sich über Qualitätsstandards aus.
    In ihren Mundwinkeln zitterten Nervosität und Anspannung. Einen Augenblick lang wusste ich, wie sie in mittleren Jahren aussehen würde.
     
    Anna schlief im Kinderwagen, über den eine Windel gebreitet war. Sergej radelte auf dem Hof im Kreis und riss jedes Mal das Vorderrad hoch, wenn er sich der Birkenwurzel näherte, die sich aus der Erde wölbte. Ich hatte ihm ein gebrauchtes Mountainbike gekauft, hatte Marja erklärt, ich wolle dem vaterlosen Jungen eine kleine Freude bereiten. Sie hatte genickt, das sei das Mindeste, was ich tun könne.
    Ich ging durch den Garten zum Schuppen am Rand des Grundstücks. Er war vom Feuer verschont geblieben, und ich hatte ihn stehen lassen, als ich das neue Haus baute. Am einen Ende befanden sich zwei abgeschlossene Verschläge, am anderen, offenen Ende bewahrte ich Brennholz auf.
    Ich zog das Schnitzmesser aus der Wand und setzte mich auf den Hackklotz. Im Schuppen lagen Reiser und von der Hecke abgeschnittene Weißdorn-Äste. Ich suchte einen passend gekrümmten Ast heraus und begann zu schnitzen. Nach einer Weile erschien Serjoscha an der Türöffnung und sah mir zu.
    »Ich habe versucht, dir ein Schießeisen zu schnitzen … eine Pistole, aber sie ist nicht ganz gelungen«, sagte ich bescheiden und reichte dem Jungen das Werk meiner Hände.
    »Die ist gut geworden«, lobte Sergej. Er stellte sich in Positur, kniff ein Auge zu und ahmte Schussgeräusche nach.
    »Wirklich otschen charascho ?«, fragte ich.
    Sergej verstummte und ließ den Kopf hängen.
    »Auf Finnisch«, sagte er.
    »Serjoscha …«, setzte ich an.
    »Nicht Serjoscha«, protestierte der Junge.
    »Sergej …«
    »So auch nicht. Die hänseln mich. Ich wäre ein Iwan und ein Räuber und ein Sowjetler«, sagte Sergej ernst. Er verzog den Mund, um nicht loszuheulen.
    »Na, wie könnte
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