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Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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Gartentor auf Wanda Sievekings Haus zuging. Sah sich sogar um wie jemand, der bei dem, was er tat, nicht beobachtet werden wollte. Wie ein ungebetener Gast, dem die Hausherrin niemals erlauben würde, so weit in ihr Leben vorzudringen, wie sie es jetzt vorhatten. Es nutzte nichts, dass zwischen den Vorhängen des Erdgeschossfensters zwei schlappohrige Porzellanhunde die Besucher freundlich willkommen zu heißen schienen. Es nutzte auch nichts, dass die Haustür leicht und einladend aufschwang, als würden sie erwartet. Pieplows Unbehagen blieb.
    Durch das Laub der Bäume fiel Mittagslicht mit grünlichem Schimmer auf das Schachbrettmuster der Fliesen und die weiß gekalkten Wände der Diele. Kühl war es hier und dämmrig und in der Luft hing ein Hauch von frischem Kiefernholz.
    »Geräumiger, als ich dachte«, murmelte Schöbel, während er zwei Schritte in den Raum neben dem Eingang trat.
    Eine Liege sahen sie. Niedrige Bücherregale rechts und links des Kopfendes. An der Wand gegenüber eine helle Kommode. Am Fenster ein Tisch, zwei Korbsessel. Bezüge und Gardinen aus grau-blau gestreiftem Stoff.
    »Sieht aus, als könnte sie hier ihre …« Patienten? Kunden? Schöbel suchte nach dem passenden Wort, »… ihre Besucher behandelt haben.«
    Weder Kästner noch Pieplow hatten Schöbels Fragen nach Wandas Heilungsmethoden beantworten können.
    »Irgendwas mit Handauflegen und Besprechen«, hatte Kästner mehr geraten als gewusst. Er hatte immer nur mit halbem Ohr zugehört, wenn es um Wandas Künste ging, denen er sich um nichts in der Welt ausgeliefert hätte.
    Marie würde mehr über Wanda wissen, ging es Pieplow durch den Kopf. In all den Stunden am Bett der alten Fine war nicht nur über Krankheit und Sterben gesprochen worden. Ganz sicher nicht. Hin und wieder hatte er sogar leises Lachen durch die Zimmertür gehört, obwohl Josefine Gau es sich nicht leicht gemacht hatte. Ein langes Leben hindurch zupacken und dann loslassen müssen fiel schwer. Dass es ganz am Ende doch gut war, hatte sie Wanda Sieveking zu verdanken. Behauptete zumindest Marie.
    Die Stufen knarzten, als Schöbel die steile Treppe hinauf ins Dachgeschoss nahm, um sich auch dort nur flüchtig umzusehen, bevor er rückwärts wieder hinabstieg.
    Nach einem kurzen Blick in das winzige Bad widmete er seine Aufmerksamkeit der Küche mit dem alten Spülstein und den soliden Einbauten, an denen nur der taubenblaue Anstrich neu war. Zwei Stühle, ein blank gescheuerter Holztisch mit einem Strauß aus Wiesenblumen und Gräsern, ganz frisch, als sei er gerade erst dorthin gestellt worden. Schöbel öffnete keinen Schrank, zog keine Schublade auf. Hielt nur für einen Moment inne und ließ die ruhige Ordnung auf sich wirken, in der Wanda Sieveking gelebt hatte.
    Alles an seinem Platz. Kein schmutziges Geschirr. Kein Hinweis auf einen hastigen Aufbruch.
    Auch im Schlafzimmer nicht, in dem ein Windspiel aus Federn und kleinen Bernsteinen über dem Bett in leises Schweben geriet, als Schöbel der angelehnten Tür einen Schubs gab, um sie ganz zu öffnen. Sie gab den Blick frei auf einen sonnigen Raum. Fast quadratisch und nur sparsam möbliert. Ein Wandbrett mit Haken für den Bademantel und eine Wolljacke. Auf der Kommode schweres elfenbeinfarbenes Waschgeschirr, darüber das Bild zweier Engel.
    Im Wohnzimmer ging durch eine breite dreiflügelige Glastür der Blick auf Hochland und Wald, dem alles im Raum zugewandt schien. Das helle Sofa mit dem niedrigen Tischchen, auch Sessel und Hocker weiter hinten im Raum neben dem Bücherregal.
    Schöbel bewegte sich langsam weiter und nahm konzentriert in Augenschein, womit Wanda Sieveking sich umgeben hatte. Bücher, Bilder. Muscheln, Steine. Etwas abseits, im schattenlosen Licht des einzigen Nordfensters, stand der Schreibtisch, massiv und schwer wie kein anderes Möbel im Haus. Auf der Schreibplatte ein Tongefäß mit Stiften und eine kleine Galerie gerahmter Fotografien. Bernsteine in allen Formen und Farben. Die schönsten klar und glänzend wie flüssiger Honig. In einer Schale daneben die Utensilien, um daraus Schmuck zu machen – Schleifpapier, Fadenrollen, Ösen, winzige Karabiner.
    »Nirgendwo etwas, das nach Kalender aussieht. Entweder sie hatte ein phänomenales Gedächtnis oder sie war ein glücklicher Mensch ohne Termine«, sagte Schöbel und beugte sich vor, um die Fotos zu betrachten.
    »Ist sie das?« Er reichte Pieplow eines der Bilder.
    So wie Wanda darauf aussah, musste es etliche Jahre alt
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