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Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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Ferienhaus zurück. Auch der Mann, der uns angerufen hat, müsste in seiner Ferienwohnung sein. Beide wissen, dass sie im Laufe des Tages noch einmal befragt werden sollen.«
    Schöbel erhob sich und zog sein Jackett vom Besucherstuhl. Es war immer noch feucht vom Gewitterregen und ganz knittrig dort, wo er sich angelehnt hatte. »Dann wollen wir mal. Zuerst in Wanda Sievekings Wohnung, danach mit den Zeugen sprechen. Sie, Pieplow, begleiten mich. Böhm, du fährst zurück nach Bergen und prüfst, was es an Informationen über alle Beteiligten gibt. Finde heraus, ob Angehörige benachrichtigt werden müssen. Und Sie«, Schöbel wandte sich an Kästner. »Sie nehmen die Nachhut in Empfang und weisen sie ein. Nicht, dass die sich noch im Hochland verfransen.«
    Kästner trug es mit Gleichmut, dass er zum zweiten Mal an diesem Tag zu Fuß hinunter zum Hafen musste. Immerhin würde es von dort mit den Fahrzeugen der Bergener weitergehen.

    Nur wer die Straße am Seedeich so gut kannte wie Pieplow, bemerkte noch Zeichen des Unwetters. Zu niedrigen Wällen aufgeschwemmtes Bruchholz, Zweige, kleine Äste. Nass glänzender, schwarzer Morast in den Furchen der Feldzufahrten. Als hätte gerade eine gigantische Hochzeit stattgefunden, waren überall auf dem Asphalt Wildrosenblätter verstreut, deren süßlicher Duft sich in der reglosen Luft zwischen den Hecken am Waldrand hielt. Und der Himmel über der Insel leuchtete wieder so makellos blau, dass die Erinnerung an das finstere Toben des Morgengewitters etwas Unwirkliches hatte. Genau wie die Bilder, die in Pieplows Kopf aufblitzten. Von klaffenden Wunden, ausgewaschen, hell wie gekochter Fisch. Von schlaffen, seltsam eckig gewinkelten Armen. Von einem Gesicht, so entstellt, dass der Gedanke daran Übelkeit aufwogen ließ.
    Pieplow holte ein paar Mal tief Luft. Er war froh, dass trotz des Strandwetters in Kloster reger Betrieb herrschte. Die Passagiere des Mittagsschiffs schwärmten über die Insel. Essen kaufen, Kutsche fahren. Nachmittags zurück nach Stralsund oder Rügen. Wie Eintagsfliegen schwirrten sie über die Insel. Die Hiddenseer und ihre Urlauber waren froh, wenn abends wieder Ruhe einkehrte.
    Jetzt allerdings boten sie mit ihrem Urlaubergleichmut willkommene Ablenkung. Ältere Herrschaften, so schwerhörig oder dickköpfig oder beides, dass sie das Auto hinter sich nicht beachteten. Kinder, die, Streifenwagen hin oder her, plötzlich über die Straße flitzten. Ein Frauenpulk in hitzigem Disput mitten auf der Fahrbahn. Autofrei, gifteten die Blicke, die Pieplow einfing, heißt ja wohl Vortritt für Fußgänger.
    In den Seitenstraßen wurde es ruhiger. Pieplow bog links ab, dann rechts, und schließlich rumpelte der Wagen über ein ausgefahrenes Stück Sandweg.
    »Hier ist es.« Pieplow wies auf ein taubenblaues Maschendrahttor. Etwas schief, aber sorgfältig lackiert hing es zwischen den Pfosten eines Zauns, an dem Malven in allen Farben blühten. Etwas erhöht über der blühenden Pracht des Gartens stand das Haus. Rosenüberwuchertes weißes Mauerwerk unter einem dicken Strohdachpolster.
    »Ziemlich abgelegen. Erst recht für eine Frau.« Schöbels Stimme klang kratzig. Er hatte kaum gesprochen während der Fahrt. Sein Blick suchte die Umgebung ab. Große Grundstücke, dichte, niedrige Hecken von anthrazitgrauen reetgedeckten Dächern und mächtigen Birken überragt. Zur Seeseite unter landwärts geneigten Kiefern dichtes Gestrüpp, in das sich ein Pfad hineinschlängelte.
    Schöbel wies auf die sandige Spur. »Wo führt der hin?«
    »Zum Wald und weiter zum Hochufer.«
    »Wie weit?«
    »Zum Hochufer? Zwei-, höchstens dreihundert Meter«, schätzte Pieplow.
    »Wären wir zu Fuß nicht schneller gewesen als übers Wasser?« Schöbel folgte dem Pfad mit den Augen über das kurze Stück durch die Grasfläche in den Wald hinein, hinter dem er anscheinend den Fundort vermutete.
    »Nein«, sagte Pieplow. Mit einer ausholenden Armbewegung nach Norden versuchte er die Entfernung deutlich zu machen. »Hinter dem Wald streckt sich das Hochland noch kilometerlang hin, bis es in die Steilküste übergeht, und dort ist der Swanti. Eine gute Stunde hätten wir sicher gebraucht.«
    »Was bedeutet, Wanda Sieveking muss mindestens genauso lange unterwegs gewesen sein«, folgerte Schöbel.
    Eher länger, dachte Pieplow. Sie konnte sich schließlich alle Zeit der Welt lassen. Ohne jeden vernünftigen Grund hatte er ein unbehagliches Gefühl, als er hinter Schöbel durch das
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