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Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation
Autoren: Walter Jon Williams
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Ich hab’s bewiesen.« Er sah Maria an und grinste kläglich. »Du bist diejenige, die es mit den Menschen aufnehmen und uns den Rücken von unserer eigenen Spezies freihalten muß. Ich glaube, ich habe bewiesen, daß ich das nicht so gut drauf habe.«
    »Du bist …« Schmerz brannte in Marias Hals. »Du bist eigentlich ganz okay, weißt du. Du brauchst kein Alien zu werden, nur weil du …«
    Ubu schüttelte den Kopf. »Ein Alien werden? Das hab ich nicht vor.« Er stieß ein kurzes, schrilles Lachen aus. »Es ist beinahe trivial. Ich werde etwas Besseres werden. Auch etwas Besseres als ein Mensch. Ich werde …« Er lachte erneut. »Ich werde alles sein, Maria. Die Geliebte ist bereits ein Teil von mir, und sie ist das Lebendigste, was ich je gesehen habe. Wenn ich lange genug lebe, werde ich die Geliebte, die Menschheit, jede Art der Wahrnehmung und jedes Potential in mich aufnehmen. Und ich werde dabei immer ich selbst bleiben, Maria. Ich werde bloß auch alles andere sein.«
    Sie sah ihn an. Tränen brannten in ihren Augen. Sie beugte sich über Maxim und drückte ihre Wange an sein Fell, spürte seine tröstliche Wärme an ihrer Haut. »Hör auf damit«, sagte sie. »Ich will bloß nach Hause kommen.«
    Ubu schwieg eine Weile. Er setzte sich zu ihr, streckte die Hand aus und legte sie auf ihre Schulter. »Tut mir leid«, sagte er. »Ich hab’s nicht gemerkt.« Er holte Luft. »Ich hab’s schon wieder getan, was?«
    »Nein.« Maria hätte am liebsten geschrien.
    »Ich war einfach zu lange draußen. Ich muß den Druck loswerden.« Er drückte ihre Schulter. »Ist irgendwer auf der Station, den wir kennen? Vielleicht können wir uns mit ein paar Freunden treffen.«
    Ubu war derjenige, den ich treffen wollte, dachte Maria. »Ich weiß nicht, wer hier ist«, sagte sie. »Ich war die ganze Zeit in meinem Hotel und hab gearbeitet.«
    »Wir können’s ja rausfinden.«
    Sie seufzte. »Ja.«
    »Wir müssen uns ändern, Maria.« Ubus Stimme war freundlich. »Paps hat uns immer nur gezeigt, wie man versagt. Wenn wir uns nicht ändern, gehen wir drauf.«
    Maxim bewegte sich unruhig in Marias Schoß. Ihre Tränen benetzten sein Fell. »Ich will niemand mehr benutzen«, sagte sie.
    Ubu antwortete nicht. Sie wußte, daß er mit den Gedanken woanders war.

    Die Randzone war kürzer als früher. Sie verlor an Ausdehnung, weil ihre kollektive Wirtschaftskraft nachließ. Es schien, als ob mehr Menschen auf engerem Raum zusammen-gedrängt wären. Ubu und die schöne Maria zogen von einer Bar zur anderen, hörten Musik und tranken mit ein paar Leuten, die sie kannten. Ubu war zurückhaltend, nahm kleine Spritzer Sharps aus seinem Ballon und lauschte dem Krach, den die Band der Sanchez-Familie machte. Maria war überrascht – nach einer langen Reihe von Schüssen war Ubu für gewöhnlich viel entschiedener darauf aus, seinen Spaß zu haben.
    Der Sanchez-Clan beendete seinen Set. Es schien der richtige Moment zu sein, den Laden zu verlassen. Maria folgte Ubu auf eine schummrige Metallstraße hinaus, die von Speisedüften und den Gerüchen von Menschen erfüllt war. Musik dröhnte aus offenen Türen und tat Maria in den Ohren weh. Sie stellte sich vor, daß sich alles auf unheimliche Weise verändert hätte: Die Musik, die schwankend dem Rhythmus der Geliebten und Ubus Akkordstrukturen folgte, die Shooter und Syster und Touristen, die allesamt Angehörige der Spezies der Geliebten waren, Allgemein-Willensfreie eines neuen Modells, die zu fremdartigen Rhythmen marschierten …
    Maria erschauerte.
    Ubu blieb stehen, die unteren Hände in den Taschen. Am aufsteigenden Hang vor ihnen war Helligkeit, der polierte weiße Bodenbelag, der von den immer weiter vordringenden Hilinern ausgelegt worden war. Der spitzbäuchige Lachende Gott lockte draußen vor seinem Kasino. Ubu sah Maria an.
    »Wollen wir rein?« fragte er.
    »Letztesmal haben sie uns die Scheiße aus den Knochen geprügelt.«
    Er lachte. »Sollen sie jetzt mal versuchen.«
    Sie überquerten die unsichtbare Linie zu den hauchdünnen Einlagen aus weißem Marmor. »Wir müssen jetzt in dieser Welt leben«, sagte Ubu. »Wir müssen es lernen. Uns in ihr bewegen. Und sie dann in Besitz nehmen.« Er sah sie an. »So seh ich’s jedenfalls.«
    »Und die Randzone?«
    Ubu schaute auf seine nackten Füße, als sie über den kühlen, gemaserten Stein gingen. Der holographische Lachende Gott gluckste und wedelte mit den Armen, als sie steuerbords an ihm vorbeigingen. »Wir können der
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