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Engelstanz: Dunkle Verlockung Teil 3 (German Edition)

Engelstanz: Dunkle Verlockung Teil 3 (German Edition)

Titel: Engelstanz: Dunkle Verlockung Teil 3 (German Edition)
Autoren: Nalini Singh
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ihren Angreifer. Als er vom Tisch zurücktrat, musste sie sich auf die Lippe beißen, sonst hätte sie ihn angefleht, bei ihr zu bleiben.
    Es erschütterte sie, wie heftig dieser Drang war. Schon bevor sie die Hundertjahresgrenze erreicht hatte, mit der bei Engeln das Erwachsenenalter begann, war sie jahrzehntelang auf sich allein gestellt gewesen. Es war höchst ungewöhnlich für einen Engel, als Heranwachsender auf eigenen Beinen stehen zu wollen, aber die allgegenwärtigen Schuldgefühle ihrer Mutter hatten Jessamy wie ein Leichentuch zu ersticken gedroht. Keir hatte an ihrer Stelle mit Caliane gesprochen, in deren Abschnitt der Zufluchtsstätte sie zur Welt gekommen war. Er hatte den Erzengel davon überzeugt, dass Jessamy erwachsen genug war, um sich selbst überlassen zu werden.
    Mit den Jahren hatte sie sich mit dem Alleinsein angefreundet, es gehörte ebenso zu ihr wie ihr verdrehter Flügel und die braunen Augen. Aber heute wünschte sie sich nichts sehnlicher, als im Arm gehalten und von diesem großen Fremden beschützt zu werden, der im Augenblick mit grimmiger Effizienz die Taschen ihres Angreifers durchforstete. Sie hätte von ihrem Tisch herunterspringen sollen, wo er sie mit dem Befehl »Bleib hier« abgesetzt hatte, als wäre sie ein Haustier oder ein Sack Kartoffeln. Aber wenn sie ehrlich war, wusste sie wirklich nicht recht, ob ihre Beine sie tragen würden.
    »Was hast du gefunden?«, fragte sie, als er etwas aus der Tasche des Vampirs zog.
    Er erhob sich, kam zu ihr herüber und reichte ihr ein Stück Papier. Als sie es auseinanderfaltete, begann ihr Herz zu flattern. »Ein Ort und eine Zeit. Mein Haus, um diese Tageszeit: Bevor ich zum Arbeiten in die Bibliothek gehe, komme ich oft nach Hause, um etwas zu essen.« Vormittags unterrichtete sie normalerweise, aber manchmal verlegte sie die Stunden auch auf den Nachmittag, insbesondere dann, wenn die Tage dunkel und kalt wurden und die Kinder überhaupt nicht wach werden wollten.
    »Also«, sagte Galen, seine Schultermuskeln spannten sich, als er die Hand neben ihrer Hüfte auf dem Tisch abstützte, und sie spürte seine natürliche Körperwärme – fremd, aber nicht unerwünscht, »entweder kannte jemand deinen Tagesablauf, oder er hat dich lange genug beobachtet, um ihn in Erfahrung zu bringen.«
    Ihr Blick blieb an der Leiche des Vampirs hängen. »Was für eine Verschwendung.«
    »Er hat seine Wahl getroffen.« Mit diesen mitleidslosen Worten löste Galen seinen Blick von der Leiche und sah zu der Wand, auf der die roten Spritzer langsam schwarz wurden und erstarrten. »Ich werde hier saubermachen, aber zuerst muss ich Dmitri benachrichtigen. Wir fliegen zu ihm.«
    »Nein.« Sie stieß seine Schultern von sich, als er sie auf den Arm nehmen wollte.
    Galen blickte so finster, dass das blasse Grün seiner Augen aussah wie die See bei Sturm. »Ich werde dich schon nicht fallen lassen.«
    »Das ist es nicht.« Ihre Abneigung dagegen, mit anderen Engeln zu fliegen, war aus einer schmerzhaften Erkenntnis entstanden, die sie vor Kurzem gewonnen hatte: dass jede kleine Kostprobe vom Himmel nur die Qual des Verlusts verschlimmerte. Nicht einmal ihre besten Freunde hätten so lange mit ihr fliegen können, wie es nötig gewesen wäre, um ihre Sehnsucht zu stillen. »Ich fliege mit niemandem.«
    »Ich werde dich nicht allein hier zurücklassen.« Er sprach mit tiefer Stimme – eine Wand aus eisernen Muskeln.
    »Ich komme schon zurecht.« Sie vermied es, die blutigen Überreste der Leiche anzusehen, und musste gegen die Galle ankämpfen, die in ihrer Kehle brannte. »Ich warte im Hof vor dem Haus auf dich.«
    Galen schnaubte, legte die Hände um ihre Taille und hob sie hoch, bis ihre Zehen über dem Boden schwebten. Sie ergriff seine Schultern, spürte die brennende Hitze seines Körpers unter ihren Händen. Mit atemloser Stimme fragte sie: »Was machst du da?«
    Statt einer Antwort trug er sie aus der Küche – wofür sie im Stillen dankbar war – und brachte sie auf den gepflasterten Vorplatz mit den bunten, vor Blüten überquellenden Töpfen. Dort stellte er sie endlich wieder auf den Boden und funkelte sie an: »Warte.«
    »Bleib hier. Warte«, maulte sie seinem breiten Rücken hinterher, als er ins Haus ging. Sie gab sich alle Mühe, beleidigt zu sein – aber in Wirklichkeit hatte er mehr getan, als sie nur vor unvorstellbaren Schmerzen zu bewahren. Er hatte ihr ein so sicheres Gefühl vermittelt, dass ihr die Tränen gekommen waren … und er
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