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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied
Autoren: Nalini Singh
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mit allem, was er über die Fähigkeiten wusste, die andere aus dem Kader während der Kaskade hinzugewonnen hatten. Jede der neuen Fähigkeiten hatte etwas mit den Eigenschaften oder Neigungen des jeweiligen Kadermitglieds zu tun.
    »Ihr könnt nur einem Krieger dienen.« Auch das war keine Frage, denn Raphael spürte tief in seinem Innern, dass er mit seiner Vermutung richtiglag. Er war seine ganze Existenz über Krieger gewesen, in der einen oder anderen Verkleidung. Ein Krieger damals als Grünschnabel in Titus’ Armee, ein Krieger im gerade beendeten Krieg, in dem er Seite an Seite mit den eigenen Truppen in die Schlacht gezogen war.
    Handschwinge dachte nach. »Ja,« antwortete er schließlich in einem flachen Tonfall, der keine Gefühle erkennen ließ. »Ein Krieger, der auf die Kraft eingestimmt ist, aus der wir gemacht sind. Auf die Kraft der Erde, des Lebens. Aber der Krieger muss ein
Aeclari
sein.« Sein Blick glitt kurz zu Elena hinüber, ein erster Hinweis darauf, was dieser Begriff bedeuten mochte. »Und es muss die richtige Zeit sein.«
    Die Kaskade nimmt ihren Lauf und Neha ruft Eis und Feuer,
meldete sich Elena in Raphaels Bewusstsein.
Titus bewegt die Erde, Astaad das Meer, und die gruselige Lijuan bringt die Toten zurück ins Leben. Und mein wunderschöner Erzengel? Reicht es dem, mit Blitzen zu schleudern oder so? Nein, das reicht ihm nicht. Der muss mit der Energie des Planeten spielen und eine Armee Butzemänner vom Grunde des Meeres herbeirufen! Natürlich, was denn sonst.
    Als er ihren Kommentar hörte, fragte sich Raphael unwillkürlich, wie er je ohne den Witz und das Lachen seiner Jägerin durchs Leben hatte gehen können. Bei dem bloßen Gedanken an eine solch kalte, von allen abgeschnittene Existenz kam nichts als tiefe Ablehnung in ihm hoch. Er konnte sich ein solches Leben nicht mehr vorstellen. Er lehnte sich leicht an Elenas Flügel. »Haben auch andere im Laufe der Zeiten die Fähigkeit gewonnen, euch zu rufen?«, wollte er wissen.
    Wieder folgte erst einmal eine lange Pause, in der Handschwinge die Seiten seiner Erinnerung umzublättern schien. »Es hat Krieger gegeben, die sich auf die Kraft der Erde und des Lebens eingestimmt hatten und dadurch an Stärke gewannen, aber sie berührten jeweils nur das Äußere dessen, was wir in uns tragen. Es war für uns noch nicht die Zeit, zu erwachen.«
    »Erzähl mir eure Geschichte«, bat Raphael. Urplötzlich war seine Haut ganz kalt geworden, denn die Antwort auf seine Frage war Teil des allgemeinen Gedächtnisses der Seinen, lag ganz tief im einfachsten, ursprünglichsten Teil seines Bewusstseins vergraben.
    »Die Legion entstand in dem Krieg, der unsere Zivilisation zerstörte. Wir wurden während der Kaskade des Terrors geformt und waren an den ersten
Aeclari
gebunden. Unser Sinn und Zweck ist es, gegen den Tod zu kämpfen, der durch die Welt zieht.«
    »Gegen die Wiedergeborenen?«, flüsterte Elena. »Ihr seid ein Gegenmittel gegen ihr Gift.«
    »Der Tod nahm damals eine andere Gestalt an, war aber nicht weniger heimtückisch oder bösartig ansteckend. Als wir den Sieg errangen, waren die Engel fast vernichtet und unsere Heimat hohl und leer. Auch die Legion stand kurz vor dem Exitus, denn wir sind aus der Erde, aus dem Leben geschaffen. Unsere Leute waren mit dem tödlichen Gift infiziert, das von einem Erzengel des Wahnsinns erschaffen worden war, und so beschlossen wir, uns für eine unendlich lange Zeit in den Schlaf zurückzuziehen – in der Hoffnung, das Gift würde mit der Zeit von uns weichen.
    Als meine Leute erwachten, fanden sie ein neues Volk vor, geboren aus der Asche des alten. Das Gift hatte sich unablässig mit dem Blut der Überlebenden verbunden.« Seine Augen verweilten auf Elena. »Wahnsinn und Tod regierten, bis die Verzweiflung eines einzigen Individuums die Engel begreifen ließ, dass die zerbrechlichen neuen Leute ihre Rettung waren, ein Geschenk ihrer geheilten Welt.«
    Raphael!
Unverhüllter Schock im Gesicht seiner Gemahlin.
Ich glaube, er spricht von der Geburt der Menschheit.
    Und der Vampire.
Diese Erkenntnis war ungeheuerlich, zu mächtig, um sie auf einmal zu verarbeiten. »Wann?«, wollte Raphael wissen, weil er sich an die Kälte erinnerte, die er wie Eis in seinen Knochen gespürt hatte. »Wann ist die Zeit?«
    »Kaskaden kommen und gehen und gehen uns nichts an, denn sie sind Teil des Kreislaufs der Welt. Wir beobachten und lauschen in unserem Schlaf, wachen aber nur auf, wenn dieser Kreislauf
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