Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
Vom Netzwerk:
noch die Zeit vertreibe, während ich auf dich warte.« Pieplow küsste zurück, um ihre Begrüßung zu erwidern und um ihren Duft zu atmen, der ihn wie immer an Pfirsich denken ließ. Vielleicht mit einem Hauch Zitrone.
    »Daniel!« Aus ihrem Kindersitz streckte Leonie ihm die Arme entgegen. Er nahm sie heraus und behielt sie auf dem Arm, während Marie das Rad abstellte.
    »Sieh mal, sind die nicht schön?« Sie hielt einen Rosenstrauß in der Hand, sommerbunt und sorgfältig in feuchtes Papier gewickelt, damit er nicht litt, bevor er bei Fine ankam.
    »Mh«, machte Pieplow und nickte. Noch schöner war die Frau, die den Strauß hielt und sich bei ihm einhakte.
    »Also?« Sie sah ihn auffordernd an.
    »Also was?«
    »Wer war der seriöse Herr, mit dem du dich so angeregt unterhalten hast? Woher kanntest du ihn?«
    »Ach, der.« Pieplow lachte. Der seriöse Herr Matze. »Das ist eine lange Geschichte.«
    »Erzähl!«
    »Jetzt?« Jetzt war schlecht. Sie waren rechts um die Kirche herumgegangen und Leonie hatte sich auf den Wegen zwischen den Hecken selbstständig gemacht.
    Besser, man behielt sie im Auge, wie sie an all den Gräbern der Schlucks und Witts und Thürkes vorbeilief. Ein bunter Schmetterling in einem Labyrinth aus ernstem Dunkelgrün.
    »Hier, Mama?«, rief sie und hüpfte weiter, sobald Marie den Kopf schüttelte. »Hier?«
    Und dann hatte sie gefunden, was sie suchte. Das breite Grab der Gaus, in dem Josefine als Letzte begraben worden war. Unter dem blanken schwarzen Stein mit dem Namen ihres Mannes, der nicht hier lag, sondern irgendwo am Grund der Danziger Bucht. Mit seiner Fregatte versenkt in den letzten Wochen des Krieges.
    Auch für ihn sollten die Rosen sein. Marie stellte sie genau in die Mitte.
    Als sie sich aufrichtete, sah Pieplow die Kette. Glatte goldbraune Perlen im Wechsel mit harzgelben Tropfen. Er streckte die Hand aus und strich mit den Fingerspitzen darüber.
    »Ich habe solche Perlen schon einmal gesehen«, sagte er und dachte an das Kameradisplay des Kriminaltechnikers. Ein Kreis aus Bernsteintropfen und Zapfen im Gras des Swanti. »Du hast sie von Wanda, oder?«
    »Ja, stimmt. Wusstest du das nicht?« Sie ließ die Kette durch ihre Finger gleiten. »Sie gibt mir die Kraft zu einem Neuanfang und schützt mich vor schlecht gelaunten Menschen. Es wäre also besser, du lächelst mich an. Dann lässt es sich leichter über Neuanfänge nachdenken.« Das Lächeln, mit dem sie Pieplow ansah, hatte etwas Spitzbübisches.
    »Du bist nicht die Einzige, die so eine Kette hat«, sagte er ernst und wusste, dass er wieder mal eine Chance verpasste.
    Auch Maries Gesicht wurde ernst.
    »Natürlich nicht. Wanda hat sie für alle gemacht, denen sie helfen wollte. Als Medizin mit kosmischer Kraft, nicht als Tinnef, den man sich einfach nur so um den Hals hängt.«
    Pieplow dachte an Anita Burgwalds arthritische Hände und ihren weichen, faltigen Hals, an dem die Bernsteinkette überhaupt nicht wie Tinnef gewirkt hatte. Eher wie eine tröstende Kostbarkeit.
    Oder wie eine gesegnete Gabe über Nora Schillings üppiger Brust, die Baby Max so schlafraubend oft in Anspruch nahm, dass seine Mutter eine der Wenigen war, die etwas über Wandas letzte Lebensstunden...
    Sie waren fast schon wieder am Friedhofsausgang angekommen, als Pieplow so abrupt stehen blieb, dass Marie ihn erstaunt ansah.
    »Was ist? Hast du was verloren?«
    »Im Gegenteil«, sagte Pieplow. »Ich glaube, ich habe gerade etwas gefunden.«
    »Und was?« Maries Blick suchte den Boden vor Pieplows Füßen nach seinem Fund ab. Geldbörse, Autoschlüssel, sonst etwas, das seinem Besitzer zurückgegeben werden konnte.
    »Das meine ich nicht«, sagte Pieplow und schob sie sanft weiter. »Mir ist etwas aufgefallen. Ein Zusammenhang, den ich die ganze Zeit nicht gesehen und gerade eben erst entdeckt habe.«
    »Bei den Ermittlungen?«
    Pieplow nickte. Sofern man das, was er betrieb, Ermittlungen nennen konnte, wenn ihm erst jetzt auffiel, dass Wanda in ihrem Haus kein Licht gemacht haben konnte, als Nora Schilling ihren Sohn stillte. Denn wenn sie tatsächlich mit den Hühnern zu Bett gegangen und erst vier Stunden später wieder aufgestanden war, musste es nach Mitternacht gewesen sein, als sie im Halbschlaf das Licht gegenüber sah. Funzliges Licht wie von Kerzen. Zu einer Zeit, als Wanda Sieveking kilometerweit weg war.
    Dafür gab es Zeugen.
    Und danach konnte sie nicht mehr zurückgekehrt sein. Definitiv nicht.
    Sturz aus großer Höhe,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher