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Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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bevor beim Klausner das Licht ausging.«
    Mehr hatten sie nicht gesehen. Entweder war außer ihnen niemand da gewesen oder sie hatten ihn in dem ganzen Stress nicht entdeckt.
    »Das war’s«, schloss Enno. »Können wir jetzt gehen?«
    »Könnt ihr. Vorausgesetzt, ihr stimmt meinem Vorschlag zu.«
    Rasen mähen, Laub harken, Müll sammeln. Es gab lange Gesichter und von Wiesel einen ärgerlichen Knuff in Ennos Schulter. Von wegen erledigt, die Sache.
    Keiner war begeistert, aber alle einverstanden.
    »Also abgemacht – morgen um drei beim Klausner .«
    »Ich nicht«, sagte Harri leise. »Ich kann nicht.« Er hielt sich an Jettes Stuhllehne fest und starrte lieber in ihr karottenrotes Haar als die anderen anzugucken.
    »Du musst«, forderte Enno. »Oder glaubst du, weil du nur Schmiere gestanden hast, kannst du dich drücken?«
    »Ich muss arbeiten«, stieß Harri hervor. »Heute und morgen.« Er sah hilfesuchend zu Pieplow hinüber. »Geht’s nicht auch später? Um fünf oder sechs?«
    Punkt sechs, entschied Pieplow und fragte sich, was den Jungen so ängstigte, dass sich Schweiß im hellen Flaum seiner Oberlippe sammelte.

15
    Gestern war der Schuppen verschlossen gewesen.
    Heute standen beide Türflügel sperrangelweit offen. Davor und dazwischen türmte sich Müll. Wild durcheinander wie in rasender Wut aufeinandergeschmissen. Ein Stuhl mit drei Beinen und etwas, das aussah wie ein Handtuchgestell. Ein zerborstener Spiegel, ein niedriger Tisch, Kissen. Und hoch über allem wie die Krone des Müllbergs ein Radio.
    Irgendwo dahinter musste sein Werkzeug stehen, Farbe, Pinsel, Schmirgelpapapier. Alles so lächerlich sorgfältig aufgereiht, wie er es gelernt hatte.
    Harri lehnte sein Rad gegen den Zaun.
    Starrte ratlos auf die Verwüstung und horchte hinüber zum Haus, ohne den Kopf zu wenden.
    Alles still.
    Was nichts heißen musste.
    Wenn sie so war wie gestern, konnte sie jeden Moment wie eine Furie aus der Tür und auf ihn zu stürmen. Sich an ihm vergreifen wie an ihrem Mobiliar. Ihm das Stuhlbein über den Schädel ziehen, das unter einem Kissen hervorragte. Oder ihm die Arme auskugeln bei dem Versuch, ihn irgendwohin zu schleifen.
    Ich hätte es sagen müssen, dachte Harri. Ich hätte sagen müssen, sie ist verrückt. Da gehe ich nicht mehr hin. Nie im Leben!
    Aber er hatte geschwiegen. Nur »ganz gut« gemurmelt, als die Mutter wissen wollte, wie er vorankam. Er war wieder hierhergekommen, wie gezogen von seiner eigenen Angst.
    Er suchte mit den Augen die Umgebung ab und stellte fest, dass er allein war und dass noch immer kein Laut aus dem Haus drang.
    Er kletterte über den Zaun, was verboten, aber sicherer war als der Weg durch den Garten. Am Gerümpel vorbei tastete er sich über Splitter und Scherben in den Schuppen vor. Der Außenbordmotor musste ins Rutschen gekommen sein. Er hatte die Gartenstühle mitgerissen und eines der Pflanzgefäße zertrümmert. Über dem Rasenmähergriff hing ein Läufer mit Persermuster. Was auf der Werkbank gestanden hatte, lag auf dem Boden über und zwischen prallen Plastiktüten voller Kleidung.
    Harri schubste sie mit dem Fuß zur Seite. Hier neben der Werkbank hatte er abgestellt, was er brauchte. Das würde er jetzt hervorholen und notfalls hinten am Zaun im Buschwerk verwahren. Oder mit nach Hause nehmen und es morgen wieder mitbringen. Denn diesen Schuppen würde er nicht mehr betreten. Auf keinen Fall.
    Die Fußbank hatte sich unter dem Bootsmotor verkeilt. Sie war das Einzige, was noch fehlte, dann war seine Ausrüstung komplett. Mit aller Kraft zog er an der Schemelseite und hatte es fast geschafft, als eine alte Heckenschere sich selbstständig machte, über Bootsmotor und Rasenmäher nach unten glitt und sich um ein Haar in Harris Knie gebohrt hätte. Er wich gerade noch rechtzeitig aus, so dass die rostigen Scherenspitzen an ihm vorbei in eine der Plastiktüten trafen, sie aufschlitzten und den Inhalt hervorquellen ließen.
    Harri hielt den Atem an.
    Er wusste, was er sah, und wollte es nicht wahrhaben. Zupfte an der Jacke. Zog sie ganz heraus. Gummierter Stoff, dunkelblau, mit brüchigen reflektorgelben Streifen. Wie an den Einsatzjacken amerikanischer Feuerwehrleute. Vaters Jacke.
    Warum war sie hier? Warum in eine Plastiktüte gestopft wie Abfall?
    Wenn das Herz pumpt wie verrückt und Blut durch den Körper jagt, bis er sich fieberheiß anfühlt, wenn in den Ohren Orkanbrausen tobt und die Augen wie durch Nebel starren, ist es schwer, einen klaren
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